Wintertourismus:Am Brauneck bleibt der Hintern kalt

Wintertourismus: Ein Netz von Schneekanonen stellt die Beschneiung am Brauneck sicher. Daran können die Betreiber auch kaum sparen. Die Sitzheizung wie hier an der Schrödelsteinbahn wird aber ausbleiben, um Energie zu sparen.

Ein Netz von Schneekanonen stellt die Beschneiung am Brauneck sicher. Daran können die Betreiber auch kaum sparen. Die Sitzheizung wie hier an der Schrödelsteinbahn wird aber ausbleiben, um Energie zu sparen.

(Foto: Manfred Neubauer)

Die Brauneck-Bergbahn muss in diesem Winter wegen der hohen Energiekosten deutlich mehr für die Infrastruktur zahlen - vom Liftbetrieb bis zur Beschneiung. Sie erhöht daher die Preise und stellt die Sitzheizungen ab.

Von Benjamin Engel, Lenggries/Kochel am See

Kein modernes größeres Skigebiet könnte heutzutage ohne eine umfangreiche Infrastruktur weiter existieren - und die kostet viel Geld und Energie. Tonnenschwere Pistenraupen brauchen Unmengen Dieseltreibstoff, um die Abfahrten glatt zu präparieren. Schon vor der Pandemie hat die Brauneck- und Wallbergbahn GmbH an die 100 000 Euro ausgegeben, um die Hänge am Brauneck in einer Saison zu beschneien. Allein für die 2019 neu eröffnete Schrödelsteinbahn im Finstermünzkessel am auch bei Münchner Tagesausflüglern beliebten Lenggrieser Hausberg waren inklusive Beschneiungsanlage zehn Millionen Euro fällig.

Beides muss erst einmal mit Einnahmen gegenfinanziert werden und würde ohne Strom nicht laufen. Doch die Preise für Energie sind massiv gestiegen, jüngst infolge des Ukraine-Kriegs. "Wir zahlen bis zu 300 Prozent mehr als in den vorherigen Durchschnittsjahren", sagt Antonia Asenstorfer, Sprecherin des Skiverbunds Alpen Plus, zu dem auch das Brauneck gehört. Im Skigebiet treibt das die Kosten nach oben. Darauf reagiert der Betreiber: Einerseits sucht er nach Energieeinsparmöglichkeiten, andererseit werden aber auch die Preise für die Skipässe erhöht. Für das Erwachsenen-Tagesticket müssen die Wintersportler zur Hauptsaison nun 48 Euro zahlen - 15 Prozent oder sechs Euro mehr als bislang. Kinder zwischen sechs und 15 Jahren zahlen 23 statt 22 Euro, fünf Prozent mehr.

Wintertourismus: Am Brauneck könnte manche Piste im kommenden Winter nicht immer perfekt gewalzt sein. Denn die Bergbahn sucht nach Energiesparmöglichkeiten.

Am Brauneck könnte manche Piste im kommenden Winter nicht immer perfekt gewalzt sein. Denn die Bergbahn sucht nach Energiesparmöglichkeiten.

(Foto: Manfred Neubauer)

Einige werden sich angesichts dieser Preise fragen, ob sie sich das Skifahren dann noch leisten wollen oder können. Bei der Bergbahn hat man das einkalkuliert. "Uns werden sicherlich Kunden wegfallen", räumt Asenstorfer an. Der Betreiber müsse die gestiegenen Energiekosten aber zumindest teilweise an die Wintersportler weitergeben. "Wir versuchen es aber noch bezahlbar halten." Wer ihn bis Mitte November kauft, bekommt den Saisonskipass für die vier Gebiete im Alpen Plus-Verbund (Brauneck, Wallberg, Spitzingsee, Sudelfeld) für 420 Euro, eine Familie mit Kindern bis 15 Jahren zahlt 895 Euro. Auch das muss man sich erst einmal leisten können.

