Tödlicher Unfall bei Höhenrain:Kein illegales Autorennen

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(Foto: Arne Dedert/dpa)

Das Landgericht hebt die Haftstrafe für einen jungen Mann auf, dessen Fahrt seine Beifahrerin getötet hat.

Von Benjamin Engel, München/Wolfratshausen

Das Gefängnis bleibt dem jungen Mann, der im vergangenen Jahr nahe Höhenrain einen Unfall verursacht hatte, bei dem seine gleichaltrige Beifahrerin starb, wohl erspart. In der Berufsverhandlung vor dem Landgericht München II am Donnerstag hob die 3. Jugendkammer die Entscheidung des Amtsgerichts Wolfratshausen für eine dreijährige Haftstrafe auf. Laut der Vorsitzenden Richterin Gunilla Evers kann der Vorwurf eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens nicht aufrechterhalten werden, weil der damals 19-jährige Auszubildende zum Kfz-Mechatroniker die zulässige Höchstgeschwindigkeit von Tempo 100 nur um 20 Stundenkilometer überschritten hat.

Es bleibt eine Verurteilung des jungen Mannes wegen fahrlässiger Tötung nach Jugendstrafrecht. Der Angeklagte aus dem Landkreis Starnberg hat die Auflage, seine Ausbildung abzuschließen sowie eine Schuldnerberatung wegen der Prozesskosten aufzusuchen. Er soll seine Psychotherapie fortsetzen und dem Gericht darüber alle drei Monate berichten. Zudem ist er verpflichtet, 2000 Euro an die Deutsche Luftrettung zu zahlen. Auch soll er 2000 Euro der Gerichtskosten tragen. Seinen Führerschein erhält der junge Mann sofort wieder.

Die Verteidiger des Angeklagten hatten argumentiert, dass sich der Tempoverstoß im Rahmen einer Ordnungswidrigkeit bewege. Der Staatsanwalt plädierte für eine Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, die Nebenklagvertreterin für eine Jugendstrafe ohne Bewährung.

Das Auto war bei Höhenrain ins Schleudern geraten und an einen Baum gekracht

Auf der Staatsstraße 2070 fuhr der Angeklagte am 22. Mai 2023 von Dorfen (Gemeinde Icking, Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen) nach Höhenrain (Landkreis Starnberg). In einer lang gezogenen Rechtskurve übersteuerte er seinen Kombi laut Unfallgutachten bei einem Ausgangstempo von 120 bis 144 Stundenkilometern. Das Auto begann zu schleudern und rutschte 98 Meter quer durch die Unterführung der Garmischer Autobahn.

Schließlich prallte der Wagen mit der Beifahrerseite gegen einen Baum, der das Auto bis zu 80 Zentimeter tief eindrückte. Laut Arztbericht war die junge Frau auf dem Beifahrersitz sofort tot. Der Fahrer hatte unter anderem ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und wurde mit dem Krankenwagen in die Murnauer Unfallklinik gebracht.

„Wenn der Angeklagte nur Tempo 100 gefahren wäre, hätte das Auto geschleudert, aber wäre nicht am Baum angekommen“, so die Gutachterin. Der junge Mann hatte zugegeben, damals täglich Cannabis konsumiert zu haben. Nach dem Unfall war ein Wert von 4,5 Nanogramm des Wirkstoffs THC pro Milliliter Blut festgestellt worden. Ob der Fahrfehler darauf zurückzuführen sei, lasse sich allerdings nicht zweifelsfrei nachweisen, so eine Toxikologin.

Die Eltern der Getöteten vermissen die nötige Aufrichtigkeit

Emotional wurde es in der Berufsverhandlung, als sich die Angehörigen der getöteten jungen Frau zu Wort meldeten. Die Eltern schilderten, wie sehr es sie menschlich enttäuscht habe, dass sich der Angeklagte nach dem Unfall monatelang nicht gemeldet habe. „Dein Verhalten vor Gericht war für uns schwer zu ertragen. Da war keine Ernsthaftigkeit, Aufrichtigkeit“, so der Vater.

An die Familie der Getöteten hatte der junge Mann nach Monaten zwei Briefe geschrieben. Ein Treffen zum persönlichen Gespräch sagte er kurzfristig ab, weil es ihm selbst nicht gut gehe. In den Verhandlungen vor dem Amts- und Landgericht starrte der Auszubildende meist mit gesenktem Blick vor sich auf die Anklagebank.

In der Berufungsverhandlung entschuldigte sich der junge Mann nun für das Geschehene. Die Schwester der Getöteten warf ihm jedoch vor, alles verdrängen zu wollen und nicht die Wahrheit zu sagen. Sie selbst habe bleibende Ängste und müsse Antidepressiva und Schlaftabletten nehmen. Als die Richterin fragte, wie das auf ihn wirke, zuckte der junge Mann mit den Schultern. „Was soll ich dazu sagen? Mir wird ja doch nur vorgeworfen zu lügen.“

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