Lenggries:Von Touristen und Bixnmachern

Bergsteigerbus in die Eng

Der öffentliche Nahverkehr bewegt auch die Lenggrieser. Die Taktung des sogenannten Bergsteigerbusses in die Eng ist bereits erhöht worden, und Bürgermeister Stefan Klaffenbacher kündigte weitere Verbesserungen an.

(Foto: oh)

Bei der Bürgerversammlung können die Lenggrieser und ihr Rathauschef erstmals Bilanz ziehen, nachdem Stefan Klaffenbacher vor einem Jahr überraschend ins Amt kam. Es gibt Lob, Applaus - und einen kuriosen Antrag

Von Petra Schneider, Lenggries

Vor einem Jahr wurde Stefan Klaffenbacher (FWG) quasi aus dem Stand Bürgermeister von Lenggries. Dass er in seinem Amt angekommen ist und die Leute zufrieden mit ihrem jungen Rathauschef sind, diesen Eindruck hatte man bei der Bürgerversammlung am Freitag. Gut 100 Bürgerinnen und Bürger waren in den Alpenfestsaal gekommen, es gab Lob von Vizebürgermeister Franz Schöttl (CSU) und kräftigen Applaus. Klaffenbacher lobte seinerseits die "vorbildliche Zusammenarbeit im Gemeinderat". Erfreuliches konnte er zur Aktion "Lenggries hilft" vermelden, die die Gemeinde spontan für die Flutopfer im rheinland-pfälzischen Dernau organisiert hatte. Mehr als 216 300 Euro seien zusammengekommen - "eine überragende Summe", sagte Klaffenbacher.

Das erste Jahr im Amt war für den neuen Bürgermeister gleich eine besondere Herausforderung. Wegen Corona sei in der Tourismusgemeinde Lenggries ein wichtiges Standbein weggebrochen: Die Zahl der Ankünfte ging um 40 Prozent zurück, die Übernachtungen um 21 Prozent. Die Isarwelle war acht Monate geschlossen, statt 59 000 Eintritte im Jahr 2019 waren es 2020 nur 21 600. Trotzdem habe sich der Haushalt 2020 "positiver entwickelt als gedacht", sagte Klaffenbacher, weil Einkommens- und Gewerbesteuereinnahmen nur leicht gesunken seien.

Auch Landrat Josef Niedermaier (FWG), der zur Bürgerversammlung gekommen war, ging auf die Pandemie ein. Auf Druck der Regierung seien im Jahr 2010 "drei dicke Aktenordner" mit Pandemieplänen erarbeitet worden. Mit Corona sei dann alles ganz anders gekommen, und im Landratsamt und in den Kommunen habe man sich "herangetastet". Es sei nicht alles optimal gelaufen, räumte Niedermaier ein, aber nun gelte es, "das, was wir gelernt haben, an nachfolgende Generationen weiter zu geben." Neue Bundesgesetze würden Kommunen und Landkreise künftig stärker belasten. Als Beispiel nannte Landrat Niedermaier den Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern, der ab dem Schuljahr 2023/25 in Kraft tritt. Die Kommunen müssten die Betreuungsplätze schaffen, verklagt werde im Schlimmsten Fall der Landkreis und finanziert werde die Betreuung über die Kreisumlage.

Vier schriftliche Anfragen zur Bürgerversammlung waren im Lenggrieser Rathaus eingegangen. Andreas Meyr trat für eine Geschwindigkeitsbegrenzung zwischen Winkl und Hohenwiesen und eine stärkere Verkehrsüberwachung ein. Im Sommer sei hier die "Münchner Raser-Szene" unterwegs. Meyr schlug vor, die Geschwindigkeit von 70 auf 50 Stundenkilometer wenigstens zwischen 11 und 14 Uhr zu beschränken, um die Situation für Schulkinder zu entschärfen. Laut Klaffenbacher habe das Landratsamt auf Anfrage mitgeteilt, dass das Verkehrsaufkommen auf der Bundesstraße 13 mit 4000 Fahrzeugen "eher unterdurchschnittlich" sei und ein Unfallhäufigkeitsschwerpunkt in diesem Bereich nicht vorliege. Ein Überholverbot in Hellerschwang gebe es bereits, und derzeit würden Geschwindigkeitsmessungen durchgeführt, auf deren Basis man sich weiter besprechen werde.

Anton Gerg hatte nachgefragt, ob der ÖPNV zwischen Lenggries und Fall verbessert werden könnte. Bürgermeister Klaffenbacher verwies auf den Nahverkehrsplan, der im Juli dieses Jahres beschlossen worden war: Demnach sei die Taktung des Bergsteigerbusses in die Eng an Wochenenden und Feiertagen von drei auf sieben Fahrten erhöht worden, unter der Woche gebe es weiterhin zwei Fahrten pro Tag. Weitere Maßnahmen seien geplant, sagte Klaffenbacher.

Heiner Schwab hatte angefragt, wann die Infoveranstaltung der Gemeinde zu 5 G stattfinde. Wegen Corona sei "wenig möglich gewesen", sagte Klaffenbacher; es habe aber bereits zwei kleinere Veranstaltungen zum Thema gegeben. "Aber wir können gerne noch einmal in Kontakt treten". Schwab trat am Freitag noch persönlich ans Mikro. Seine Einlassungen über Strahlungen und verdächtige Wolkenformationen beendete Klaffenbacher kurzerhand. "Das geht mir zu stark in Richtung Verschwörungstheorien, und das möchte ich hier abbrechen", sagte er.

Auch die Jugend meldete sich zu Wort. "Wir sind der Beni, der Tobi, der Leo und der Matthias und wollten wissen, was aus unserer Unterschriftenliste zu einem Skaterpark geworden ist", sagten die etwa elfjährigen Buben. Klaffenbacher versprach, dass der Gemeinderat in der Oktobersitzung darüber beraten werde. Mit einem Antrag hatte sich Irmgard Glaesemer an die Gemeinde gewandt. Sie fragte an, ob man nicht etwas gegen den "unsäglichen Brauch der Bixnmacherei" unternehmen könne, wonach bei der Geburt eines Mädchens Blechbüchsen an den Straßen aufgestellt würden. Glaesemer sprach von "hirnrissigen Aktionen", die unschön und obendrein diskriminierend seien. Recherchen der Verwaltung hätten ergeben, dass der Brauch aus dem 19. Jahrhundert stamme, sagte Klaffenbacher, und in Südbayern und Österreich üblich sei. Die Gemeinde habe keine rechtliche Handhabe. Außerdem wüssten meist nicht einmal die Eltern, wer die Büchsen aufgestellt habe.

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