Süddeutsche Zeitung

Kurzkritik:Auftakt mit Wucht

Schäftlarner Konzerte bieten faszinierende Raritäten dar

Von Ulrich Möller-Arnsberg, Schäftlarn

"Wir wünschen, dass sich das kulturelle Leben wie ein Phönix aus der Asche erhebt", sagte Petrus Höhensteiger, Abt des Klosters Schäftlarn am Samstag, als er die Konzertsaison in der Klosterkirche eröffnen konnte. Endlich geht es wieder los, kann man nur hinzufügen - und gleich wie. Die Organisatoren der Schäftlarner Konzerte haben die geforderten Hygiene-Bedingungen optimal genutzt. Derentwegen konnte man am Samstagabend mit den Musikern und Solisten Stücke erleben, die sonst kaum im Konzert zu hören sind.

Das Nonett op. 139 des Romantikers Joseph Gabriel Rheinberger (1839 bis 1901) machte den Anfang. Vor allem im "Adagio molto" loteten die neun Musiker unter der Leitung von Konzertmeister Markus Wolf mit feinsinnigem Gespür die gesanglichen Phrasen aus. Schon hier wurde klar, dass solche Interpretation weit mehr als ein Freizeitvergnügen ist, als was es offiziell von den Corona-Verordnungen apostrophiert wurde. Anders als vergangenen Juni, als Konzert- und Kulturveranstaltungen zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie wieder geöffnet hatten, hatte man nun auch am Platz die FFP2-Maske zu tragen. Das war ein bisschen gewöhnungsbedürftig für den vollen Genuss des musikalischen Geschehens. Aber wenn es denn hilft, nimmt man es vorübergehend in Kauf.

Noch eine Steigerung des Konzerts brachte der zweite Programmpunkt: Richard Wagners "Siegfried-Idyll" mit 13 Solisten unter der Leitung des Dirigenten Michael Forster. Ein Stück, das mit unschuldig fernem Streicherklang beginnt und sich dann nach dem Einsatz einzelner Bläser zur kammerorchestralen Wucht steigert. Michael Forster und den Musikern war anzumerken, wie viel ihnen dieses Auftaktkonzert bedeutete. Hinreißend schwebten Markus Wolf und seine Streicherkollegen über die beginnenden Wagner-Klänge, ungemein präzise stimmten sich die Bläsersolisten in Dynamik und Farbgebung für den weiteren dramaturgischen Verlauf ab. Und fasziniert verfolgte Johannes Moritz, Trompeter des Bayerischen Staatsorchesters, das musikalische Geschehen, bis er schließlich selbst am Kulminationspunkt der Musik für dreizehn Takte an die Reihe kam.

Nächstes Schäftlarner Konzert der Saison: Samstag, 3. Juli, ein Abend mit Werken von Franz Schubert, der Termin mit Beginn 17 Uhr ist bereits ausverkauft. Für 19.30 Uhr gibt es noch wenige Restkarten. Nähere Informationen unter www.schaeftlarner-konzerte.de

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Quelle:
SZ vom 14.06.2021
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