Tourismus in Bad Tölz-Wolfratshausen:Viel Holz, viel Licht und ganz weit draußen

Tourismus in Bad Tölz-Wolfratshausen: Nah an der Natur, große Fenster und viel Holz: Das Hotel "Jäger von Fall".

Nah an der Natur, große Fenster und viel Holz: Das Hotel "Jäger von Fall".

(Foto: Manfred Neubauer)

Im äußersten Süden des Landkreises, zwischen Bergen, Wäldern und dem Sylvensteinsee, betreibt Reinhard Breuel das Hotel "Jäger von Fall". Der einstige Veranstalter für Firmentagungen hat mit der Anlage seine Ansprüche für naturnahe Aktivitäten umgesetzt.

Von Gregor Miklik, Lenggries

Ein Konzept ist auf den ersten Blick erkennbar: das viele Holz im Innenbereich, die großen Fensterflächen, der freie Blick ins Grüne, von dem das Hotel "Jäger von Fall" am Sylvenstein-Stausee umgeben ist. Da nimmt der Begriff vom "Outdoor-Hotel" nicht wunder, Österreich ist zu Fuß erreichbar, recht viel weiter draußen als hier geht nicht. Auch wenn sich keine kommunalen Annehmlichkeiten finden lassen, wird es nicht langweilig, denn die Natur ist den Gästen ein Abenteuerspielplatz: wandern, klettern, Floß und Kanu fahren - alles direkt vor dem Hoteleingang. Langweilig wird es auch Reinhard Breuel nicht. Der 76-Jährige ist Inhaber des ungewöhnlichen Hotels und zeigt sich im Gespräch agil und tatkräftig. "Ich arbeite sieben Tage die Woche", sagt er. Warum? "Weil ich etwas bewegen will." Wie ein Getriebener wirkt er nicht - eher wie ein Mensch, der noch viel vorhat und dem das "Machen" Spaß macht.

Mit seiner Beratungsfirma Breuel & Partner gab er seit 1980 in ganz Deutschland Workshops zu Unternehmens- und Teamentwicklung - fand aber nie das Ambiente, das er sich für die Arbeit gewünscht hätte: guten Standard ohne Schnickschnack, freundliche, gut ausgestattete Konferenzräume und attraktive Angebote für gemeinsame Aktivitäten; 1993 bekam er aus dem Vorstand der Sparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen den Tipp, dass in Fall ein stark sanierungsbedürftiges, kleines Hotel zum Verkauf stünde, der "Jäger von Fall". Nachdem Bürgermeister und Gemeinderat ihre Zustimmung zur geplanten Sanierung und Erweiterung in Aussicht gestellt hatten, stieg Breuel mit einer Handvoll Investoren ein. Der Altbestand kostete damals 1,75 Millionen DM, Sanierung und Ausbau ein Vielfaches davon.

Tourismus in Bad Tölz-Wolfratshausen: Die Zimmer sind einfach, aber komfortabel.

Die Zimmer sind einfach, aber komfortabel.

(Foto: Gregor Miklik/oh)

Die Planungs- und Bauphase mit dem Bauleiter Paul Bayer und der Baufirma Schwarzenberger aus Lenggries hat Breuel in sehr guter Erinnerung, bereits im Sommer 1995 konnte eröffnet werden - jetzt aber musste Breuel lernen, dass er mit seiner Beratungsfirma aus Olching in Lenggries offenbar ein "Neigschmeckter" war: "Wir mussten ja erst einmal verstehen, warum wir keine Mitarbeiter bekamen", erzählt Breuel. "Mit der Zeit wurde klar, dass wir mit Gerüchten diskreditiert wurden; und vom Arbeitsamt haben wir uns lange schlecht unterstützt gefühlt." Erst nachdem die Missstände der Behördenleitung sehr "robust" vorgebracht worden seien, hätten die Gerüchte schlagartig aufgehört und er habe endlich Mitarbeiter aus der Region einstellen können.

Auf einem Rundgang durch das weitläufige Haus erläutert Breuel sein Konzept: Er wollte das Hotel auf das Wesentliche reduzieren und es so naturnah betreiben wie möglich - die Natur nah ans Haus und gefühlt ins Hotel holen. Es gibt überall große Fensterflächen, und auch im Innenbereich ist viel Holz zu sehen - "gewachst oder geölt, aber eben nicht lackiert, also versiegelt." Das Hotel verwerte seinen Kompost so weit wie möglich selbst, habe bereits früh eine Regenwasserzisterne wie ein kleines Block-Heizkraftwerk errichtet und betreibe bisher drei Photovoltaikanlagen, um sich teilweise selbst versorgen zu können. Wichtig sei ihm immer gewesen, dass die Gäste vom Hotel aus kein Auto mehr bräuchten, um in die Natur zu kommen. Workshop-Teilnehmer fänden rund um das Haus viele Möglichkeiten für Kurselemente im Freien "und Aktiv-Urlauber können sich die Wanderschuhe schon im Hotel anziehen". Nachdem die Gäste alle einen starken Drang nach draußen hätten, bräuchten sie weder größere Zimmer, Nachtportier oder Minibar und müssten sie in der Kategorie drei Sterne entsprechend auch nicht bezahlen; wichtig seien den Gästen die Qualität der Küche, der Schlafkomfort und die familiäre Atmosphäre - Breuel zeigt sich mit dieser Gewichtung zufrieden.

