Landgericht:Geburtstag in der Zelle

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Am Darknet surft man besser vorbei. (Foto: Silas Stein/dpa)

Ein 26-jähriger Geretsrieder muss sich wegen mehrerer Vorfälle vor Gericht erklären

Von Andreas Salch, Geretsried/München

Die guten Vorsätze hielten nicht lange. Dabei hatte er sich als er 2014 aus der Untersuchungshaft entlassen wurde, geschworen, nie wieder Drogen zu konsumieren. Doch jetzt sitzt er wieder auf der Anklagebank. Ein 26-jähriger Geretsrieder. In wenigen Tagen hat er Geburtstag. Er wird ihn in einer Zelle verbringen, so wie die vier oder fünf nächsten Geburtstage auch, sollte er verurteilt werden. Seit Freitag muss sich der Account-Manager vor der 2. Strafkammer am Landgericht München II verantworten. Es geht wieder um Drogendelikte. Trotz der guten Vorsätze begann er 2015 doch wieder mit dem Konsum. Erst "Partydrogen", wie Ecstasy, Speed. Manchmal auch Kokain. Seit Ende 2015 dann Opium. Viel schwerer aber noch wiegt ein anderer Vorwurf in der Anklage der Staatsanwaltschaft. Im Juni 2016 verkaufte der Mann im Darknet eine scharfe halbautomatische Pistole vom Typ Norinco NP. Es handelt sich dabei um einen chinesischen Nachbau einer Pistole, wie sie auch von Teilen der Polizei in Deutschland noch verwendet wird.

Die Pistole samt 25 scharfen Patronen verkaufte der Geretsrieder zum Preis von 1560 Euro und brachte damit die Polizei auf seine Spur. Denn bei dem Käufer handelte es sich um einen verdeckt ermittelnden Fahnder des Bundeskriminalamtes. Die Waffe habe er im Alter von 17, 18 Jahren erworben, gestand der 26-Jährige. Er habe damals einen "Sammeltick" gehabt. Straftaten habe er mit der Pistole aber keine verüben wollen. Bei wem er die Waffe kaufte, wollte er nicht sagen. Er fürchte sonst Probleme zu bekommen, so der 26-Jährige.

Wenige Tage nach dem Verkauf der Pistole erstand er im Darknet Falschgeld. Insgesamt 200 gefälschte 50-Euro-Scheine. Das Angebot lautete vielversprechend: "200 x 50er Blüten der neuen verbesserten Version für 1400 Euro." Das überzeugte den Angeklagten. Er orderte das Falschgeld. Als er aber Opium damit bezahlte, das er bei einem Dealer gekauft hatte, flog er auf. "Ob ich blöd bin, mit Blüten zu bezahlen", habe ihn der Dealer gefragt, berichtete der Geretsrieder bei seiner Vernehmung. Daraufhin habe er die übrigen falschen Fünfziger verbrannt "und die Toilette runtergespült." Die "Idee" mit Falschgeld seinen Drogenkonsum zu finanzieren, hatte sich damit erledigt. Ende Juni 2016 verkaufte er zudem einmal ein Gramm Opium. Er habe probiert, sich "damit etwas dazuzuverdienen", sagte der Account-Manager.

Die Fahnder der Polizei beobachteten den Geretsrieder weiter. Anfang 2017 nahmen sie ihn fest. Dabei versetzte er einem Beamten einen Tritt in den Magen. Der Polizist hatte mit zwei Kollegen im Flur des Hauses gewartet, in dem der 26-Jährige wohnte. "Aus Reflex" sei das geschehen, beteuerte der Geretsrieder. Er habe die Polizisten, da sie zivil gekleidet waren, nicht als Polizisten erkannt. Vielmehr habe er sie für Geldeintreiber eines Dealers gehalten, bei dem er Schulden gehabt habe. Der Dealer habe ihm gedroht, sollte er nicht bald bezahlen, werde er ihm "jemanden vorbeischicken." Die Staatsanwaltschaft wertet den Vorfall als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Einer der Beamten habe eine Schutzweste mit der Aufschrift "Polizei" getragen. Ein anderer habe gerufen: "Halt Polizei! Stehenbleiben!" Der 26-Jährige bestreitet dies. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung fanden die Ermittler einen gefälschten niederländischen Führerschein. Angeblich ein Mitbringsel, das ein Freund des Angeklagten für diesen "gaudihalber" in Thailand besorgt habe. Der Prozess wird in zwei Wochen fortgesetzt.

© SZ vom 03.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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