Ein nackter, dünner Frauenkörper hängt am Kreuz. Eine Dornenkrone hat sich in die Kopfhaut gebohrt. Blut tropft über Gesicht und Körper. Den unteren Teil des Bildes mit dem Titel "Frau am Kreuz auf Seide" zieren Passionsblumen im Art-déco-Stil. Die aufwendigen Blüten gelten als Sinnbild der Passion Christi: Die drei Griffel stehen für die Nägel, mit denen Jesus ans Kreuz geschlagen wurde, und die fünf Staubbeutel für die Wundmale.
"Die Frauen müssen immer ausbaden, was die Männer anrichten", sagt Ute Patel-Mißfeldt zu diesem Werk. Die Künstlerin nimmt Bezug auf die momentane Lage in der Ukraine. Frauen sind auf der Flucht, Leben in Angst und Schrecken und werden in Kriegszeiten misshandelt. Frauen leiden aber auch mit ihren Söhnen, die in Kriegshandlungen verwickelt sind oder sterben. Um den Menschen in der Ukraine zu helfen, spendet Patel-Mißfeldt die Hälfte des Verkaufserlöses großformatiger Bilder an die Osteuropahilfe.
Zur Eröffnung ihrer Ausstellung im Kunstturm am Schwankl-Eck in Wolfratshausen am Dienstgbend hat die berühmte Hutträgerin an diesem Nachmittag einen lilafarbenen Kopfschmuck mit Federbusch aufgesetzt. Dazu eine selbst entworfene und bemalte Seidenbluse über einem lilafarbenen Seidenrock. Auch ihren auffälligen Schmuck hat sie entworfen. Passend zum Outfit wählt sie die Farbe ihres Lippenstifts und der Fingernägel. Ute Patel-Mißfelds Lebensmotto lautet "Vom Vergnügen, anders zu sein".
Auch Karikaturen malt die Künstlerin auf Seide.
(Foto: Hartmut Pöstges)Noch immer hat die 82-jährige Künstlerin einen ungebrochenen Schaffensdrang. "Manchmal zittern meine Hände, aber sobald ich auf Seide male, ist der Pinselstrich fest und gerade", sagt sie. Acht großformatige Bilder auf Seide hat sie mit ihrer Tochter Isabell Patel für die Wolfratshauser Ausstellung ausgesucht. Auf den ersten Blick erkennt der Betrachter nicht, dass die Bilder auf einem so feinen und kostbaren Untergrund gemalt wurden. "Es braucht viel Erfahrung, bis man heraushat, wie sich die Farbe auf dem Stoff entwickelt. Ich bin eine Übende, und das schon seit 80 Jahren", sagt sie lachend. Über die Bilder ist ein durchsichtiger Chiffon gespannt, auch das ist kaum zu erkennen.
Insgesamt 45 Werke zeigt sie im Kunstturm des Kulturvereins Isar-Loisach (KIL). Darunter fünf filigrane Papier-Skulpturen, die auf weiße Sockel montiert sind und sich drehen können. Eine davon ist Königin Viktoria nachempfunden, zumindest das Gewand. Es besteht aus Butterbrotpapier, Schuhkarton und Tortenspitzen. Die Röcke hat Patel-Mißfeld alle eigenhändig bemalt mit zarten kleine Blumen oder Ornamenten. Puffärmel und Halskrausen in Miniatur hat sie ausgeschnitten, gefaltet und geklebt. "Die kleinen Quasten sind sehr schwer anzubringen", erzählt die Künstlerin. Eine Skulptur trägt einen winzigen Papierblumenstrauß in der Hand.
Patel-Mißfeldt hat für große Firmen exklusives Porzellan entworfen.
(Foto: Hartmut Pöstges)In den beiden oberen Etagen des Kunstturms hängen bunte Pastellbilder: Landschaften, Blumen und Schiffe. Absolut sehenswert ist die Porzellan-Kunst, die in einer Fensternische auf Fußbodenhöhe im ersten Stock zu finden ist: "Kaiserporzellan handvergoldet". Patel-Mißfeldt entwarf exklusives Porzellan für große Firmen. "Für sie habe ich in Taiwan Porzellan-Designer ausgebildet". Ungebremst nimmt die Frau alles an, was das Leben ihr so bietet.
Kunstturm am Schwankl-Eck, Obermarkt 33, Wolfratshausen; Samstag 12 bis 15 Uhr, Sonntag 12 bis 18 Uhr