Depression:Hilfe an dunklen Tagen

Depression: In schwierigen Lebenslagen helfen(v.l.): Richard Nefzger, Sonja Baier, Sonja Prassas, Susanne Gühring, Christine Hofmann, Thea Birrer, Doris Beuth.

In schwierigen Lebenslagen helfen(v.l.): Richard Nefzger, Sonja Baier, Sonja Prassas, Susanne Gühring, Christine Hofmann, Thea Birrer, Doris Beuth.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Wenn Menschen nicht mehr mit ihrer Lebenssituation zurechtkommen, ist er da: Der Sozialpsychiatrische Dienst der Caritas unterstützt seit 30 Jahren bei psychologischen Problemen.

Von Claudia Koestler

Was noch immer oft als persönliches Versagen und nicht als Erkrankung gedeutet wird, ist keineswegs eine Randerscheinung: Psychische Probleme oder Störungen wie Depressionen und Burnout zum Beispiel sind längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen, nicht zuletzt durch viele Prominente, die sich öffentlich dazu bekennen. Und die Gründe sind vielfältig, warum Menschen mit den Verhältnissen nicht mehr zurechtkommen und erkranken. Doch für alle gibt es Hilfe: Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen zum Beispiel durch den Sozialpsychiatrischen Dienst der Caritas mit Sitz in Geretsried. Seit genau 30 Jahren ist der Dienst Anlaufstelle für psychisch kranke Menschen, die ihren Alltag noch nicht oder nicht mehr selbständig bewältigen können. Damit fungiert er mit einem breiten Kooperationsnetzwerk als Schnittstelle zwischen stationärer und ambulanter Therapie, Ärzten und Sozialberatern. "Ein großer Dienst mit vielen Bausteinen", brachte es Fachdienstleiterin Doris Beuth auf den Punkt.

Das Jubiläum nutzen die Mitarbeiter, um das vielfältige Angebot des Dienstes noch bekannter zu machen. Die Hilfen richten sich an Landkreisbürger ab dem 18. Lebensjahr, die chronisch oder akut psychisch erkrankt sind, davon bedroht sind oder in einer Krise stecken. Unterstützung bietet der Sozialpsychiatrische Dienst zudem Angehörigen und Menschen aus dem sozialen Umfeld von Betroffenen. Wichtig dabei: Die Dienstleistungen sind kostenlos mit Ausnahme des Betreuten Wohnens, und alle Mitarbeiter unterliegen einer strikten Schweigepflicht.

Am 1. März 1986 mit gerade einmal zwei Stellen gegründet, zählt der Sozialpsychiatrische Dienst im Landkreis heute 26 Beschäftigte und etwa 28 ehrenamtliche Helfer, die sich in unterschiedlichen Bereichen betätigen - in den therapeutischen Wohngemeinschaften, beim betreuten Einzelwohnen, in der Tagesstätte "Ausblick" in Geretsried, in Beschäftigungsprojekten zum Zuverdienst der Betroffenen oder in der Beratungsstelle. Diese konnte in den vergangenen drei Jahren in 46 Beratungsgesprächen und bei zehn Hausbesuchen helfen. "Ziel ist, für dem Betroffenen ein Leben in all seinen Facetten dort zu ermöglichen, wo er seinen Lebensmittelpunkt hat", erklärte Leiterin Beuth. Darüber hinaus steht die Besserung oder Stabilisierung im Vordergrund, eine Abmilderung der negativen Auswirkungen der Erkrankung und die Vermittlung und Abstimmung von weiteren Hilfsangeboten.

Konkret unterstützt werden Betroffene zunächst mit einer Beratung in Form von Einzelgesprächen, Familiengesprächen, Hausbesuchen oder auch dem Erstkontakt im Krankenhaus. Denn ganz wichtig ist es, dass mit niederschwelligen und bedürfnisorientierten, freiwilligen Angeboten die Scheu überwunden werden kann, sich Hilfe zu holen oder anzunehmen. "Wir wollen, dass die Betroffenen im Gespräch Vertrauen fassen und über ihre Probleme offen sprechen können", sagte der Psychologe Richard Nefzger. Um Menschen ab 60 Jahre und ihre individuellen Bedürfnisse hingegen kümmern sich die Mitarbeiter der Gerontopsychiatrischen Fachstelle. Das oberste Ziel ist hier der Zugewinn von Lebensqualität.

Ganz generell gilt: "Wir orientieren uns so nah wie möglich an den Bedürfnissen und Wünschen der Betroffenen", betont Nefzger, sowohl in der Beratung als auch beim Aufbau von Hilfeleistungen. "In vielen Fällen geht es auch immer um die Existenzsicherung", weiß der Psychologe. "Für uns bedeutet das oft, die Betroffenen beim Erhalt der Wohnung zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass sie zumindest das Existenzminimum zur Verfügung haben", sagte er. Beispielsweise hilft der Dienst dann beim Ausfüllen von Formularen und begleitet im Bedarfsfall auch zu Ämtern oder Institutionen. In verschiedenen Gruppenformen werden weitere Hilfestellungen angeboten, zum Beispiel mit der Tagesstätte, wo das Gemeinschaftserlebnis in einem geschützten Raum im Vordergrund steht. Klienten mit Erwerbsminderung können in einem Beschäftigungsprojekt, etwa im Hausmeisterdienst oder im Kinderladen, arbeiten. Und wer einen höheren Begleitungsbedarf hat, kann über das Betreute Einzelwohnen, also in den eigenen vier Wänden, oder durch Einzug in eine betreute, therapeutische Wohngemeinschaft unterstützt werden.

Einige Wünsche hat der Sozialpsychiatrische Dienst noch: "Mehr bezahlbarer Wohnraum, mehr Psychotherapieplätze und mehr Arbeitsplätze für Betroffene", sagte Leiterin Beuth. Und den vielleicht größten Wunsch versucht der Dienst auch selbst jeden Tag mit seiner Arbeit zu verwirklichen: "Dass Stigmatisierung und Ausgrenzung von psychischen Erkrankungen nicht länger Thema in der Gesellschaft sind." Die Erfolge motivieren das Team: So absolvieren zum Beispiel zwei ehemalige Klienten inzwischen die Ausbildung zum Genesungsbegleiter, wechseln also von Betroffenen zu Betreuenden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: