Lenggries/Bad Tölz:Wagemut auf wildem Wasser

Wenn Bootsfahrer auf der Isar in Not geraten, müssen die Rettungskräfte alles stehen und liegen lassen. Froh sind sie über den Leichtsinn der oft miserabel ausgerüsteten Schlauchbootkapitäne nicht

Von Suse Bucher-Pinell, Lenggries / Bad Tölz

Für die einen fängt eine Raftingtour auf der Isar als großer Spaß an, für die anderen endet sie in harter Arbeit. Wenn Bootfahrer auf dem Hochwasser führenden Fluss wie in den vergangenen Tagen in Not geraten, sind es die Rettungskräfte, die von einer Minute auf die andere alles stehen und liegen lassen und zum Einsatz eilen müssen. "Es ist ein Hohn, den Männern, den Familien und der Arbeitswelt gegenüber", schimpft eine Lenggrieserin nach dem jüngsten Einsatz ihres Mannes am Sonntag. Familienausflüge scheiterten, Kollegen müssten Arbeit übernehmen, Frauen zu Hause ihre Männer vertreten, und das alles wegen des Leichtsinns einiger Mitmenschen. Sie, die früher selbst Kajak gefahren ist, kann Veranstalter nicht verstehen, die weiterhin Touren auf der Isar teils mit, teils ohne Guide anbieten. "Das ist bei der derzeitigen Strömung und dem Treibgut zu gefährlich", warnt sie.

So streng sehen es nicht alle. Wolfgang Hofmann von der Tölzer Wasserwacht hält von einem generellen Verbot nichts, mahnt aber dennoch zur Vorsicht: "Nicht jeder kann die Isar derzeit befahren und auch nicht in jeder Ausrüstung." Leute mit kurzer Hose und T-Shirt in leichten Schlauchbooten vom Discounter hätten auf dem Fluss nichts zu suchen. "Das ist unverantwortlich und ungefähr so, wie wenn jemand mit kurzer Hose und Sandalen ins Hochgebirge geht." Eine Ausrüstung mit einem kompletten Neoprenanzug, Schutzweste und Helm seien das Minimum. Am besten nehme man noch einen Wurfretter mit, eine spezielle Leine, mit der Gekenterte geborgen werden können. Er rät auch davon ab, allein zu fahren, sondern empfiehlt, immer im Team unterwegs zu sein und einen erfahrenen Führer mitzunehmen. Den schickt Heiner Eck vom Lenggrieser Veranstalter Snow and Raft mit auf die Touren seiner Gäste. Auch er hält von einem generellen Verbot nichts, es wäre kontraproduktiv, schon aus touristischen Gründen. Seine Raftingtouren in entsprechenden Booten bietet er bis zum Flusspegel von 2,20 Meter an, was immerhin der Meldestufe 1 entspricht. Steige der Durchfluss der Isar allerdings auf über 250 Kubikmeter je Sekunde an, ungefähr auf das Doppelte wie zu normalen Zeiten, sei auch für ihn Schluss. "Dann wird es zu gefährlich", sagt er. Diese Daten sind auf der Internetseite des Hochwassernachrichtendienstes Bayern für jeden nachzulesen und werden regelmäßig aktualisiert. Die Isar sei im Übrigen das leichteste Rafting-Revier im Alpenbereich, auch bei Hochwasser, in Österreich gebe es ganz andere.

Schlauchbootfahrer Isar

Riskant für Rafter und Retter: Viele Schlauchbootfahrer auf der Isar lassen sich auch bei Hochwasser von ihrem Funsport nicht abhalten.

(Foto: Manfred Neubauer)

Auch Eck sieht vor allem Privatfahrer in Gefahr, die ganz ohne oder mit schlechter Einweisung unterwegs sind, ihr Können überschätzen und in schwierigen Situationen ihr Boot dann nicht mehr steuern können. "Die lassen sich mit der Strömung treiben", sagt er. Deshalb verleiht er keine Schlauchboote mehr. Und billige Discounterboote gehörten sowieso nur auf ruhige Gewässer wie Seen.

Das Thema Schlauchboot bringt Uwe Irzinger von Action & Funtours mit Station in Bad Tölz in eine "Zwickmühle". Er verleiht nämlich Schlauchbootkanadier auf der Strecke zwischen Bad Tölz und Wolfratshausen, möchte aber keinesfalls, dass Leute mit wenig Erfahrung und schlechter Ausrüstung überhaupt auf die Idee kommen, auf die Isar zu gehen. Auch er legt Wert auf Erfahrung, Ausrüstung und ein gutes Boot. Die Bootsfahrer steigen nach einer Einweisung hinter dem Wehr an der Isar ein.

Die zitierte Lenggrieserin ist dennoch verärgert, wenn Feuerwehrleute und andere Rettungsdienstler immer wieder allzu "wagemutige, geldgierige und abenteuerlustige Leute" aus der Isar retten müssen. Offenbar zähle das Geld, das mit Rafting-Touren eingenommen werden könne, mehr als die Sicherheit, sagt sie. Die Kosten für Einsätze übernehme üblicherweise die Krankenkasse, bei grober Fahrlässigkeit müssten sie die Betroffenen selber zahlen, sagt Hofmann. Er melde die Einsätze an eine Abrechnungsstelle, alles weitere leite diese in die Wege.

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