Eine verrostete Blechdose, gefunden in Marokko, eine Reihe von Gitarren-Stimmwirbeln, zwei alte Messing-Türklinken, ein zerfleddertes Stück Dachpappe, stachlige Teile eines früheren Swimmingpool-Reinigers und angeschwemmtes Holz aus Griechenland: Es braucht schon eine ordentliche Portion Fantasie, Spielleidenschaft und künstlerisches Talent, um daraus ein archaisch anmutendes Relief mit dem Titel „Der Wächter“ zu fertigen. Christiane Leimklef vereinigt all diese Eigenschaften und Talente. Und hat dazu auch noch Humor. Ein Engelchen aus ihrer Hand hat nicht nur eine allerliebste Vorderseite, sondern auch eine Rückansicht mit schwarzem Fell und einem Teufelsschwänzchen.


Die Künstlerin aus Ebenhausen stellt jetzt zum dritten Mal im Hollerhaus aus. Diesmal zeigt sie dort, so der einfache Titel, „Collagen und Objekte“. Leimklef ist eine Sammlerin. In ihrem Atelier hebt sie allerhand auf, was viele als „Tand“ bezeichnen würden. Vermeintlich nutzlose, oft kaputte, nicht mehr funktionale Alltagsgegenstände, unscheinbare Relikte der Wegwerfgesellschaft, Angeschwemmtes und Ausgemustertes. Aus diesem Fundus entstehen ihre Objekte. Mal bizarr und wunderlich, mal bezaubernd und verlockend, gern aber auch rätselhaft und verstörend.
Da schaut uns etwa ein glubschiges Glasauge aus einem angeknacksten Tontässchen heraus an – „Weltenauge“, sagt die Künstlerin. Eine golden angemalte Spielzeug-Bulldogge steht auf einem hohen Stein – „Der Sieger“. An einer Wand fliegt ein „Pegasus“ aus Holzstücken, Federn und einem Zeitungsausschnitt. Es gibt so viel zu schauen und zu entdecken und sogar ein Objekt, bei dem Anfassen ausdrücklich erwünscht ist, denn nur so erschließt es sich. Eine quadratische flache Box mit Glasdeckel scheint voll zu sein mit Locher-Konfetti. Wer sie anhebt, legt nach und nach eine darunterliegende collagierte Schrift frei: „Do not forget me, oh my Darling.“ Wenn der Liebling doch wieder verschwinden soll, genügt ein Schwenk – aus den Augen, aus dem Sinn.
Ein bedrückendes Thema
Aber Christiane Leimklef ist nicht nur eine erfindungsreiche Kreativsammlerin, sie ist vor allem eine großartige Malerin – was in dieser Ausstellung nicht im Vordergrund steht, da sie ihre abstrakten Tusche-Arbeiten nicht mitgebracht hat. Und sie ist ein wacher, kritischer, schöpferischer Geist. Zwei große Collagen im Hollerhaus verdanken sich einer Zeitungsmeldung aus dem vergangenen Jahr, die der Künstlerin auf der Seele lag.


Eines der Völker, die tief im peruanischen Amazonas leben und eigentlich keinen Kontakt mit der Außenwelt haben – die Mashco-Piro – ist aus diesem Schatten getreten. Etliche Männer kamen in ein Dorf, um zu betteln, denn ihr Lebensraum ist durch Holzfällungen bedroht. „Das Thema hat mich wahnsinnig bedrückt“, sagt Leimklef. Ein großes Bild aus Tusche auf Packpapier zeigt nun eine zerfetzte, eine nicht mehr heile Welt – Fragmente von Gesichtern und Tieren, das Wort „Tabu“ in großen Lettern, darüber ein zerrissener Schriftzug „indigen“. Eine zweite großformatige Arbeit ist demselben Thema gewidmet: „Drei Männer hinter der blauen Wand“. Und es gibt zu diesem Beispiel der Zerstörung der Lebensressourcen durch den Menschen eine dritte, etwas abseits der beiden Eyecatcher platzierte Collage, die auf die bedrohten Hütten fokussiert.
Nach Einschätzung der Nichtregierungsorganisation Survival International zeichnet sich wegen der Holzfällungen für die Mashco-Piro eine humanitäre Katastrophe ab, weil ihnen nicht nur ihr Lebensraum genommen wird, sondern gleichzeitig neue Krankheiten eingeschleppt werden, gegen die sie keine Immunität besitzen. „Und alles, weil es nur ums Geld geht, um den schnöden Mammon“, sagt Christiane Leimklef.
Wer sich mit der Künstlerin über dieses Thema oder andere Aspekte ihrer Kunst unterhalten möchte, hat bei der Vernissage Gelegenheit, aber auch an den folgenden Wochenenden, da Leimklef anwesend sein wird.
Zu sehen bis 2. März jeweils Samstag und Sonntag von 14 bis 18 Uhr sowie nach Vereinbarung (Telefon 08178/4408), Hollerhaus, Neufahrner Weg 3, Irschenhausen