Süddeutsche Zeitung

Lenggries:Großbaustelle Sylvensteinspeicher

Experten haben Mängel am Sylvensteinspeicher gefunden. Der 50 Jahre alte Staudamm muss saniert werden - es drohen Staus und lange Umleitungen.

Petra Schneider

Der Sylvensteinspeicher wird modernisiert. Weil bei Untersuchungen Mängel an dem 50 Jahre alten Damm festgestellt wurden, sollen umfangreiche Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden. Die Kosten von rund 25 Millionen Euro trägt der Freistaat.

Während der fünfjährigen Bauzeit wird es zu Verkehrsbehinderungen kommen, weil der Damm zeitweilig nur halbseitig befahrbar sein wird und im Jahr 2012 eine achtmonatige Vollsperrung nötig ist. Bei einer Veranstaltung am Freitag informierten das Wasserwirtschaftsamt (WWA) Weilheim und das Landratsamt Bad Tölz - Wolfratshausen Bürgermeister und Gemeinderäte der umliegenden Orte über das Projekt.

Auch Verantwortliche aus Tirol waren zur Veranstaltung in den Alpenfestsaal nach Lenggries gekommen. Bayerns wichtigster Wasserspeicher solle für den Klimawandel gerüstet werden, um weiterhin Sicherheit beim Hochwasserschutz für Bad Tölz und München gewährleisten zu können, erklärte der Leiter des WWA, Christian Wanger. Weil die extremen Hochwasserereignisse in den Jahren 1999 und 2005 nicht spurlos an dem Erddamm vorübergegangen seien, solle eine zusätzliche Dichtwand sowie ein verbessertes Erfassungs- und Überwachungssystem für Sickerwasser gebaut werden.

Der Beginn der Maßnahmen ist für Juli 2011 geplant. Dann kann der Damm, wie auch in den Jahren 2014 und 2015, zeitweilig nur einspurig befahren werden. Die Zufahrt von Bad Tölz nach Fall über die B 13 und die B 307 soll aber durchgehend möglich sein. Wenn im April 2012 mit der Herstellung der Dichtwand begonnen wird, sei eine achtmonatige Vollsperrung der B 307 unvermeidbar, wie Tobias Lang vom WWA erklärte. Nach den derzeitigen Planungen wird der Schwerlastverkehr Richtung Achensee dann über das Inntal und die Autobahn München-Innsbruck umgeleitet. Pkws müssen über das Tegernseer Tal ausweichen.

Wegen des enormen Platzbedarfs der 250-Tonnen schweren Maschinen für den Bau der Dichtwand ist eine Verbreiterung der Dammkrone um rund vier Meter nötig. Der so gewonnene Platz soll nach Abschluss der Bauarbeiten für einen zusätzlichen Parkstreifen genutzt werden. Während der Bauarbeiten wird Langs Ausführungen zufolge der Wasserspiegel nicht abgesenkt, um das Ökosystem des Stausees nicht zu stören. Am Erscheinungsbild des Sylvensteinspeichers würden die umfangreichen Baumaßnahmen nichts ändern.

Vor allem die drohenden Verkehrsbeeinträchtigungen führten in der anschließenden Diskussion zu heftiger Kritik. So erklärte der Bürgermeister der Tiroler Gemeinde Vomp, Karl-Josef Schubert, dass eine Umleitung über das Tegernseer Tal einen Umweg von einfach knapp 70 Kilometern bedeuten würde. Besonders für Kinder, die Schule oder Kindergarten in Achenkirch besuchen, sei das unzumutbar. Gleiches gelte für Vieh-, Holz-, und Milchtransporter, die lange Umwege über das Inntal in Kauf nehmen müssten. Besonders im Katastrophenfall müsse schnelle Hilfe für die Einwohner des Ortsteils Hinterriß gewährleistet sein. Landrat Josef Niedermaier sah Letzteres weniger problematisch: "Bereits jetzt gibt es eine hervorragende Zusammenarbeit der Einsatzkräfte in Bayern und Tirol."

Auch für den Tourismus prophezeite Schubert Probleme: "Die Gastronomie wird mit erheblichen Einbußen rechnen müssen." Der Waakirchner Bürgermeister Sepp Hartl kritisierte Pläne, den Pkw-Verkehr über das Tegernseer Tal umzuleiten. Dieses sei bereits überlastet. Eine Behelfsbrücke während der Bauarbeiten, wie von Sepp Gast aus Piesenkam vorgeschlagen, würde zusätzliche Kosten in Höhe von 4,5 Millionen Euro verursachen, wie Bauleiter Peter Kratz vorrechnete. "Wir müssen diese Mehrkosten mit den volkswirtschaftlichen Einbußen abwägen, die eine Vollsperrung mit sich bringt", erklärte der Landrat.

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SZ vom 04.12.2010
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