Angesichts dessen an der Beschneiung zu sparen, könnte sich die Bergbahn GmbH am Brauneck nicht erlauben. Wenn die Wintersportler schon mehr für den Skipass zahlen müssten, erwarteten sie auch ein gleichwertiges Qualitätsangebot, sagt Asenstorfer. Die Beschneiung braucht es, um trotz oft milden Winterwetters am 1555 Meter hohen Brauneck für ausreichend Schneesicherheit zu sorgen. Damit das funktioniert, muss es allerdings kalt genug sein. Denn Maschinenschnee zu erzeugen sei umso effizienter, je kälter es sei, erklärt die Skiverbund-Sperecherin. Vier bis fünf Grad minus sollte es am Lenggrieser Hausberg wegen der vergleichsweise relativ hohen Luftfeuchtigkeit mindestens haben. "Wir werden versuchen, noch stärker die Nachtstunden für die Grundbeschneiung zu nutzen", sagt Asenstorfer. Außerdem gebe es nachts weniger andere Großverbraucher, denen das Skigebiet den benötigten Strom wegnehmen könnte.

Wintertourismus: Nachts sind die Pistenraupen am Berg unterwegs. Dank moderner Computersysteme können die Fahrer möglichst effizient manövrieren.

Nachts sind die Pistenraupen am Berg unterwegs. Dank moderner Computersysteme können die Fahrer möglichst effizient manövrieren.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Spürbar mit Strom und Energie zu haushalten, ohne das Angebot zu stark zu beschränken, ist am Brauneck also kompliziert. Auf eine Annehmlichkeit werden die Skifahrer allerdings verzichten müssen: Die Sitzheizung, die in modernen Liftanlagen wie dem Milchäusl-Express oder der Schrödelsteinbahn längst obligatorisch ist, bleibt laut Asenstorfer in diesem Winter aus. Auch werden die Lifte im langsamer fahren - obgleich man natürlich auf viel oder wenig Andrang reagieren könne, erklärt Asenstorfer. "Damit lassen sich schon einige Kilowattstunden einsparen." Genauso seien auch die Fahrer der Pistenraupen angehalten, möglichst kraftstoffsparend unterwegs zu sein. Dank moderner digitaler Systeme sei zudem erkennbar, wie viel Schnee an jedem Punkt der Piste liege. Das mache es effizienter, die Hänge zu präparieren. Womöglich könnte der ein oder andere auch mal nicht perfekt gewalzt werden, so Asentorfer. Mit all diesen Maßnahmen werde es die Brauneck Bergbahn schätzungsweise schaffen, um die zehn Prozent Energie einzusparen.

Mehr und mehr erneuerbare Energieträger zu nutzen, wird auch im Fokus der Bergbahn daher relevanter. Schon jetzt decke eine Photovoltaikanlage an der Talstation der Gondelbahn einen Großteil des dort anfallenden Energiebedarfs, sagt Asenstorfer. Auch werde geprüft, was in diesem Segment noch ausbaubar sei. Auf elektrische statt dieselbetriebene Pistenraupen zu setzen, sei momentan aber keine Option. Bislang sei die Akkuleistung für einen effizienten Betrieb zu gering, erklärt Asenstorfer.

Von den Energiesparmaßnahmen sollen die Skifahrer möglichst wenig merken. Das ist Asenstorfer wichtig. "Wir sind ein wichtiger Arbeitgeber in der Region", sagt sie. Zudem sicherten mit dem Skigebiet Hüttenwirte, Skischulen, Handwerks- und Lebensmittelbetriebe sowie Übernachtungsbetriebe ihre Existenz.

Wintertourismus: Vor allem bei Familien mit Kindern sind die Ötzlifte bei Kochel am See beliebt. Dafür muss es aber erst einmal genügend schneien. Geräte zur maschinellen Erzeugung gibt es nicht.

Vor allem bei Familien mit Kindern sind die Ötzlifte bei Kochel am See beliebt. Dafür muss es aber erst einmal genügend schneien. Geräte zur maschinellen Erzeugung gibt es nicht.

