Kult-Marke aus Geretsried:10.000 Tiefkühl-Pizzen am Tag - und jede ein Unikat

Bei Gustavo Gusto formen die Mitarbeiter jeden einzelnen Fladen per Hand. Das Unternehmen hat die Produktion verdoppelt.

Von Peter Buchholtz

Pizzageruch liegt in der Luft - und zwar schon vor dem unscheinbaren Gebäude im Geretsrieder Gewerbegebiet Süd. Hinter den schlichten Mauern in der Spreestraße 34 laufen täglich 10 000 Tiefkühlpizzen vom Band. Wobei der Begriff einen falschen Eindruck erwecken könnte, beruht die Herstellung doch größtenteils auf Handarbeit. Es geht um Gustavo Gusto, die Pizza aus Geretsried, bei der es selbst in einem Münchner Supermarkt passieren kann, dass die Kassiererin fragt, ob die Pizzen denn wirklich so gut schmeckten. Jedenfalls landeten sie derzeit in vielen Einkaufswagen - und daheim im Backofen.

13 Pizzen

aus der Tiefkühltruhe verspeist jeder Deutsche pro Jahr im Schnitt. Das sind zwei mehr als noch vor vier Jahren, verrät die Absatz-statistik des Deutschen Tiefkühl- instituts. Insgesamt kamen in Deutschland im Vorjahr 327595 Tonnen Tiefkühlpizza auf den Tisch, Tendenz steigend.

Gustavo Gusto hat die Produktion tatsächlich mehr als verdoppelt. Im August 2016 waren es noch 4000 Pizzen am Tag gewesen - nach und nach musste die Produktionsstraße vergrößert werden. "Wir arbeiten mit dem gleichen Spielzeug, haben aber alles etwas größer gekauft", sagt Guido Haugg. Auch das Kartonieren wurde inzwischen halbautomatisiert.

Insgesamt ist das Unternehmen auf 38 Mitarbeiter angewachsen; neben der Qualitätskontrolle wurden Personalwesen und Pressearbeit gegründet. Doch langsam wird der Platz in der Spreestraße knapp für die Geräte und die zwölf Arbeiter pro Schicht - "es wird hier irgendwann zu klein werden", sagt auch Christoph Schramm. Zu einer neuen Produktionsstätte verrät er jedoch nur: "Es ist etwas in Aussicht." Eine solche Produktion aufzubauen, sei sehr kapitalintensiv, man brauche Investoren, alle Einnahmen müssten reinvestiert werden. Mit der leer stehenden Halle für Lebensmittelproduktion in Geretsried hätten sie vor Jahren großes Glück gehabt.

Der dünne, knusprige Boden überzeugt

Im Geschmackstest überzeugen bei Gustavo Gusto vor allem der dünne, knusprige Boden, der Mozzarella, der durch Maß, nicht durch Masse besticht, und der Hinterschinken. Die Sorte "Salame Piccante" mit scharfer Salami wurde vor wenigen Monaten durch die "Salame" ersetzt, außerdem gehören eine Margherita, eine mit Schinken und Pilzen sowie eine mit Thunfisch und Zwiebeln zum Sortiment von Gustavo Gusto.

Kult-Marke aus Geretsried: Das Unternehmen in Geretsried beschäftigt mittlerweile 38 Angestellte.

Das Unternehmen in Geretsried beschäftigt mittlerweile 38 Angestellte.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Auffällig ist die Pizza im Supermarkt allein schon durch ihre Größe: Die 32 Zentimeter Durchmesser machen sich gut im Backofen, wo ohnehin keine zweite, kleinere Pizza auf das Blech passen würde. Dagegen stößt manch ein Tiefkühlfach bei dem Durchmesser aber an seine Grenzen. Mit einem Preis von 3,49 Euro bis 3,99 Euro liegt die Pizza dafür aber auch etwa einen Euro über dem, was andere Marken kosten.

"Die Thunfischpizza ist extrem beliebt in Deutschland", sagt Guido Haugg. Ihnen sei es aber wichtig, Fisch einzukaufen, der das "Caught by Pole and Line"-Siegel trägt, also von Hand geangelt wurde. "Da wird ein Fisch nach dem anderen rausgezogen. Dadurch hat man fast keinen Beifang", erklärt Haugg. Der Fisch trägt außerdem das MSC-Siegel, das eine nachhaltige Fischerei verspricht.

