Technologie:Wo Menschen überflüssig werden

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Der Einfluss von künstlicher Intelligenz wird in den kommenden Jahren rasant steigen. (Foto: Peter Steffen/dpa)

Self-Checkout im Supermarkt, digitalisierte Lernprogramme oder virtueller Kundenservice: Künstliche Intelligenz verändert die regionale Arbeitswelt. Wie Unternehmen im Landkreis sich darauf einstellen.

Von Tim Jost, Bad Tölz-Wolfratshausen

Beim ersten Mal fühlt es sich noch ungewohnt an: Statt an der Kasse Schlange zu stehen und die Waren geduldig aufs Förderband zu legen, wird man selbst zum Kassenchef – scannt, bestätigt, bezahlt und geht, ohne ein Wort mit einem Menschen gewechselt zu haben. In einigen Lebensmittelgeschäften und Drogeriemärkten im Landkreis setzt man bereits vermehrt auf ein automatisiertes Bezahlsystem. Die sogenannten Self-Checkout-Kassen erfordern keinen menschlichen Kassierer und sind somit langfristig kostengünstiger als Personal.

In den Edeka-Filialen in der Region Südbayern gibt es nach Angaben des Unternehmens bereits mehr als 300 dieser Bezahl-Stationen. Sie sollen die klassischen Kassen auf absehbare Zeit nicht ersetzen, aber ergänzen, um den Bezahlvorgang in Stoß- und Randzeiten zu beschleunigen. Edeka testet in einigen Filialen auch ein kameragesteuertes Bezahlsystem. Beim Projekt „Easy Shopper“ erfasst eine Kamera im Einkaufswagen die Lebensmittel und macht somit das Anstehen an der Kasse überflüssig. Natürlich bedarf es immer noch Mitarbeiter, die den Einkauf der Kunden kontrollieren. Langfristig gesehen könnten klassische Kassen im Einzelhandel aber zum Auslaufmodell werden, sollte sich das automatisierte Bezahlen etablieren.

Die Self-Checkout-Kassen beschleunigen den Zahlungsvorgang in Stoßzeiten. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)
Eagle Burgmann in Eurasburg hat sein Lager- und Produktionssystem weitgehend automatisiert. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Auch im Bankwesen spielt künstliche Intelligenz eine immer größere Rolle. Die Raiffeisenbank Isar-Loisachtal etwa nutzt nicht nur Anwendungen, um Missbrauchs- und Betrugsfälle aufzudecken. Laut Andreas Pentenrieder, Bereichsleiter Vertriebsmanagement, steht neuerdings allen Mitarbeitenden eine KI-Software quasi als Assistent zur Verfügung. Das Programm arbeite auf der Grundlage von Chat-GPT und könne unter anderem Texte korrigieren und zusammenfassen, die wichtigsten Informationen für Kundengespräche herausarbeiten oder den Kontakt mit anderssprachigen Kunden ermöglichen. „Ein zeitgemäßer Arbeitgeber sollte dies seinen Mitarbeitern ermöglichen“, sagt Pentenrieder.

Zugleich ist er sich sicher, dass beim Thema Vertrauen der Mensch nicht von einer digitalen Anwendung ersetzt werden könne. Gerade bei Lebensentscheidungen mit hohem finanziellem Einsatz spiele ein persönliches Gespräch eine wichtige Rolle. Doch langfristig werde KI immer wichtiger werden, so Pentenrieder. Gerade bei simplen, sich wiederholenden Aufgaben werde die Technologie den Menschen ersetzen. Dadurch könnten Personalkosten eingespart werden. Gleichzeitig kämen durch die vielfältigen digitalen Möglichkeiten aber auch neue Aufgabengebiete auf, die wieder menschliche Arbeitskraft benötigten.

KI kann persönlichen Kontakt nicht ersetzen

Die Sparkasse richtet laut Thomas Bundschuh, Pressesprecher der Sparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen, einen KI-betriebenen Chatbot namens „Linda“ ein, der im Kundenservice bei Fragen rund um die Uhr zur Verfügung stehen soll. Zudem werde KI auch im Marketing und Vertrieb, in Betriebsprozessen, in der Dokumentenverarbeitung und bei der Betrugserkennung eingesetzt. Die Arbeit bei der Bank werde durch KI zwar verändert, sagt er, „doch den persönlichen Kontakt wird sie nicht ersetzen können“. Die Technologie werde als Partner bei der täglichen Arbeit gesehen.

Im Gegensatz dazu ist man bei der Stadtverwaltung im Rathaus Wolfratshausen noch zurückhaltend. „Wir verwenden noch keine KI-Anwendungen“, sagt Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW). Anfragen im Bereich Meldewesen, Standesamt oder Bauamt erforderten immer „eine individuelle Überprüfung und einen Abgleich mit den gesetzlichen Vorschriften“. Die Verwaltung arbeite zwar im Baureferat oder beim Einwohnermeldeamt mit Spezialprogrammen, KI komme dabei aber nicht zum Einsatz.

Bei der Nachhilfe ist KI nur beschränkt einsetzbar. (Foto: Catherina Hess)

Wie sieht es bei der Nachhilfe aus? Das Unternehmen „Ubi Master“ mit Sitz in Baierbrunn hat es sich zur Aufgabe gemacht, Schülerinnen und Schüler per Smartphone und App zur Seite zu stehen. Das Programm stellt nach Angaben von Geschäftsführer Steffen Krotsch Kindern und Jugendlichen bei Problemen unmittelbar einen Lehrer zur Verfügung, der mit ihnen Themen wiederholt, Zusammenhänge klärt und Aufgaben löst. Eine KI sei vor allem für organisatorische Aufgaben geplant. Bei der eigentlichen Nachhilfe jedoch setzt Krotsch auf Menschen, da „KI nicht die emotionale Komponente beherrscht“, die für das Lernen vonnöten sei. Gerade das Erklären von komplexen Vorgängen müsse auf die individuellen Bedürfnisse eines Kindes abgestimmt werden. Allerdings kann Krotsch sich vorstellen, dass repetitive Aufgaben, etwa fürs Lernen von Vokabeln, zukünftig von KI übernommen werden.

Neue Ausbildungsplätze

Der Dichtungshersteller Eagle Burgmann hat sein Werk in Eurasburg für eine zweistellige Millionensumme umgebaut, um durch mehr Automatisierung und Digitalisierung dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Laut Martin Pitsch, Vice President Operations bei Eagle Burgmann, werden mit dieser Investition auch Arbeitskräfte eingespart. Zugleich seien spezialisiert ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nötig, die den Einsatz der KI steuerten. Dazu biete die Firma jedes Jahr zwölf Ausbildungsplätze an.

Künstliche Intelligenz könnte also die Arbeitswelt im Landkreis in den kommenden Jahren massiv verändern. Für viele Berufsfelder wird es wichtig werden, sie zielgerichtet anzuwenden. Dazu braucht es entsprechend ausgebildete Menschen. In den Worten von Thomas Bundschuh: „KI kann nur so gut sein, wie sie der Mensch sinnvoll einsetzt.“

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