(Foto: Manfred Neubauer)

Mittel- bis langfristig dürften die Geschäfte durch die Klimaerwärmung vor allem für niedriger gelegene Skigebiete trotzdem schwieriger, wenn nicht bestandsbedrohend werden. Unter milderen Wintertemperaturen leiden die wenigen noch verbliebenen, kleinen Liftbetreiber im Landkreis schon heute. Vor allem dann, wenn Schneekanonen viel zu teuer sind, wie für die vier Betreiber der Ötzlifte bei Kochel am See. Einer von ihnen ist Michael Krinner. "Alle drei vergangenen Winter sind ausgefallen", berichtet er. Das lag auch daran, dass der Skibetrieb in der Saison 2020/2021 wegen der Pandemie gar nicht erlaubt war. In den anderen beiden Wintern reichte der Schnee nicht. "Nur mit Eigenmitteln wären wir pleite", sagt Krinner. Doch ein Sponsor aus dem Ort habe gespendet, um die Ötzlifte mit ihren 1,6 Pistenkilometern zu erhalten. Außerdem habe sich die Kommune explizit zu deren Fortbestand bekannt.

Wintertourismus: An der Bayernhütte auf dem Brauneck bleibt kommenden Winter die Nachtbeleuchtung aus.

An der Bayernhütte auf dem Brauneck bleibt kommenden Winter die Nachtbeleuchtung aus.

(Foto: Michael Geyer)

Noch haben sich Krinner und seine Betreiberkollegen allerdings noch nicht mit der kommenden Wintersaison beschäftigt. Die müsste erst einmal kalt und niederschlagsreich genug sein, damit die Ötzlifte mit Naturschnee überhaupt laufen können. Wie viel er für den Skipass verlangen wird, hat Krinner noch gar nicht kalkuliert. An den beiden mit strombetriebenen Talliften und dem dieselgetriebenen oberen Lift lasse sich die Geschwindigkeit jedenfalls nicht drosseln, um Energie zu sparen. Dennoch könnte die derzeitige Lage womöglich gerade den kleinen, lokalen Liftbetreibern zugute kommen, sagt Krinner: "Vielleicht werden den Leuten die großen Skigebiete zu teuer."

Wintertourismus: Oliver Vogl vom Verein Erholungsheim der Berufsfeuerwehr München sucht für die Florianshütte am Brauneck nach Möglichkeiten für erneuerbare Energieerzeugung.

Oliver Vogl vom Verein Erholungsheim der Berufsfeuerwehr München sucht für die Florianshütte am Brauneck nach Möglichkeiten für erneuerbare Energieerzeugung.

(Foto: privat)

Das würde dem Wirt der Bayernhütte auf dem Brauneck wohl weniger gefallen. Doch auch Michael Geyer treibt die Energiefrage um. Er will die Außenbeleuchtung für seine Hütte nachts früher ausschalten. Bis Mitternacht war dadurch bislang das Haus auch im Dunkeln vom Tal aus gut zu sehen. In Bezug aufs Einsparpotenzial sei dieser Schritt zwar eher symbolisch, sagt Geyer. "Aber es geht darum, dass man etwas tut." Energetisch sei die erst 2020 aufwendig von der Edith-Haberland-Wagner-Stiftung sanierte Bayernhütte ohnehin schon gut aufgestellt, sagt der Pächter. Er berichtet von der Photovoltaikanlage auf dem Dach, die auch die Fasssauna heizt, von der Pelletheizung oder der durch Bewegungsmelder gesteuerten Innenbeleuchtung. In der Hütte reiche es, auf 19 Grad zu heizen, sagt Geyer. Denn die Gäste wärmten die Räume durch ihre Körpertemperatur von ganz alleine auf.

Nur noch mit Heizöl kann hingegen der Verein "Erholungsheim für die Berufsfeuerwehr München" seine Florianshütte am Lenggrieser Hausberg versorgen. Laut dem stellvertretenden Vorsitzenden Oliver Vogl habe das Landratsamt wegen des Landschaftsbilds untersagt, die alte Solarthermie-Anlage zu ersetzen, als das Haus aus Brandschutzgründen geschlossen und saniert werden musste. Alle Möglichkeiten für andere Energieformen gelte es künftig auszuloten.

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