Launige Rede zur Lage:Söder-Show im Sauna-Zelt

Lesezeit: 2 min

Der bayerische Ministerpräsident genießt seinen Auftritt bei der 1250-Jahr-Feier des Örtchens Thanning. Auf einer Woge der Zustimmung galoppiert der Franke durch aktuelle Themen und vergleicht die SPD mit seiner Tante.

Von Claudia Koestler, Egling

Erst noch ein Winken, dann die tiefe Verbeugung vor dem Publikum, ganz so, als sollte eigentlich ein Vorhang fallen müssen: Markus Söder hat seinen Auftritt im Festzelt von Thanning am Dienstagabend sichtlich genossen. Fast so, wie ein Schauspieler vom Dank des Auditoriums lebt, ließ er den Applaus des Thanninger Publikums mit geschlossenen Augen auf sich wirken. Dass die Anzeige auf den Thermometern draußen längst über 36 Grad geklettert war und sich das Festzelt, obwohl mit etwa 1000 Besuchern zu etwa einem Drittel gefüllt, in eine Sauna verwandelt hatte? Nichts, was den Ministerpräsidenten ins Schwitzen hätte bringen können.

Stattdessen nahm er erst einmal ein Bad in der Menge: Als er zum Bayerischen Defiliermarsch einzog, schüttelte er vielen aus den ersten Bankreihen die Hand, setzte sich zum Tisch von Orts- und Kreisverband und griff beherzt auf der Wurstplatte zum Radiserl. In Thanning, das heuer 1250 Jahre Bestehen feiert, traf der Ministerpräsident auf Einladung der Orts-CSU auf ein Forum, in dem die Parameter Tracht, Stolz und Heimat bereits so klar umrissen waren, dass der Franke problemlos auch in einem Poloshirt inmitten oberbayerischer Trachtler auf einer Woge des Affirmativen reiten konnte: So muss man sich wohl einen entspannten, vielleicht sogar erfrischenden Abend für einen Politiker vorstellen. Zumal Söder zwar im Cantergalopp alle derzeit heißen Themen ansprach, aber sie in wenige, klare Feststellungen eindampfte und mit gelegentlichen Ausflügen ins Launige oder zu wohldosierten Vergleichen aus dem Privaten auch hin und wieder den Druck rausnahm.

Bayern müsse in Zukunft "leistungsfähig, aber liebenswert" bleiben, so heißt das Pendant zu "Laptop und Lederhose" heute. Eigentlich kam Söder aber mit einem klaren Appell: "Ich will Werbung machen für mehr Grundoptimismus." Bayern gehe es gut, "sogar so gut, dass alle zu uns wollen". Stichwort Länderfinanzausgleich: "Bayern und der Süden dürfen nicht zu kurz kommen." Die Digitalisierung werde die Lebensbereiche grundlegend verändern, hier wünscht er sich "Neugierde und Freude an der Zukunft." Er setzt klar auf den Ausbau der künstlichen Intelligenz, sogar in Verbindung mit Luft und Raumfahrt, um etwa "landwirtschaftliche Prozesse zu optimieren und aus der Luft zu beobachten". Denn: "Wer sich nicht traut, in der Weltliga zu spielen, steigt ganz schnell ab." Den Klimawandel könne man nicht leugnen, und "nichts zu tun, wäre inakzeptabel". Auch hier sieht Söder Bayern in einer Vorreiterrolle: Dort müssten die Ideen und Technologien entwickelt werden, die andere Länder dann übernehmen könnten. Eine bayerische Grundsteuer findet er "super, mittelsuper hingegen den Soli". Der müsse weg, sagte Söder. "Wir haben unseren Beitrag geleistet." Und "nicht super" sei die Sache mit der Maut. "Ich mag die Österreicher, ich schätze Kurz, sie gehen charmant mit ihren Gesetzen um, aber die Fahrverbote ärgern uns."

Lob gab es hingegen für den Koalitionspartner, die Freien Wähler: "Ich bin dankbar und froh über die hervorragende Zusammenarbeit in Bayern, denn wir regieren effizient und geräuschlos. Wir machen nicht jeden Tag einen Tanz darüber, wer der Bessere und Schönere ist." Für die "alte Tante SPD" hingegen bemühte er einen Vergleich aus der Familie: "Ich hatte zwei Tanten, Tante Hilde und Tante Sabine. Hilde war eine relativ aparte Dame, hatte Glück, war nicht verheiratet. Hilde ging's gut, aber sie hatte immer etwas zu kritisieren und erzählte endlos, was alles nicht gut ist. Tante Sabine war eigentlich bettlägerig und saß die ganze Zeit in ihrem Zimmer. Aber es war immer gute Stimmung bei ihr." Auf die Frage nach dem Warum habe sie erklärt: "Weißt du, wer jammert, der bekommt keinen Besuch."

Ein Manfred Weber als Kommissionspräsident der EU würde ihm gefallen, ließ er abschließend noch wissen, ehe er nach gut eineinhalb Stunden seinen Applaus abholte und entschwand. Wenn nun andere EU-Länder sagten, sie wollten keinen Deutschen, "dann kann ich nur eines sagen, es muss nicht ein Deutscher sein, ein Bayer reicht auch".

© SZ vom 27.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: