Landgericht München II:Schmuckdiebstähle im großen Stil

Ein 73-jähriger Rentner steht vor Gericht, weil er unter anderem in Bad Tölz Juwelierläden ausgeräumt haben soll. Doch das zu beweisen dürfte schwierig sein.

Andreas Salch

Vielleicht war es ja ein ganz dicker Fisch, der den Beamten der Tölzer Polizei in den frühen Morgenstunden des 16. Februar vergangenen Jahres ins Netz gegangen ist: Dieter Sch., 73, Rentner aus Niedersachsen und obendrein ein notorischer Schmuckdieb. Davon geht zumindest die Staatsanwaltschaft am Landgericht München II aus, wo sich Sch. seit Dienstag wegen Diebstahls und Betrugs verantworten muss.

Landgericht München II: 400 000 Euro soll Dieter Sch. bei seinen Einbrüchen in Juweliergeschäfte erbeutet haben. Der 73-Jährige bestreitet die Tat.

400 000 Euro soll Dieter Sch. bei seinen Einbrüchen in Juweliergeschäfte erbeutet haben. Der 73-Jährige bestreitet die Tat.

(Foto: dpa)

An jenem Februartag des vergangenen Jahres wollte der 73-Jährige angeblich wieder einen Coup landen und soll versucht haben, ein Schmuckgeschäft in der Tölzer Innenstadt auszuräumen. Doch eine Zeitungsausträgerin habe Dieter Sch. laut Anklage gestört, als er die Eingangstüre aufbrechen wollte. Ein weiterer Zeuge, der ihn ebenfalls bemerkt habe, alarmierte schließlich die Polizei, und Dieter Sch. wurde festgenommen. Doch der 73-Jährige bestreitet die Tat. Ebenso wie vier Einbrüche in Juwelierläden in Tölz und Rosenheim, die er laut Anklage zwischen April 2009 und November 2010begangen haben soll.

Falls sich die Vorwürfe als zutreffend erweisen, hat der hagere, rüstige Senior mit Kinnbart und grauem Haarkranz eine Beute von knapp 400 000 Euro gemacht. Den Schmuck soll er an Scheideanstalten verkauft und dafür rund 172 000 Euro bekommen haben. Bei den vier Einbrüchen handelt es sich angeblich nur um die Spitze eines Eisberges. Die Fahnder vermuten, dass Dieter Sch. in den zurückliegenden Jahren nicht nur im Oberland, sondern in der gesamten Bundesrepublik sowie in Österreich in Juweliergeschäfte eingebrochen ist.

Bei der Justiz ist Dieter Sch. kein unbeschriebenes Blatt. Er ist mehrfach einschlägig vorbestraft und hat schon einige Jahre seines Lebens "durchs Gitter geguckt", wie er in Anspielung auf seine verbüßten Haftstrafen bei seiner Vernehmung schmunzelnd erklärte.

Ob der Angeklagte tatsächlich derjenige war, der Mitte Februar vorigen Jahres dabei beobachtet wurde, wie er sich an der Eingangstüre eines Schmuckgeschäftes in Bad Tölz zu schaffen machte, dürfte schwierig sein. Denn Sch.s Verteidiger, Rechtsanwalt Franz-Xaver Wittl, sagte am Rande der Verhandlung, dass der Zeuge nur einen "Mann mit Schlapphut" beobachtet habe. Dieter Sch. trug bei seiner Festnahme tatsächlich eine solche Kopfbedeckung, wie Wittl einräumte. Das Gesicht des Mannes, den der Zeuge vor der Eingangstüre des Juweliers beobachtete, habe dieser allerdings nicht gesehen, so der Verteidiger.

Neben den vier zur Diskussion stehenden Diebstählen wirft die Staatsanwaltschaft Dieter Sch. zusätzlich Sozialhilfebetrug vor. In den letzten Jahre soll er zu Unrecht rund 33 000 Euro an Sozialhilfeleistungen ergaunert haben.

Dieter Sch., der zuletzt 323,39 Euro an Grundsicherung sowie eine schmale Rente in Höhe von 337,92 Euro erhielt, habe mit den Einbrüchen seinen "aufwendigen Lebensstil" finanzieren wollen, wirft ihm die Anklage vor. Seine "regulären Einkünfte" hätten dafür nämlich nicht ausgereicht. Bei seiner Festnahme fand die Polizei bei Dieter Sch. unter anderem die Geldkarte einer seiner Töchter. Auf deren Konto, so haben die Ermittlungen ergeben, wurden mitunter hohe fünfstellige Beträge eingezahlt.

Dieter Sch. bestritt bei seiner Vernehmung vehement, dass es sich dabei um die Gewinne aus dem Verkauf des gestohlenen Schmucks handele. Um was für Beträge denn dann,wollten die Richter wissen: Geld aus "Aktiengeschäften", entgegnete der Senior, weitere Angaben machte er dazu nicht. Der Prozess dauert an.

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