OrtsgeschichteHusaren, Prinzessinnen und Bären

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Die kaiserlich-österreichischen Husaren beobachten den Brand der Burg am 21. Juli 1707 auf dieser Collage aus alten Gemälden und Zeichnungen von Claus Eder.
Die kaiserlich-österreichischen Husaren beobachten den Brand der Burg am 21. Juli 1707 auf dieser Collage aus alten Gemälden und Zeichnungen von Claus Eder. (Foto: Claus Eder/oh)

Im jüngsten Band seiner Reihe „Wia’s früher war“ beschäftigt sich der Lenggrieser Fotograf Claus Eder mit dem Leben unter der Hohenburg. In vielen historischen Aufnahmen zeichnet er die Geschichte rund um die Burg und das Schloss nach.

Von Petra Schneider, Lenggries

Die Hohenburg in Lenggries, von der heute nur noch Mauerreste übrig sind, prägte jahrhundertelang das Leben im Isarwinkel. Bereits um 1100 wurde die Burg auf dem ehemaligen Weinberg gebaut, im Jahr 1566 ging sie in den Besitz der Augsburger Patrizierfamilie Hörwarth über. Während des Spanischen Erbfolgekriegs wurde sie von kaiserlich-österreichischen Husaren als Hauptquartier genutzt. Um zehn Uhr morgens des 21. Juli 1707 brach aus bis heute ungeklärter Ursache ein Feuer im Großen Salon aus. Die Husaren unternahmen offenbar nichts zur Rettung der Burg; sie beobachteten „hohnlachend“ den verheerenden Brand vom Burgweiher aus. So ist es jedenfalls auf einem Gemälde aus dem Archiv von Claus Eder dargestellt, das er bearbeitet und illustriert hat. Es ist eines von gut 236 Abbildungen aus dem neuesten Band seiner Reihe „Wia’s früher war“. Das Buch mit 140 Seiten in handlichem Format trägt den Titel „Unter der Hohenburg“.

Claus Eder präsentiert sein neues Buch. Der 60-Jährige ist Fotograf in der vierten Generation und hat früher eine Werbeagentur betrieben.
Claus Eder präsentiert sein neues Buch. Der 60-Jährige ist Fotograf in der vierten Generation und hat früher eine Werbeagentur betrieben. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Viel Interessantes erfährt man über die Burg und das spätere Schloss Hohenburg, über deren Bewohner und die Menschen, die sich dort ansiedelten. Diverse Fotografien, Stiche, Landkarten, Postkarten und Tafeln hat Eder zusammengetragen und sich bei den Texten kurz gehalten. Denn die Leute wollten lieber Bilder anschauen, als lange lesen, glaubt er. Mehr als 20 Bücher hat der gelernte Fotograf in den vergangenen Jahren veröffentlicht. Eder ist ein manischer Sammler: Um die 500 000 Aufnahmen, digital oder analog, hat er in seinem Archiv abgelegt. Ein im Wortsinn fotografisches Gedächtnis seiner Heimat. Er fragt bei den Leuten nach, sammelt ihre Geschichten und Bilder. Immer wieder kommen Einheimische mit alten Alben oder Kartons voller Fotos zu ihm ins „Buidleck“ in der Lenggrieser Marktstraße. Was ihn interessiert, scannt er ein.

Eder, der früher eine Werbeagentur betrieben hat, ist Fotograf in der vierten Generation. Seine erste Ausstellung habe er mit 16 in der örtlichen Sparkasse organisiert, erzählt er. Jetzt ist er 60. „Ich bin im Ruhestand und mache, was mir Spaß macht“, sagt er und lacht. In den Corona-Jahren hat er noch eine andere Leidenschaft entdeckt: den Modellbau. Mit viel Liebe zum Detail gestaltet er historische Szenen: Handwerker bei der Arbeit, die legendäre Seeschlacht auf der Isar zwischen dem Oberförster von Vorderriss, Max Thoma, und den Wilderern. Oder eine Mühlenlandschaft auf 20 Quadratmetern, die er im Herbst 2023 in seinem Laden ausgestellt hat. Die Holzfiguren lässt er meist von einem Profi schnitzen, die Landschaften aus Gips, Pappe und Holz baut er selbst.