Tourismus in Bad Tölz-Wolfratshausen: Betreiber Reinhard Breuel wollte das Hotel aufs Wesentliche reduzieren, wie er sagt.

Betreiber Reinhard Breuel wollte das Hotel aufs Wesentliche reduzieren, wie er sagt.

(Foto: Gregor Miklik/oh)

Zentral sei die Verbindung von Hotel, Tagungsraum und Natur. "Im Jahr 2000 haben wir als Angebot für die Tagungsteilnehmer und Aktiv-Urlauber die ,Akademie Aktiv' gegründet, haben Wald gepachtet, den Hochseilgarten gebaut." Inzwischen biete die Akademie eine bunte Vielfalt von Outdoor-Aktivitäten vom Floßbau bis zur geführten Wanderung an. Breuel hat selbst eine Ausbildung zum Bergwanderführer gemacht. "Ich war da der älteste Teilnehmer und die Leiterin der Akademie war die jüngste", erinnert er sich und grinst.

Drei Zielgruppen seien für das Hotel relevant, in erster Linie Firmen, bei deren Seminaren und Tagungen praktische Aktivitäten eine wichtige Rolle spielten. Die zweite Gruppe seien sportlich Interessierte, die teilweise selbst buchten, aber auch über Reiseveranstalter kämen. An diese zwei Zielgruppen richte sich auch das Angebot der "Akademie Aktiv". Und die dritte Gruppe seien Wochenendgäste, die insbesondere aus der Region kämen und einfach in natürlicher Umgebung die Seele baumeln lassen wollten; viele Anwohner kämen auch gezielt zum "Ganghofer-Frühstück" oder zum beliebten Silvesterball vorbei.

Tourismus in Bad Tölz-Wolfratshausen: Zur Anlage gehören großzügige Tagungs- und Veranstaltungsräume.

Zur Anlage gehören großzügige Tagungs- und Veranstaltungsräume.

(Foto: Gregor Miklik/oh)

Die Schließungen in der Corona-Zeit habe er für bauliche Veränderungen genutzt. Seit wieder geöffnet werden durfte, schien die Pandemie kein Nachteil mehr zu sein: "Da kamen unheimlich viele, die einfach nur draußen sein wollten, im Sommer zum Wandern oder Radfahren, im Winter gehen sie mit Ski zum Schafreuter hinauf - Lifte gibt's ja keine." In den vergangenen zwei Saisons sei die Auslastung sehr gut gewesen, freut sich der Betreiber. Aktuell sei der "Jäger von Fall" das größte Hotel zwischen Bad Tölz und Österreich - zumindest bis 2024, wenn im Dorf Lenggries das neue Arabella-Hotel eröffne.

Die Hotelleitung arbeite kontinuierlich daran, dass Hotel und Gäste gut mit der Natur harmonieren - dies gelte natürlich auch für sämtliche Angebote der "Akademie Aktiv". "Wir arbeiten hier mit vielen Partnern aus der Region oder Vereinigungen zusammen, denen qua Selbstverständnis der Naturschutz am Herzen liegt und die unsere Angebote gerne nutzen". Die Abstimmung der eigenen Aktivitäten mit dem Forstamt laufe problemlos. Er unterstütze auch eine "Kanalisierung der Outdooraktivitäten", die die Isar-Ranger forderten, sagt Breuel.

Tourismus in Bad Tölz-Wolfratshausen: Die Anlage liegt mitten im Grünen und nah am Sylvensteinsee.

Die Anlage liegt mitten im Grünen und nah am Sylvensteinsee.

(Foto: Privat/oh)

Die Küche hat er bereits neu gestaltet, demnächst ist der Buffetraum dran. "Regelmäßige Modernisierungen lassen sich finanziell viel besser einplanen als eine Komplettsanierung alle 20 Jahre", sagt Breuel. Vom Gas wolle und müsse das Hotel möglichst unabhängig werden, die neuen Konvektomaten und Induktionsherde seien bereits eingeplant, ebenso ein effizienteres Gas-Block-Heizkraftwerk, eine vierte PV-Anlage und eine Wärmerückgewinnung für die Sauna. In den Energiekosten sieht der Hotelbetreiber das Hauptproblem der näheren Zukunft.

Schwärmerisch wird er beim Thema Essen. "Ich war gerade mit unserem Chefkoch auf einem Seminar zum Thema Regionalität", berichtet Breuer. "Da sehe ich tolle Möglichkeiten." Für das Frühstück werde bereits ein neues Konzept umgesetzt, auch beim Mittag- und Abendessen würden kurzfristig Produkte aus der Region angeboten. Und obwohl an den Wänden viele Bilder verschiedenster Epochen zu sehen sind, wird es weiterhin Raum geben für Ausstellungen von Künstlern oder kulturellen Initiativen aus der Region.

Auch der Fortbestand des Hauses scheint gesichert: Seine Ehefrau Eva, geboren 1970, hat seit Jahren eine leitende Funktion im Haus. Auch die Söhne sind eingebunden. Georg, der jüngere, dürfe sich seit seinem 14. Geburtstag endlich Geld im väterlichen Betrieb erarbeiten, sagt Breuel. Der drei Jahre ältere Jan erwäge nach dem Abitur eine Hotelfachausbildung. Es wäre in Breuels Sinn, wenn er das Motto seines Vaters fortführen würde: "Die Idee muss wichtiger sein als der Profit."

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