Landrat Josef Niedermaier stimmt zu:Tourismus braucht einen neuen Schub

St. Margareth Walchensee Zwergern

Zum schönen Ambiente wie hier am Walchensee muss nach Meinung der Fachleute ein besseres digitales und infrastrukturelles Angebot kommen.

Vertreter der Fachverbände setzen sich für Digitalisierung und Mitarbeiter-Akquise aus dem Ausland ein

Von .Marie Heßlinger

Nach einer langen Corona-Flaute werfen Vertreterinnen und Vertreter der oberbayerischen Gastronomie einen Blick in die Zukunft. Sie sind sich einig: Corona habe zwar zu schweren Verlusten geführt, sei für den Tourismus in Oberbayern aber gleichzeitig eine Chance. Allerdings müsste sich ihrer Ansicht nach in der Region einiges ändern. Das Zauberwort heißt Digitalisierung.

Stefan Neumann, Vertreter der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW), zog bei der Online-Pressekonferenz, zu der sein Verein vergangenen Donnerstag geladen hatte, zunächst einmal Bilanz: In der ersten Hälfte des Jahres 2021 seien die Zahlen der Übernachtungsgäste in Bayern um 40 Prozent eingebrochen. Ebensoviele der bayerische Hotels und Gaststätten fühlten sich damit in ihrer Existenz gefährdet. 23 Prozent von ihnen dächten sogar über eine Aufgabe ihrer Betriebe nach, so die Ergebnisse einer Umfrage des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga Bayern. Vor dem Hintergrund dieser Gefahr müsse man nun auch die Chancen der Pandemie nutzen, sagte Neumann.

"Viele Menschen haben wegen der eingeschränkten Reisemöglichkeiten wieder erlebt, wie schön Deutschland und insbesondere unser Oberbayern und das Oberland ist", sagte er in seinem Vortrag. "Der Trend zum Inlandstourismus wird sich aller Voraussicht nach fortsetzen." Um diesen Trend zu nutzen, müsse sich die Region jedoch drei Kernthemen vornehmen: Klimawandel, Digitalisierung und Infrastruktur. Sie gehen Hand in Hand.

Sei es die Buchung im Voraus oder die Kundenbindung nach Abreise - das Internet erleichtere viele Schritte und stehe der bayerischen Romantik keinesfalls im Weg, ganz im Gegenteil, so die Mitdiskutierenden. Auch müsse man sich überlegen, wie man ausländische Touristen erreichen könne, wenn die Deutschen statt nach Bayern wieder ins Ausland reisten. Die Region brauche daher "einen Digitalisierungsschub in den Betrieben", sagte Neumann.

Bessere Infrastruktur

Im Zuge dessen ließen sich auch Verkehrsangebote verbessern - die wiederum der Umwelt zugute kämen: Bike- oder Car-Sharing-Angebote, Bus-Shuttles, die auch in entlegene Gegenden führen könnten, Hol- und Bringdienste oder Apps, die freie Parkplätze ausweisen. Für all das, sagte Neumann, seien jedoch auch flächendeckende und schnelle Mobilfunkanbindungen nötig - und somit eine bessere Infrastruktur.

Um Touristen, die mit dem Auto in die Berge reisen, eine umweltfreundlichere Alternative zu bieten, sei vor allem ein besseres Netz der öffentlichen Verkehrsmittel gefragt. Bei diesem Punkt richteten sich alle Augen auf Josef Niedermaier (Freie Wähler), den bei der Konferenz ebenfalls zugeschalteten Landrat des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen.

Auch Niedermaier sprach sich dafür aus, öffentliche Verkehrsanbindungen und Streckennetze auf dem Land zu erweitern. Finanziell brauche der Landkreis jedoch für solche Projekte Unterstützung von oben. Bei der Siedlungspolitik sollten Kommunen darauf achten, Baugebiete nicht an entlegenen Orten auszuweisen, sagte der Landrat.

Christian Bär, Hotelier aus Murnau und Kreisvorsitzender der Dehoga in Garmisch-Partenkirchen, wies auf eine weitere Herausforderung neben Klimaschutz und Infrastruktur hin: Es gebe zwar in seiner Region viele Hotels, aber immer weniger Restaurants. Das habe er auch mit fehlender Wertschätzung für das Gewerbe zu tun. Dabei seien Hotellerie und Gastronomie wichtig für die Wirtschaft, Gastronomen entscheidende "Energiegeber" - ihren Gästen gäben sie die Möglichkeit, Energie zu tanken. "Ohne Pause ist die Wirtschaft nicht voll leistungsfähig", sagte Bär. Die Freundlichkeit der Servicekräfte sei dabei unabdingbar: "Ohne das ist Oberbayern als Region nichts wert." Ob ihre Arbeit geschätzt werde, zeige sich jedoch am Gehalt. "Ich denke, dass wir mit unserer hohen Leistung, die wir geben, zu billig sind", sagte Bär.

Ein Problem, das sich aus einem Mangel an Wertschätzung zudem zu ergeben scheint, sprach Jutta Griess, Dehoga-Bezirksvorsitzende für Oberbayern, an: Im Service fehlten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Immer weniger Deutsche seien bereit, in der Gastronomie zu arbeiten. Man müsse daher versuchen, Arbeitskräfte aus dem Ausland zu akquirieren. Die bürokratischen Hürden seien dafür jedoch oft zu hoch. Man solle die Grenzen für diese Menschen öffnen, forderte Griess. "Die ganze Qualität, die wir jahrelang aufgebaut haben", gehe sonst "Stück für Stück kaputt"

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