Süddeutsche Zeitung

Künstler in der Krise:"Ich kann meine Miete bezahlen"

Heinrich Zapf lebt derzeit nur auf einem Standbein

Protokoll von Stephanie Schwaderer

Heinrich Zapf ist Musiklehrer für Klarinette, Hackbrett und Gitarre und unterrichtet an den Musikschulen Wolfratshausen und Geretsried. Zudem hat er sich als Volkstänzer und pantomimisch versierter Musikkabarettist einen Namen gemacht. Mit seinem vierköpfigen Trio ZAKK stand er vor der Corona-Pandemie regelmäßig bei Festen und Kulturveranstaltungen auf der Bühne.

"Frustige Zeiten sind das. Immerhin, in den Musikschulen läuft es gut. Der Online-Unterricht im Frühjahr war eine Herausforderung. Du kannst ja mit niemandem zusammenspielen, kein Duett, weil der Ton immer ein paar Sekunden versetzt kommt, da passt nichts zusammen. Momentan sind wir einfach froh, dass wir wieder normal unterrichten dürfen. Zumindest im kleinen Rahmen kann man auch schon wieder etwas machen. Am 6. Dezember spiele ich mit Jugendlichen in der Kirche Heilige Familie in Geretsried; ich hoffe, dass es dabei bleibt. Gottesdienste sind derzeit ja die einzige Möglichkeit, um etwas öffentlich zu präsentieren. Und die Schüler brauchen das!

Ansonsten ist das Leben für Musiker derzeit nur deprimierend. Ich hab da so einen Zorn, weil die Kultur mit Füßen getreten wird. Dabei steckt sich im Konzert niemand an, die Leute sitzen ja bewegungslos da, manche schlafen sogar ein. Jeder Musiker hat enorme finanzielle Einbußen, auch ich. Volkstanz findet derzeit überhaupt nicht statt. Auch alle Volksmusikseminare, die ich ansonsten gebe, fallen weg, und natürlich alle Auftritte mit dem Trio ZAKK. Das einzige, was von Vorteil ist: Nachdem fast alles zu ist und das Einkaufen auf den verordneten Maskenbällen keinen Spaß macht, kann ich auch kein Geld ausgeben. So komme ich finanziell einigermaßen über die Runden. Die staatliche Unterstützung für Kulturschaffende ist ein Witz.

Immerhin kann ich meine Miete bezahlen. Im Gegensatz zu einigen meiner Musikerfreunde. Die stehen buchstäblich vor dem Nichts und haben die Wahl zwischen Hartz IV oder irgendwelchen Nebenjobs; einer trägt jetzt Essen aus. Ich bin froh, dass ich das Unterrichten nie ganz aufgegeben habe - weil es mir einen Riesenspaß macht und eine große Bereicherung ist. Jetzt rettet es mich auch finanziell. Ohne den Unterricht würde es sehr trübe aussehen."

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Quelle:
SZ vom 19.11.2020
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