Diese „Drehpostkarte“ hat Eders Urgroßvater Conrad Weiss gestaltet.
Diese „Drehpostkarte“ hat Eders Urgroßvater Conrad Weiss gestaltet. (Foto: Claus Eder/oh)

Eigentlich wollte er Schreiner werden, aber er ist der Familientradition treu geblieben und hat Fotograf gelernt. Im aktuellen Buch ist eine „Drehpostkarte“ seines Urgroßvaters Conrad Weiß zu sehen: Über Schloss Hohenburg schwebt ein Heißluftballon, bei dem mittels einer Drehscheibe vier verschiedene Motive eingestellt werden können.

Das Schloss wurde im Übrigen nicht an Stelle der abgebrannten Burg gebaut, sondern unterhalb, am südwestlich gelegenen Hofacker, erfährt man im Buch. Am 12. Mai 1712 wurde der Grundstein gelegt und das Schloss Hohenburg 1719 in frühbarockem Stil und mit einem prächtigen Schlossgarten nach Versailler Vorbild fertiggestellt. Im Jahr 1953 eröffneten die Ursulinenschwestern dort eine Mädchenschule, 1990 übernahm das Erzbistum München und Freising die St.Ursula-Schulen mit Realschule und Gymnasium, seit diesem Schuljahr werden dort auch Buben unterrichtet.

Dieses besondere Foto zeigt die Luxemburger Prinzessin Marie Adelheid mit ihren beiden Bären Mischko und Mischa.
Dieses besondere Foto zeigt die Luxemburger Prinzessin Marie Adelheid mit ihren beiden Bären Mischko und Mischa. (Foto: Claus Eder/oh)

Auch von den umliegenden Bauernhöfen und Handwerksbetrieben zwischen Hirsch- und Mühlbach hat Eder Bilder gesammelt. In den historischen Fotografien, die bis in die Zeit um 1900 zurückreichen, wird ein eindrückliches Bild vom Leben und Arbeiten im Isarwinkel gezeichnet; von dunklen Nähstuben und Küchen, schneereichen Wintern und stolzen Bauernfamilien.

Der Sammler hat zudem auch „was ganz was Rares“ in einer Kiste ausgegraben: eine Collage mit sieben kleinen Bildern aus dem Jahr 1869, die das Schloss und die Umgebung zeigen. Wahrscheinlich eine Art Verkaufsexposé, vermutet Eder, darauf deute die Jahreszahl hin. Denn am 26. Februar 1870 unterzeichnete Herzog Adolf von Nassau-Weilburg den Kaufvertrag für das barocke Schloss, samt Brauerei und Hofgut. Mit dem Kauf von Schloss Hohenburg hatten der Luxemburger und seine Familie nach der Niederlage im Krieg von 1866 wieder eine Residenz, die in späteren Jahren „Luxemburger Alpenherzogtum“ genannt wurde. Auf einer Schwarzweiß-Aufnahme ist die Luxemburger Prinzessin Marie Adelheid mit ihren beiden Bären Mischko und Mischa zu sehen, die sich zutraulich an die ernste, junge Frau schmiegen. Noch nie veröffentlichte Aufnahmen von 1920 zeigen die Prinzessinnen bei Tanzstunden mit Lenggrieser Zitherspielern und Schuhplattlern. Auch Raritäten wie das Hochzeitsbild von Kronprinz Rupprecht von Bayern und seiner Braut Prinzessin Antonia, das am 7. April 1921 in Hohenburg aufgenommen wurde, sind abgedruckt.

Bislang unveröffentlicht ist auch diese Aufnahme von 1920 den Prinzessinnen bei einer Tanzstunde mit Lenggrieser Zitherspielern und Schuhplattlern.
Bislang unveröffentlicht ist auch diese Aufnahme von 1920 den Prinzessinnen bei einer Tanzstunde mit Lenggrieser Zitherspielern und Schuhplattlern. (Foto: Claus Eder/oh)

In den vergangenen Jahren hat sich Eder durch seine Recherchen ein veritables historisches Wissen angeeignet. Und ein beeindruckendes Photoarchiv, an dem das Haus der Bayerischen Geschichte starkes Interesse habe, wie er berichtet. Bereits sechsmal seien Vertreter der Behörde bei ihm in Lenggries vorbeigekommen, um das Archiv zu sichten. Die Ideen gehen Eder nicht aus; aktuell ist ein neues Modell in Arbeit, dessen Thema er aber noch nicht verraten will. Jedes Jahr gibt er ein bis zwei Bücher heraus. In diesen Projekten stecke „sein Lebenswerk“, sagt er. „Ich versuche, die Geschichte lebendig zu halten“.

„Unter der Hohenburg“, 33 Euro, Informationen und Bücherbestellung unter www.buidleck.de

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