Lenggries:Kost und Logis für Samtpfoten

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Wenn andere in Urlaub fahren, ist Bettina Mensing besonders gefragt: Sie unterhält in einem alten Zuhaus eine Katzenpension.

Von Irmgard Grasmüller

"Man sieht den Katzen schnell an, welcher Typ sie sind": Bettina Mensing mit einem ihrer Pensionsgäste. (Foto: Manfred Neubauer)

Bettina Mensing ist Mama. Erfahren, souverän, liebevoll, aber nicht gluckend. Nachdem ihre beiden Söhne auf dem Weg zur Selbstständigkeit sind, hat sie sich eine neue Zielgruppe gesucht: Katzen. Vor rund drei Jahre eröffnete sie eine Katzenpension. Dafür mietete sie sich ein Zuhaus eines Bauernhauses in Lenggries-Steinbach. Es ist ein etwa 300 Jahre altes Häuschen, das Erdgeschoss aus Bachkugeln errichtet, das erste Geschoss mit Lehm aufgestockt. Die Zimmer sind klein, die Treppen schmal. Auch die Einrichtung ist ziemlich original. Noch immer stehen alte Betten und Sessel in den Zimmern. Jede Menge Schränke und Kratzbäume bieten Nischen und Ecken, in denen sich die Pflegekatzen verstecken können.

Gerade wenn andere in Urlaub fahren, ist Bettina Mensing daher in Lenggries gefragt. An die 16 Katzen kann sie in dem Häuschen aufnehmen. Je nach Charakter verteilt sie sie auf sechs Zimmer. "Man sieht den Katzen schnell an, welcher Typ sie sind. Welche Katzen sich verstehen und welche nicht", erklärt die 49-Jährige. Wenn sie aufeinandertreffen, stecken sie in Kürze ihre kleinen Reviere ab, berichtet sie. Manche Katzen suchen einander und spielen miteinander, andere meiden sich und schaffen größtmögliche Distanz zueinander . Die Freigänger - jene Katzen, die normalerweise in der freien Natur alleine ihrer Wege gehen dürfen - wohnen im ersten Stock mit Balkon. Ausgelassen werden sie in der Katzenpension nicht. Die Gefahr wäre zu groß, dass sie nicht mehr zurückfänden. Aber sie dürfen auf den Balkon hinaus, der mit engem Maschendraht abgesichert ist.

Mit der Katzenpension hat sich Bettina Mensing einen Traum erfüllt. Sie kam auf die Idee, weil sie den Bedarf aus eigener Erfahrung kannte. Als sie sich einmal ein paar freie Tage gönnte, erklärte sich die Nachbarin bereit, ihre "Heidi" zu füttern. Da die Katze die besitzerfreie Zeit mit Streunen verbrachte, war die Ersatz-Mama in Sorge, sie selbst auch, und die Katze verzogen. "Das ist kein guter Zustand, wenn man verreist. Man sollte einen freien Kopf haben, sonst braucht man gar nicht wegzufahren."

Mensing ist nicht nur Katzen-Liebhaberin, sondern auch gelernte Tierarzthelferin. Fortbildungen in Katzen-Kommunikation und Homöopathie erweitern ihren professionellen Umgang mit den Tieren. "Man bekommt dann einen noch genaueren Blick dafür, in welcher Stimmung die Katzen gerade sind", erklärt sie.

Der Regelaufenthalt der Katzen in der Pension dauert ein bis zwei Wochen. In Ausnahmefällen, bei einer kranken Frau, habe sie eine Katze aber auch schon fünf Monate lang beaufsichtigt.

Die Katzenpension mutet wie ein Kindergarten an. Mensing akzeptiert den Vergleich, Katzen spielen in den Familien ja eine große Rolle. Manchmal komme die ganze Familie zur Verabschiedung mit: Mama, Papa und drei Kinder. "Da dauert die Verabschiedungszeremonie schon einmal eine halbe Stunde." Was Mensing aber auch versteht, schließlich sollen sich sowohl die Katzen auch die Besitzer mit der Situation wohl fühlen. Einmal habe ein etwa dreijähriges Kind seinen Schlafanzug mitgebracht. Die Katze habe dann die gesamte Ferienzeit auf dem Schlafanzug des Kindes geschlafen.

Die Katzen-Mama ist mehrmals täglich bei ihren kleinen Freunden zum Füttern, Streicheln und Saubermachen. Sie wohnt aber nicht bei ihnen. "Wenn ich die Türe aufschließe" - sie hat ein Lächeln im Gesicht, als sie die Situation beschreibt - "kommen die Katzen nach und nach auf mich zugelaufen und holen sich ihre Streicheleinheiten ab. Manche Katzen unterhalten sich dann auch mit mir und erzählen, was sie den Tag über erlebt haben." Wenn sie dann jeden einzelnen Pensionsgast ausgiebig begrüßt hat, macht Bettina Mensing das Haus sauber, lüftet, füttert die Katzen, auf Wunsch jede mit einem anderen Futter, und setzt sich für eine Weile zu ihnen. Sie liest etwas, um einfach nur Zeit bei den Katzen zu verbringen, und streichelt sie je nach Bedarf.

Wenn sich die Katzen dann bei der Abholung völlig normal verhalten, weder ihre Besitzer anspringen, noch sie meiden, weiß sie, dass sie es als Pensionsmama richtig macht. Ihr Ziel ist es, dass die Katzen sich möglichst schnell wohl bei ihr fühlen, und wenn sie wieder zu Hause sind, sich möglichst schnell wieder an ihren normalen Alltag gewöhnen.

Bettina Mensing liebt ihr Geschäft. Sie hat es sich ermöglicht, ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen. Dass sie auch Kauffrau für Bürokommunikation gelernt hat, kommt ihr heute zugute. Es hilft ihr, auch den ganzen Papierkram und die Werbung selbst zu bewältigen. Doch ihr Traum ist längst noch nicht zu Ende geträumt. In Zukunft möchte sie einen Besuchsservice einrichten. Immer wieder habe sie Kunden, die so viele Katzen haben, dass es geschickter wäre, die Tiere zu Hause zu versorgen.

Zudem möchte Mensing eine Art "Katzen-Rehaklinik" errichten, da sie als gelernte Tierarzthelferin Verbände anlegen oder bei Bedarf Arzneimittel abgeben kann. Oftmals haben die Besitzer der Tiere weder die Zeit noch die Erfahrung damit, wenn ihr Kätzchen eine schwerere Krankheit auszukurieren hat.

© SZ vom 02.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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