Süddeutsche Zeitung

Traditionshütte:Hüttenwirt am Brauneck dringend gesucht

Seit Monaten steht die Florianshütte leer, weil sich kein Pächter findet. Schuld daran ist die komplizierte Versorgungsanbindung - und die Pandemie.

Von Benjamin Engel, Lenggries

Nur mit einer einige hundert Meter langen Materialseilbahn ist die Florianshütte während des Sommers zu versorgen. Zwischen der Bergstation der Gondelbahn und dem Standort am Südosthang oberhalb des Finstermünzkessels müssen die Wirte alle Vorräte an-, aber auch Müll oder gebrauchte Wäsche abtransportieren. "Die Florianshütte ist sehr aufwendig zu betreiben", sagt Oliver Vogl.

Für den stellvertretenden Vorsitzenden ist das einer der Gründe, warum sein Verein "Erholungsheim der Berufsfeuerwehr München" bislang keine neuen Pächter gefunden hat. Denn das Geschwisterpaar Cornelia und Andreas Welzmiller hat im Mai 2020 gekündigt. Seitdem steht die Florianshütte leer - es haben sich bis heute keine passenden Pächter gefunden.

Seit dem Jahreswechsel ist Vogl allerdings optimistischer, neuen Wirten eine bessere Perspektive bieten zu können. Alle vier anliegenden Grundstückseigentümer hätten sich erstmals für eine bislang fehlende neue Forststraße bis zur Hütte gesprächsbereit gezeigt, berichtet er. Damit könnte es womöglich in wenigen Jahren eine Versorgungsalternative zur auf 200 Kilogramm Maximalgewicht begrenzten Materialseilbahn geben. Bis alle behördlichen Genehmigungen und die Finanzierung geklärt seien, brauche es aber seine Zeit, sagt Vogl. Vor der kommenden Sommersaison hätte der stellvertretende Vereinsvorsitzende vor allem gerne neue Pächter. Denn es belaste den Verein finanziell stark, dass der Wirtsbetrieb schon so lange ausfalle.

Auf dem Brauneck ist das Wintergeschäft für die Hüttenwirte normalerweise lukrativ. Allerdings stehen die Lifte im Skigebiet auf dem Lenggrieser Hausberg still, weil dies die derzeitigen Pandemie-Auflagen vorgeben. Die Hütten dürfen innen und auf den Terrassen nicht bewirten. Nur Wenige bieten Speisen und Getränke für Skitourengeher und Winterwanderer zum Mitnehmen an.

Die Pandemie hat wohl die bisherigen Pächter Cornelia und Andreas Welzmiller endgültig veranlasst, den Vertrag für die Florianshütte aufzulösen. Denn als im Frühjahr die Covid-19-Infektionen rapide zuzunehmen begannen, mussten die Geschwister die vorige Wintersaison Mitte März frühzeitig beenden. "Das war der dritte Schlag ins Kontor", sagt Vogl.

Die Zeit am Berg war für die Geschwister Welzmiller mehr als ereignisreich und kompliziert. Im Jahr 2015 hatte Cornelia Welzmiller als Pächterin begonnen, im Hintergrund unterstützte sie ihr Bruder. Doch schon im Sommer 2016 ordnete das Landratsamt an, die Florianshütte zu schließen. Die Kreisbehörde hatte am Gebäude aus den 1920er-Jahren gravierende Brandschutzmängel festgestellt. Erst nach zweieinhalb Jahre langer Sanierung konnten die Welzmillers wieder aufsperren. Lang darüber freuen konnten sie sich nicht. Zur kommenden Wintersaison fiel im Januar so viel Schnee, dass Lifte und Hütten für einige Zeit still stehen mussten. Als dritter Tiefpunkt zwang die Pandemie zur Pause im vergangenen Frühjahr.

Um verstehen zu können, warum die bisherigen Pächter aufgehört haben, muss das jeder laut Vogl wissen. "Es war für uns überraschend, man muss aber die ganze Geschichte sehen", berichtet er. Die Pächter habe das sicher zermürbt. Außerdem lebten die Wirte allein vom Betrieb, müssten damit auch ihr Leben finanzieren.

Auf dem Brauneck zählt das 1290 Meter hoch gelegene Haus zu den traditionsreichen Hütten. Im Jahr 1928 gründeten Feuerwehrleute die Alpine Vereinigung der Berufsfeuerwehr München. Sie wollten eine Hütte auf dem Brauneck haben. Noch in demselben Jahr errichteten sie das Hauptgebäude. 1931 folgte ein Anbau. In der Zeit der Nazi-Diktatur musste der Verein die Hütte an die bayerische Landeshauptstadt abtreten. Der Kommune gehört das Haus seitdem. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gründete sich der Verein Erholungsheim der Berufsfeuerwehr München. Die Florianshütte fungiert als Mittelpunkt für dessen Aktivitäten. Zur Tradition zählten etwa die Abschlussveranstaltungen für Feuerwehrleute, die ihre Grundlehrgänge abgeschlossen hätten, sagt Vogl.

Derzeit bleibt den Vereinsmitgliedern kaum mehr zu tun, als einmal in der Woche aufs Brauneck zu steigen. Dann prüfen laut Vogl ein bis zwei Leute, ob alles auf der Florianshütte intakt ist. Die Vereinsmitglieder haben das Gebäude zwar winterfest gemacht. Unter anderem müssten aber die Wasserleitungen regelmäßig gespült werden, berichtet Vogl. Außerdem laufe die Heizung, damit keine Rohre einfrören und die Einrichtung nicht unter den kalten Temperaturen leide. Die Terrasse für 100 Gäste im Freien und die Innenräume für nochmals dieselbe Anzahl sind genauso wie die knapp 40 Betten zum Übernachten ungenutzt.

Gleichzeitig ist der Zustand der Hütte praktisch auf dem neuesten Stand. Die Stadt München hat allein für den modernisierten Brandschutz etwa eine halbe Million Euro investiert, vor wenigen Jahren etwa auch die Sanitäranlagen komplett erneuert. Dafür ist Vogl dankbar. Ohne diese finanzielle Unterstützung hätte der Verein zusperren müssen, sagt er.

Nur neue Pächter fehlen jetzt. Warum es schwierig ist, welche zu finden? Vogl ist davon überzeugt, dass es an der Pandemie liegt. Interessenten hätten sich gemeldet, sich teilweise aber umorientiert. Schaden würde es sicher nicht, wenn der neue Wirt feuerwehraffin wäre, sagt Vogl. Die Vereinsmitglieder würden jeden aber tatkräftig unterstützen. Auch bei der Pachthöhe würde man in Pandemie-Zeiten entgegenkommen. "Es ist nicht gut, wenn eine Hütte nicht bewohnt wird", sagt Vogl.

Wer sich als Pächter bewerben möchte, wird gebeten, sich unter florianshuette@web.de zu melden

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SZ vom 26.01.2021/wean/van
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