Süddeutsche Zeitung

Ausstellung im Krämmel-Forum:Malerei und Bildhauerei im Dialog

Leonard Lorenz' Skulpturen kommen vor dem Hintergrund seiner abstrakten Gemälde zur vollen Entfaltung. Das Krämmel-Forum verwandelt sich in eine Galerie.

Von Anja Brandstäter, Wolfratshausen

Feingliedrig, schlank und beinahe zart wirkt die Skulptur "Realität". Tatsächlich aber ist sie aus tonnenschwerer Bronze und stolze 1,50 Meter groß. Sie scheint eine Antenne zu höheren Sphären zu haben. Fest geerdet ist sie durch einen dreistufigen Sockel. Ihre Wirkung entfaltet sie auch durch das Gemälde dahinter. Auf riesiger Leinwand schimmert dieser Hintergrund blau-grün und bringt damit die bronzene Farbe der Skulptur zur Geltung. Skulptur und Gemälde stammen von dem Bildhauer und Maler Leonard Lorenz.

Lorenz hat in der ganzen Welt ausgestellt, um so erfreulicher ist es, seine Werke im Krämmel-Forum in Wolfratshausen erleben zu können. Gastgeber der Ausstellungseröffnung am Donnerstagabend ist Reinhold Krämmel, Vorstand der neu gegründeten Krämmel-Stiftung. "Ich war so begeistert von den Werken von Leonard Lorenz beim Besuch seines Ateliers", sagt er in seiner Begrüßung der etwa fünfzig kulturbegeisterten Gäste. Es sollte eine Win-win-Situation ergeben: Zum einen wollte die Stiftung einen Hochkaräter zeigen, zum anderen sich selbst einer Öffentlichkeit vorstellen. "Die Stiftung muss noch laufen lernen", erklärt Krämmel.

"Wenn Wirtschaft und Kunst zusammenkommen, kann viel daraus entstehen", sagt Lorenz. Der gebürtige Österreicher lebt und arbeitet seit 1983 in Hohenschäftlarn. "Kunst kann keine Lösungen bieten, aber Impulse geben. Nach außen hin haben wir einen Quantensprung gemacht, innerlich aber nicht", befürchtet er und bezieht sich auf die Digitalisierung. "Ich verstehe Herrn Krämmel als einen Brückenbauer, und es mag kein Zufall sein, dass die Figur ,Überbrückung' entstanden ist", sagt Lorenz. Diese Bronzeplastik scheint mit einem riesigen Schritt über etwas zu steigen, etwas zu überwinden. Das Werk hat eine Höhe von 1,76 Meter und ist vor einem ochsenblutfarbenen Gemälde platziert. Auch hier verstärkt die Leinwand die Wirkung der Skulptur und umgekehrt.

Nicht zu übersehen ist "Die Namenlose" aus reinem Zirbenholz, entstanden im Jahr 2018. Die Plastik misst 1,40 Meter und steht vor einem knallgrünen Gemälde, genau gegenüber der Eingangstür zum Krämmel-Forum. "Ich hatte eine Zeichnung für ,Die Namenlose' angefertigt, doch dann habe ich alles über Bord geworfen. Ich spüre einen inneren Dirigenten, der mir mitteilt, was zu tun ist", sagt Lorenz. Alle drei Großplastiken sind jeweils von zwei Gemälden flankiert, die auf diese Weise ein Spannungsfeld erzeugen. Öl auf Leinwand ist seine Technik. Das Bild "Sich bedingen" habe er 15 Mal übermalt, erzählt Lorenz. "Ich lasse die Dinge reifen. Einen ganzen Monat habe ich daran gearbeitet. Kunstschaffen hat etwas mit Beseelung zu tun, mit Ruhe und Bewegung."

Beseelung und Ruhe treten ein, als drei außergewöhnliche Musikerpersönlichkeiten das Klaviertrio Opus 1, Nr. 2 von Ludwig van Beethoven spielen: die Violinistin Andrea Schumacher, Mitglied des Münchener Kammerorchesters, der Cellist Dietrich von Kaltenborn aus dem Bayerischen Staatsorchester und der Pianist Martin Rasch, der an der Hochschule für Musik und Theater München eine Klavierklasse leitet. Die Musik Beethovens gibt Raum, die Werke in ihrer Komplexität aufzunehmen. Dabei eignet sich das Krämmel-Forum hervorragend für diese Besetzung.

Was Reinhold Krämmel und Leonard Lorenz verbindet, ist das handfeste tägliche Tun. Das tägliche Üben. Doch beiden ist während der Pandemie bewusst geworden, wie wichtig die zwischenmenschlichen Beziehungen sind. Damit die geladenen Gäste sich noch eine Weile austauschen, hat Krämmel auftischen lassen. Bei feinen Häppchen und Getränken vertiefen sich die Gespräche an den Stehtischen. Beseelt von den Kunstwerken und der Musik löst sich die Gesellschaft nach drei Stunden so langsam auf. Aus dem eher zweckmäßiges Bürogebäude mitten im Industriegebiet von Wolfratshausen ist eine spannende Galerie geworden. Die zehn Skulpturen und 13 Gemälde von Leonard Lorenz haben den Raum verändert.

"Kunst ist für mich eine Herzensangelegenheit", sagt Krämmel. Neben der Förderung sozialer und bürgerschaftlicher Projekte in den Bereichen Heimat, Jugend, Familie und Senioren, habe es sich seine Stiftung auch zur Aufgabe gemacht, Kunst- und Kulturprojekte aus der Region zu unterstützen. An diesem Abend ist dies auf schönste Weise geglückt. Mögen auch die Mitarbeiter des Unternehmens eine Freude beim Eintritt in das Forum haben.

Interessierte können die Kunstausstellung montags bis donnerstags von 9 bis 16 Uhr und freitags von 9 bis 14 Uhr am Firmensitz der Krämmel-Unternehmensgruppe, Hans-Urmiller-Ring 46a in Wolfratshausen, besuchen. Der Eintritt ist frei.

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