Landgericht MünchenTrio soll Drogenschulden gewaltsam eingetrieben haben

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Blick auf das Gerichtsgebäude für das Landgericht I und II, das Oberlandesgericht und die Staatsanwaltschaft in der Nymphenburger Straße.
Blick auf das Gerichtsgebäude für das Landgericht I und II, das Oberlandesgericht und die Staatsanwaltschaft in der Nymphenburger Straße. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Drei Angeklagte aus dem Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen sollen einen 17-jährigen Jugendlichen entführt, an einen Baum gefesselt und geschlagen haben. Es soll darum gegangen sein, ausstehendes Geld aus einem Marihuana-Geschäft einzutreiben.

Von Benjamin Engel, München/Bad Tölz-Wolfratshausen

Weil ein Jugendlicher 1500 Euro aus einem Drogengeschäft schuldig geblieben sein soll, hat ein Trio junger Männer aus dem Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen den 17-Jährigen laut Anklage der Staatsanwaltschaft München II massiv bedroht und drangsaliert. Die drei inzwischen 24-Jährigen sollen den sieben Jahre Jüngeren in ein Auto gezwungen, ihn im Wald an einen Baum gebunden sowie mit Fäusten und einem Gürtel geschlagen haben.

Zwei der Angeklagten sollen den Jugendlichen am 27. April 2024 zudem an den Füßen gepackt und am Sylvensteinspeicher mit dem Kopf nach unten über einem etwa 15 Meter hohen Abgrund haben baumeln lassen. Schließlich sollen die Mutter und ein Onkel des Jugendlichen die geforderte Summe von 1500 Euro bezahlt haben.

Das Trio sitzt seit Juni 2024 in Untersuchungshaft

Gegen die drei jungen Männer, die seit Mitte Juni in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim in Untersuchungshaft sitzen, begann am Donnerstag der Prozess vor der 11. Strafkammer des Landgerichts München II. Zum angeklagten Tätertrio zählen ein Auszubildender, ein Einzelhandelskaufmann sowie ein Informatiker. Dieser äußerte sich zu den Tatvorwürfen. Seiner Schilderung nach war er aber nur zufällig in die Situation hineingeraten und konnte einige wichtige Details der Anklage nicht bestätigen. „Ich hatte selbst Angst, dass mir dasselbe passiert“, sagte der Informatiker.

Was so eskalierte, hatte damit begonnen, dass der Jugendliche im Dezember 2023 ein halbes Kilogramm Marihuana für 1500 Euro auf Kommission gekauft haben soll, um dies weiterzuverkaufen. Die versteckte Droge soll ihm jedoch selbst gestohlen worden sein, weswegen der Jugendliche das Geld nicht zurückzahlen konnte und verabredeten Übergabetreffen fernblieb.

Am Tattag passte das Trio den 17-Jährigen in Bad Tölz ab. Anschließend soll es ihn in ein Auto genötigt haben und in Richtung Königsdorf gefahren sein. In einem Wald soll das Trio den Jugendlichen gedrängt haben, sich bis auf die Unterhose auszuziehen und an einen Baum zu stellen. Laut Anklage soll der 17-Jährige mit einem um Brust und Hals geschlungenen Plastikseil an den Stamm gebunden und die Hände mit Kabelbinder hinter dem Rücken gefesselt worden sein. Schließlich soll das Trio den Jugendlichen mit einem Gürtel traktiert haben.

Von den Faustschlägen gibt es ein Video

Es soll auch darum gegangen sein, warum dieser die Reifen am Auto des angeklagten Einzelhandelskaufmanns zerstochen haben soll. Als der Jugendliche auf Aufforderung nicht um Vergebung bat, soll ihm der Einzelhandelskaufmann dreimal mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Das filmte der ebenso angeklagte Auszubildende mit einem Handy.

Nach einer Weiterfahrt an den Sylvensteinspeicher soll dieser den Jugendlichen gemeinsam mit dem Auszubildenden mit dem Kopf voraus über einen Abgrund geschwungen haben. Dort soll der Auszubildende den Jugendlichen zudem mit einem Küchenmesser bedroht haben. Schließlich zahlten dessen Verwandte die Summe von 1500 Euro.

Bei dem Geld sei es seiner Ansicht nur um das zerkratzte Auto und die zerstochenen Reifen des Einzelhandelskaufmanns gegangen, sagte der Angeklagte, der sich als einziger der drei am ersten Prozesstag äußerte. Dieser schilderte, dass ihn der Einzelhandelskaufmann darum gebeten habe, an einen ruhigen Ort zu fahren, um sich mit dem Jugendlichen unterhalten zu können. So sei es Richtung Königsdorf gegangen. „Irgendwann ist er richtig ausgerastet und wollte den Jugendlichen mit dem Messer angreifen“, so der Informatiker. „Er ist im ersten Moment ein ruhiger Mensch, im zweiten kann er um 180 Grad gedreht sein.“ Dann sehe er rot.

Um Schlimmeres abzuwenden, habe er den Gürtel des Dritten im Bunde genommen, um selbst zuzuschlagen und so die Situation mit dem Messer zu entschärfen. Dass die beiden anderen den Jugendlichen über den Abgrund gehalten hätten, stritt der Aussagende aber ab.

Ein weiterer Fall nach ähnlichem Schema

Zu einer zweiten Anklage, die nach einem vergleichbaren Tatschema abgelaufen sein soll, sagte keiner der drei Angeklagten etwas. Das wegen erpresserischem Menschenraub, gefährlicher Körperverletzung, Freiheitsberaubung und räuberischer Erpressung angeklagte Trio soll einen 19-Jährigen am 1. Mai 2024 in einen Wald bei Bad Heilbrunn entführt und mit einem Teleskopstock geschlagen haben. Der Vorwurf laut Anklage: Er habe die Reifen am Auto des Einzelhandelskaufmanns zerstochen und das Fahrzeug zerkratzt.

Das Trio soll 750 Euro gefordert haben, wovon der 19-Jährige sofort 100 Euro zahlte. Zu mehr kam es nicht, weil alle drei festgenommen wurden. Im Prozess vor dem Landgericht sind nun bis in den November hinein sechs weitere Verhandlungstage angesetzt.

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