Kult-Marke aus Geretsried: Den Fladen formen die Mitarbeiter per Hand.

Den Fladen formen die Mitarbeiter per Hand.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Pilze und Zwiebeln werden am Tag der Produktion beim Großmarkt geholt, anschließend von Hand geputzt und geschnitten. "Wir arbeiten eigentlich just-in-time wie in der Autoproduktion", sagt Susanne Bebber. Die Qualitätsmanagerin wacht seit sieben Monaten über die Kühlkette und Produktion. Laut Geschäftsführer Christoph Schramm die einzige im jungen Unternehmen, die auf das "Sie" besteht.

Warum jede Pizza anders aussieht

Kult-Marke aus Geretsried: Nach der Soße regnet der Mozzarella auf die Pizza.

Nach der Soße regnet der Mozzarella auf die Pizza.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Nachdem der Teig von Hand geknetet und mit Tomatensoße bedeckt wurde, läuft die Pizza für genau eine Minute und sechs Sekunden durch den Ofen. Weil der Teig von Hand verarbeitet wird, sieht jede Pizza nach dem Backen anders aus. Das unterscheidet sie von der Konkurrenz. Anschließend wird sie mit Mozzarellakäse bestreut und je nach Produktionsphase mit weiteren Zutaten belegt.

"Bevor sie schockgefrostet wird, gibt es noch eine Sensorik- und Sichtkontrolle", sagt die 48-jährige Qualitätsmanagerin. Gewicht und Größe werden per Waage und Lineal geprüft, die Schichtleitung schaut, ob die Zutaten gleichmäßig verteilt sind und ob die Pizza geknickt oder verformt wurde. Pizzen, die es nicht durch diese Kontrolle schaffen, landen zum Teil im Lagerverkauf oder bei der Tafel

Dann wandern je fünf Pizzen auf einem Blech in einen großen Etagenwagen, der dann in den Schockfroster geschoben wird. Am Ende des Verpackungsprozesses soll jede Pizza noch minus 20 Grad kalt sein, "minus 18 Grad sind die absolute Grenze", sagt Susanne Bebber.

Verpackung und Logo der Pizza, eine Kochmütze mit einem Schnurrbart aus Basilikumblättern, fallen in den vollgepackten Tiefkühltruhen der Supermärkte optisch aus der Reihe. Für die Werbebotschaften auf den Pizzakartons ist seit dem Start vor vier Jahren die Agentur "Leagas Delaney" aus Hamburg verantwortlich. Seitdem prangen auch Sprüche wie "Eine echte Steinofenbarung" oder "Wir nehmen nur Mozzarella. Alles andere ist Käse" auf der hippen, durchdesignten Verpackung der Pizzen.

"Handgemacht in Bayern", das Motto auf dem Karton, sei zugleich Werbung, erklärt Geschäftsführer Christoph Schramm. "Wir schalten keine Werbung. Bisher ist das bei uns alles organisch - da sind wir auch stolz drauf", sagt Patricia Franzius. Seit März unterstützt sie das Führungsduo, bestehend aus Christoph Schramm und Guido Haugg, bei der Öffentlichkeitsarbeit, in den sozialen Netzwerken und beantwortet digitale sowie analoge Fanpost, von der sie laut eigener Aussage zahlreiche erhalten.

Sind die Pizzen schockgefrostet, werden sie mit dem Lastwagen ausgeliefert, inzwischen in das gesamte Bundesgebiet. "Wir sind deutschlandweit in ein paar Rewe-Center-Filialen vertreten, um mal die Fühler auszustrecken. Außerdem sind Rewe-Märkte in Nordbayern und dem Raum Hessen dazugekommen", sagt Christoph Schramm. Doch mittlerweile interessiert sich nicht nur Rewe für das Geretsrieder Erfolgsprodukt. Auch Edeka hat die Pizzen inzwischen ins Sortiment aufgenommen. "Das ist für uns wie ein Ritterschlag, bei den zwei größten Handelsmarken vertreten zu sein", sagt Guido Haugg.

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