Süddeutsche Zeitung

Zukunft einer Kommune:Herausforderungen und Chancen in Lenggries

Die diesjährige Bürgerversammlung in der Brauneckgemeinde stößt auf breites Interesse. Viele Einwohner bringen sich mit teils detaillierten Fragen und Anregungen ein.

Von Petra Schneider, Lenggries

In der Brauneckgemeinde tut sich Einiges. Große Projekte wie der Neubau des Pflegeheims, die Entwicklung des Kasernenareals und ein neuer Kindergarten stehen an, die viel Geld kosten. Die Lenggrieser Bürgerinnen und Bürger interessieren sich offenkundig dafür, was in ihrer Gemeinde passiert; gut 150 sind am Freitag zur Bürgerversammlung gekommen, viele haben im Vorfeld teils detaillierte Anfragen eingereicht.

Mit dem größten Projekt, dem Pflegeheim-Neubau, soll Anfang April begonnen werden, erklärte Bürgermeister Stefan Klaffenbacher (FWG) in seinem zweieinhalbstündigen Bericht. Die geschätzten Kosten liegen bei 21,4 Millionen Euro, die man nach derzeitigem Stand halten könne. Dass durch die gestiegenen Baukosten auch die Kosten für die Bewohner steigen, bejahte der Bürgermeister. "In einem Neubau ist ein Heimplatz teurer". Die Caritas, die das Pflegeheim betreiben wird, pachtet das Gebäude von der Gemeinde und legt die Sätze für die Bewohner fest. Diese müssten aber von den Sozialhilfeträgern genehmigt werden.

Der Neubau werde nach neuesten Energie-Effizienz-Standards geplant und bekomme eine Ganzdach-PV-Anlage, deren Überschüsse Rathaus, Haus der Senioren und Tourist-Info mit Strom versorgen soll. Mit der Caritas sei vereinbart, dass Lenggrieser Bürgerinnen und Bürger bei der Vergabe der Plätze bevorzugt würden. Eine Anregung des Lenggrieser Zahnarztes Franz Becker, im neuen Pflegeheim einen Raum vorzusehen, in dem Bewohner zahnärztlich behandelt werden könnten, wurde mit Applaus bedacht und fand auch beim Bürgermeister Zustimmung.

Um zu vermeiden, dass Plätze womöglich nicht belegt werden können, weil Pflegekräfte fehlen, will die Gemeinde bezahlbare Wohnungen schaffen. Aus Sicht der Freien Wähler könnte dies in Bestandsgebäuden auf dem Kasernenareal geschehen. Der Gemeinderat will sich in einer Klausur Ende März mit den möglichen Nutzungen befassen, die der Bürgermeister am Freitag kurz erläuterte.

Demnach könnten im westlichen Teil des Areals weitere Gewerbeflächen ausgewiesen werden, weil alle Grundstücke am Isarring vergeben seien, aber die Nachfrage anhaltend hoch sei. Personalwohnungen, eine Heizzentrale, die das gesamte Gelände versorgen könnte, die Instandsetzung der ehemaligen Exerzierhalle für Vereine, ein "Platz für die Jugend", ein neuer Kindergarten. "Das wird eine sehr große Herausforderung", sagte Klaffenacher - nicht zuletzt, weil die Bestandsgebäude denkmalgeschützt sind. Für das Stabsgebäude und eines der U-Gebäude sei man außerdem mit einem Investor im Gespräch, der sich dort eine Nutzung im Bereich Bildung und Soziales vorstellen könne, sagte Klaffenbacher.

Eine Entscheidung dränge vor allem in Bezug auf eine neue Kita; denn acht Kinder stehen bereits jetzt auf der Warteliste für einen Krippenplatz und etwa 20 für einen Kindergartenplatz. In den vergangenen sechs Jahren sei der Bedarf an Kindergartenplätzen um 45 Prozent gestiegen. Das sei eine wahnsinnige Herausforderung, auch personell. Auch der Bedarf bei der Mittagsbetreuung sei gestiegen. Gelöst wurde das Raumproblem dadurch, dass die VHS in das Pfarrheim umgezogen sei, und dieser Raum in der Mittelschule nun für die Mittagsbetreuung genutzt wird. Aber klar sei: "Wir müssen dringend handeln".

Auch Solar-Balkonkraftwerke werden in der Klausur erneut diskutiert

Für die Klausur haben sich die Gemeinderäte ein weiteres Thema vorgenommen, das von Bürgern ebenfalls angesprochen wurde: PV-Balkonkraftwerke, deren Bau in Lenggries nach derzeitigem Stand nicht mit der Ortsgestaltungssatzung vereinbar ist. Gesetzliche Regelungen wie die Bayerische Bauordnung, das Erneuerbare- Energien-Gesetz oder das Bayerische Klimaschutzgesetz stünden nicht in Widerspruch zur Entscheidung des Gemeinderats, der kürzlich eine Genehmigung von Balkonkraftwerken selbst in Ausnahmefällen abgelehnt hatte. Denn diese gesetzlichen Regelungen hätten nur "empfehlenden Charakter", sagte Klaffenbacher. "PV-Anlagen pauschal zu verbieten, das geht nicht, und das wollen wir auch nicht", betonte der Bürgermeister. Bei der Klausur werde man über Änderungen der Ortsgestaltungssatzung beraten, die dann noch einmal dem Gemeinderat vorgestellt würden.

Tempo 30 ist keine gemeindliche Aufgabe

Eine Absage erteilte Klaffenbacher Anträgen, die Tempo 30 in verschiedenen Ortsbereichen fordern, etwa zwischen Tratenbach und Hirschbach oder in der Demmeljochstraße. Solche Entscheidungen könnten ausschließlich von den Straßenverkehrsbehörden getroffen werden. "Das sind staatliche Aufgaben, nicht gemeindliche", betonte Klaffenbacher. Man werde aber die von den Bürgern vorgeschlagenen Abschnitte bei der nächsten Verkehrsschau einbeziehen. Das Thema "Verkehrsberuhigung" werde im Übrigen auch im Rahmen der Klausur "intensiv beraten".

Ein weiterer Antrag bezog sich auf den Hirschbachwald, der aus Sicht eines Bürgers als "geschützter Landschaftsbestandteil" bei der Unteren Naturschutzbehörde eingereicht werden solle. Der Gemeinde gehöre aber nur ein Fünftel der Fläche, sagte Klaffenbacher. Außerdem könnte durch einen solchen Schutzstatus Wälder nur noch eingeschränkt genutzt werden - was in der Vergangenheit bei der Ausweisung von FFH-Flächen zu Konflikten geführt habe. Die Gemeinde werde das Gebiet deshalb nur vorschlagen, "wenn alle Eigentümer zustimmen".

Auch den Vorschlag, ein Förderprogramm für Lastenfahrräder aufzulegen, hält Klaffenbacher aus finanziellen Gründen für kaum möglich. Es gebe bereits staatliche Förderprogramme, die man gerne im Gemeindeblatt zusammenstellen werde.

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