Seit 20 Jahren liegt das Kasernenareal in Lenggries weitgehend brach. Nun kommt jedoch Bewegung in die Sache: Die Freie Wählergemeinschaft (FWG) hat in einem Antrag Ideen für eine Nachnutzung einiger Bestandsgebäude im nördlichen Teil des Areals präsentiert. Demnach sollen dort ein neuer Kindergarten, bezahlbare Personalwohnungen, der Bauhof, ein Multifunktionsplatz für Jugendliche eingerichtet und die Turnhalle saniert werden.
Vom Gemeinderat wurde der Vorstoß am Montag mit Überraschung aufgenommen. Auch Lob gab es, vor allem von Grünen und SPD; denn dass mit dem Areal endlich etwas geschehen muss, darüber herrscht Einigkeit. Überrumpelt fühlt sich allerdings die CSU. Denn im Beschlussvorschlag sei von "beabsichtigten Nutzungen" die Rede, die man ja eigentlich erst im Rahmen einer Klausurtagung im März erarbeiten wollte, sagte Fraktionssprecher Josef Wasensteiner. Ein Antrag auf Vertagung bis zur April-Sitzung, den Franz Schöttl stellte, wurde mehrheitlich abgelehnt. Mit 16 zu neun Stimmen votierte das Gremium schließlich nach einer zähen Debatte für einen Beschlussvorschlag, wonach ein Planungsbüro beauftragt werden soll, um die im FWG-Antrag skizzierten, "möglichen Nutzungen" rechtlich zu prüfen.
Luftbild der ehemaligen Prinz-Heinrich-Kaserne Lenggries.
(Foto: Manfred Neubauer)Im südlichen Teil des Areals an der ehemaligen Prinz-Heinrich-Kaserne wurden bereits Gewerbegebiete ausgewiesen, für den Rest des 15 Hektar großen Geländes, das die Gemeinde im Jahr 2015 für fünf Millionen Euro gekauft hat, werden seit Jahren Investoren gesucht, die das Gelände entwickeln. Derzeit gilt in diesem Teil ein Bebauungsplan, der eine Nutzung im Bereich Freizeit, Bildung oder Sport festlegt. Interessenten hatte es immer wieder gegeben; zuletzt zwei, von denen einer bereits wieder abgesprungen sei, erklärte Bürgermeister Stefan Klaffenbacher (FWG) am Montag.
Der ehemalige Exerzierplatz soll ein Multifunktionsplatz für Jugendliche werden
Die Freien Wähler wollen nun offenbar nicht länger auf externe Projektentwickler warten, sondern die Sache in die Hand der Gemeinde legen. Ihr Vorschlag sieht vor, dass der Bau- und Wertstoffhof, der sich in Anger befindet und "flächenmäßig am Limit ist", wie Klaffenbacher sagte, in die ehemaligen Werkstattgebäude und Unterstellhallen im westlichen Teil verlegt wird. Das Grundstück in Anger könnte dann zu einem Gewerbegebiet entwickelt, an Einheimische verkauft oder in Erbpacht vergeben werden. Die Turnhalle soll instandgesetzt und für Vereine zur Verfügung gestellt werden. Auf dem ehemaligen Exerzierplatz könnte ein Multifunktionsplatz für Jugendliche entstehen.
Wichtigster Baustein: Kindergarten und bezahlbarer Wohnraum
Als wichtigste Bausteine sehen die Freien Wähler die Einrichtung eines Kindergartens und bezahlbare Wohnungen für Kita- und Pflegepersonal. In einem der U-Gebäude im Norden könnten nach einem Umbau mindestens sechs Gruppen Platz finden und im Obergeschoss eventuell Wohnungen für das Kita-Personal entstehen. Das zweite U-Gebäude soll aus Sicht der FWG an einen "seriösen" Investor verkauft oder in Erbpacht vergeben werden und dort ebenfalls bezahlbarer Wohnraum für das Personal der Kitas und des neuen Pflegeheims entstehen.
Zur Refinanzierung schlägt die Freie Wählergemeinschaft die Erlöse aus der Verwertung des Bauhofgeländes in Anger vor sowie die Einnahmen aus dem Verkauf eines U-Gebäudes. Bürgermeister Klaffenbacher stellte klar: Auf dem Kasernenareal solle kein neuer Ortsteil entstehen. Wohnungen würden nur "in gewissen Maßen gebaut". Eine touristische Nutzung halte er wegen des angrenzenden Gewerbegebiets für schwierig, sagte der Lenggrieser Rathauschef. Ein großes Thema sei natürlich die Finanzierung. Alle Fördermöglichkeiten müssten abgeklopft werden. "Wir haben nicht vor, dass wir 20 Millionen Schulden machen", betonte Klaffenbacher.
Der Lenggrieser Bürgermeister Stefan Klaffenbacher.
(Foto: Manfred Neubauer)Dass in Lenggries ein vierter Kindergarten nötig ist, zeigten die Anmeldungen für das neue Kindergartenjahr. Demnach fehle eine komplette Gruppe, weil bereits jetzt etwa 20 Kinder auf der Warteliste stünden - trotz des erst 2020 eröffneten Kindergartens St. Jakobus. Die Hoffnung, dass sich ein Träger findet, der eine Kita auch baut, hätten sich zerschlagen, sagte Klaffenbacher. Denn im Rahmen eines Interessenbekundungsverfahrens seien 16 Träger angeschrieben worden - allerdings "nicht mit dem gewünschten Erfolg". Man versuche die 20 Kinder nun in den bestehenden Einrichtungen unterzubringen, aber der Gemeinde bleibe nichts anderes übrig, als möglichst schnell einen neuen Kindergarten zu bauen - oder eben in einem Gebäude auf dem Kasernenareal unterzubringen. Es sei doch sinnvoll, ein Bestandsgebäude zu nutzen, anstatt neu zu bauen, betonte Klaffenbacher.
Die CSU war "nicht ganz glücklich"
Bei der CSU war man mit dem Antrag "nicht ganz glücklich", sagte Fraktionschef Josef Wasensteiner. Wenn es um Nachnutzungen gehe, sollten doch alle Fraktionen mitreden. Man habe sich im Juni 2022 darauf verständigt, dies im Rahmen einer Klausurtagung zu tun, zu der man Fachleute einladen könnte, um rechtliche Fragen zu klären. Bürgermeister Klaffenbacher wurde nicht müde, für den Beschluss zu werben. Denn die Zeit dränge; vor allem in Bezug auf den Kindergarten, der zeitnah gebraucht werde. Man müsse abklären lassen, welche Nutzungen rechtlich überhaupt möglich seien. Das sei die Basis für die Beratungen bei der Klausurtagung. "Der Startschuss sollte jetzt fallen", sagte Klaffenbacher.