Kunst:Aus Respekt vor Elefant und Gorilla

Kunst: Eve Saglietto sieht mit der Dezimierung verschiedener Rassen auch deren Wissen verloren.

Eve Saglietto sieht mit der Dezimierung verschiedener Rassen auch deren Wissen verloren.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Eve Saglietto ist durch ihr Engagement für den Tierschutz zur Malerin geworden

Von Christa Gebhardt, Münsing

Es ist der durchdringende und bohrende Augenblick dieses Wesens in Blau, der den Betrachter sofort in seinen Bann zieht, sobald man das Atelier der Malerin Eve Saglietto betritt. Das Bild zeigt einen kapitalen afrikanischen Elefanten, der trotz seiner Beschützer in Kenia von Wilderern wegen seiner bis zum Boden reichenden Stoßzähne getötet wurde. Elfenbein erzielt auf internationalen Märkten horrende Preise. "Die Seele von Satao", so der Titel des Ölbilds, offenbart sich unmittelbar in seiner meisterlichen realistischen Maltechnik, und es stellt über den physischen Tod des Tiers hinaus die Frage: "Warum habt ihr unser Leben ausgelöscht?" Die französische Malerin Saglietto, die seit 30 Jahren in Deutschland lebt, hat sich wegen ihres tief empfundenen Anliegens für den Artenschutz der Tiermalerei gewidmet.

Der Raubbau an Tieren und Natur aus menschlicher Gier weltweit sei bekannt, jeder könne es wissen, sagt sie. Etliche Tierschutzorganisationen unterstützt sie wie auch den "David Sheldrick Wildlife Trust" als Rettungs- und Auswilderungsstation für Elefantenwaisen. Der Mensch habe nicht nur Wildtiere dezimiert, sagt sie: "Wir werden ihr Wissen verlieren." Und die Menschheit begreife nicht, welch immenser Verlust das sei.

Sagliettos Werke konzentrieren sich auf den Wert oder Unwert von Tieren in unserer Gesellschaft. In einigen Bildern verweist sie auf die optimierte industrielle Verwertung sogenannter Nutztiere: Kühe, Schweine oder Hühner mit deren erniedrigenden Lebensbedingungen. Dabei zeigt sie zum Beispiel in ihrem Ölbild "Gegenstandslos" eben aber nicht das Schreckensszenario männlicher Küken, die, weil nutzlos für Eier- und Geflügelindustrie, geschreddert und vergast werden, sondern deren zarte, lebendige, ästhetische Seite. Sie malt auch nicht den Alltag von Kühen, angebunden in riesigen Ställen, denen schon aus Gründen der Platzoptimierung die Hörner abgebrannt wurden, sondern Porträts von Werdenfelser Rindern, die ihre Hörner behalten durften. Deren wolliges Stirnfell, das sie mit Grafit auf Papier festgehalten hat, ist so plastisch gestaltet, dass man meint, es mit einer Bürste frisieren zu können. Auch die bezaubernde Anmut ihres Werks "Weinbergschnecken im Gespräch" lässt fast vergessen, dass diese Tiere in Knoblauchöl gesotten werden und so als Delikatesse gelten.

Die Malerin arbeitet mit einer sehr alten Kreide-Technik, Carré Comté, wie sie schon im späten Mittelalter benutzt wurde. Saglietto hat die alten Meister studiert, so arbeitet sie auch, sehr realistisch, die Hell-Dunkel-Kontraste und die Lichtreflexe nutzend. Damit sei sie nicht en vogue in der derzeitigen Kunstszene, sagt sie, aber das "Altmodische", das Altmeisterliche habe sie absorbiert. Das offenbart sich auch in ihren kraftvollen Pferdebildern, die von der überschäumenden Energie dieser edlen Tiere zeugen.

Das bedeutende Motiv für Vanitas, den leeren Schein, die Nichtigkeit, oder auch Lüge und Prahlerei, in Literatur und bildender Kunst der Renaissance und des Barockzeitalters zeigt sich in den Attributen des Totenschädels, einer erlöschenden Kerze oder auch alter Schriften. In Sagliettos altmeisterlichem Ölbild "Endlich ist er weg ... der Mensch!" zeigt das Gorillaweibchen Kiko im Schein der brennenden Kerze auf Buch und Totenschädel. In einem Forschungsprojekt hat die Äffin gelernt, mit einem Computer zu schreiben und Feuer zu machen. Es ist die Grundfrage dieser Tiermalerin: Wenn der Mensch sein Handeln nicht ändert, löscht er sich damit am Ende nicht selbst aus?

Eve Saglietto, Ausstellung "FragmenTieren", Ölbilder, Zeichnungen; bis 4. November, Atelier du Lac, St. Heinrich, Erlenweg 7. Dienstag bis Sonntag von 14 bis 18 Uhr

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