Kurioser Fall vor dem Verwaltungsgericht:Ein Hund und sein Anwalt

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"Rocky" brach wieder einmal zu Hause aus - und machte Bekanntschaft mit der Polizei.

Von Andreas Salch

Mitunter verteidigt der Geretsrieder Rechtsanwalt Stevan Krnjaic auch schon mal schwere Jungs vor Strafgerichten. Am Mittwoch legte er sich für Rocky vor dem Verwaltungsgericht München ins Zeug. Rocky ist allerdings ein Appenzeller Sennenhund. Bis Herbst vergangenen Jahres gehörte der Vierbeiner Rechtsanwalt Krnjaic. Inzwischen hat er ihn an eine Familie in München abgegeben. In Geretsried war Rocky laut Akten des Verwaltungsgerichts "polizeibekannt". Der Rüde büxte nämlich immer wieder mal aus. Bei diesen Gelegenheiten ging er "unbeaufsichtigt auf öffentlichen Straßen spazieren", wie es in den Akten heißt, überquerte sie oder blieb mitten auf der Fahrbahn einfach sitzen. Ein andermal fiel Rocky dadurch auf, dass er 40 Minuten lang ununterbrochen bellte.

Am 12. Juni vergangenen Jahres hatte sich der Sennenhund wieder mal aus dem Staub gemacht. Er wühlte sich unter einer Thujenhecke durch und schlüpfte so vom Anwesen seines Herrchens in die Freiheit. Auch diesmal bekam Rocky es mit der Polizei zu tun. Eine Streife holte ihn am Grundstück eines anderen Hundebesitzers in der Lausitzer Straße ab. Rocky hatte mit dessen Vierbeiner gespielt. Da der Mann weg musste, verständigte er die Polizei. Rocky landete also auf der Polizeiinspektion in der Jeschkenstraße.

Für die Sicherstellung des Vierbeiners stellte die Polizei Rechtsanwalt Krnjaic einen polizeilichen Leistungsbescheid in Höhe von 56 Euro in Rechnung. Doch den will der Strafverteidiger auf keinen Fall zahlen, weshalb er Klage vor dem Verwaltungsgericht München erhob. Es gehe ihm ums Prinzip, sagt Krnjaic. Die Sicherstellung seines Hundes sei überflüssig gewesen, argumentiert der Anwalt. Denn er habe sich schließlich nicht im öffentlichen Verkehrsraum befunden. Andernfalls hätte er den Leistungsbescheid auch bezahlt, sagt Krnjaic.

Bevor eine Streife Rocky in Gewahrsam nahm, hatte der Hundehalter in der Lausitzer Straße Krnjaic angerufen. Seine Handynummer stand auf der Hundemarke an Rockys Halsband. Doch der Strafverteidiger konnte nicht kommen. Er hatte beruflich zu tun und war nicht in Geretsried. Der Mann, mit dessen Vierbeiner Rocky spielte, hätte ihn einfach wegschicken sollen. "Der hätte alleine nach Hause gefunden", sagt Krnjaic.

Doch die Richter am Verwaltungsgericht teilten diese Ansicht nicht. Nur wenn ein Hund von einer geeigneten Person begleitet wird, dürfe er auf die Straße gelassen werden, zitierte die Vorsitzende Richterin Gertraud Beck aus dem Gesetz. Allein dürfe ein Hund nicht losziehen. "Die Sicherstellung war gerechtfertigt", befand Beck. Dennoch blieb Rechtsanwalt Krnjaic dabei: Rocky sei nicht auf öffentlichen Straßen unterwegs gewesen, sondern habe sich auf einem Privatgrundstück befunden, als ihn die Polizei abholte. Dort hätte der andere Hundehalter Rocky weiter dulden müssen. Immerhin habe er das Tier ja eine Zeitlang auf seinem Grundstück geduldet. Somit habe er eine "gewisse Verantwortung" für ihn übernommen, so Krnjaic.

Das Gericht sah dies allerdings nicht so. Der Hundehalter habe die Obhut beenden wollen, stellte die Richterin fest. Und überhaupt: Der Mann sei doch nicht Babysitter fremder Hunde. Da er Rocky nicht allein auf die Straße lassen wollte, habe er die Polizeiverständigt.

Damit jedoch gab sich Rechtsanwalt Stevan Krnjaic nicht zufrieden. Er beantragte, den Hundehalter als Zeugen zu vernehmen. Das Verfahren wird im nächsten Jahr fortgesetzt.

© SZ vom 05.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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