Brunnenfigur:Der Name des Esels

Die Debatte um den Penzberger Stadtbrunnen geht weiter. Sein Titel lautet "Wasserträger", die Stadt hat einen Namenswettbewerb ausgelobt. Michael von Brentano erklärt, warum er gegen eine Umbenennung vorgehen würde.

Interview von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Endlich steht der Brunnen auf dem Stadtplatz, am Donnerstagabend sollte er eingeweiht werden - die Diskussionen wollen indes nicht verstummen. Wie heißt der Brunnen? Der Künstler Michael von Brentano hat ihn "Wasserträger" getauft. Die Penzberger sagen "Esel". Und die Stadt hat einen Namenswettbewerb ausgelobt. Im SZ-Interview erklärt der Seeshaupter Künstler, warum er mit "Esel" gut leben kann - aber gegen die Stadt vorgehen will, wenn sie sein Werk umbenennt.

SZ: Wie zufrieden sind Sie mit der Ausführung des Brunnens?

Michael von Brentano: Super, sie ist wunderbar. Es ist genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte - wie auf der Fotomontage. Natürlich sprudelt der Brunnen in echt nicht so überbordend wie darauf zu sehen.

Wäre das anders schöner?

Nein, das war von vornherein klar. Für die Animation, die der Jury vorlag, sollte das Wasserspiel deutlich sichtbar sein, um sich den Brunnen besser vorstellen zu können. Ich bin sehr zufrieden.

Wie haben Sie sich die Idee für den Brunnen erarbeitet?

Ich hatte einen Vorteil: Ich kenne Penzberg und die Umgebung. Die anderen Teilnehmer kamen aus Icking, München und dem Nürnberger Raum. Als erstes schaut man sich den Platz an, den künftigen Standort und das Drumherum.

Und wie wird daraus ein Entwurf?

Ich dachte, dass Penzberg auf der vorgegebenen kleineren Fläche innerhalb der Baumgruppe so etwas wie einen Dorfbrunnen bräuchte, auch wenn Penzberg eine Stadt ist. In der Ausschreibung zum Wettbewerb war vorgegeben, dass der Brunnen keinen Bezug zu Penzberg haben muss, aber kann. Das Bergwerk ist nur ein Teil der Stadtgeschichte. Zu Penzberg gehören darüber hinaus die vielen Menschen aus allen Erdteilen. Das ist markant in dieser ansonsten ländlich-bäuerlich geprägten Region. Ich entschied mich, die 74 Nationen, die hier leben, in irgendeiner Form aufzugreifen. Wahrscheinlich sind es inzwischen noch viel mehr. Der Brunnen hat Wasser als erlebbares Element, dazu noch Frischwasser, das ständig plätschern wird. Viele Menschen, die hier leben, kennen das so aus ihren Heimatländern nicht.

Brunnenfigur: Der Künstler Michael von Brentano ist mit der Ausführung seines Brunnens sehr zufrieden.

Der Künstler Michael von Brentano ist mit der Ausführung seines Brunnens sehr zufrieden.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Warum eine Art Esel?

Ich hatte zunächst unterschiedliche Ideen. Ich arbeite nicht nur figürlich, fand das aber geeignet. Es bräuchte auf dem Stadtplatz ein freundliches Tier, ein Lasttier, das bunte Behälter auf dem Rücken trägt. Bei diesen handelt es sich nicht um schöne Flaschen, sondern sie ähneln jenen, wie sie in Afrika oder Indien benutzt werden.

Wieso haben Sie einen der Hufe als Löwenpranke gestaltet?

Die Figur ist vielschichtig. Sie zeigt bei näherer Betrachtung befremdliche Elemente. Sie könnte im nächsten Moment zu etwas anderem mutieren. Dass ein Tragtier, ein Muli, ein Esel oder ein Pferd, von einem Löwen gefressen wird, ist augenzwinkernd gemeint. Eigentlich passen diese Tiere nicht zusammen, hier aber schon. Es gibt zudem Elemente, die in Richtung Pflanze gehen. Das Maul ähnelt dem eines Kamels, der Schwanz dem eines Löwen.

Sie haben den Brunnen "Wasserträger" getauft. Haben Sie ein Problem damit, dass er "Esel" genannt wird?

Null. Ich habe nie ein Problem damit gehabt, auch wenn dies anders kommuniziert wurde. Esel sind nette Tiere. Gutmütig, aber auch störrisch und streitbar - wie die Menschen in dieser Stadt auch streitbar sind, mit gutem Recht.

Es gab Kritik an der Auswahl der Jury und der Mitbestimmung durch die Bürger. Wie haben Sie den Wettbewerb erlebt?

Ich bin wohl aufgrund meiner bisherigen Arbeiten eingeladen worden, an der Ausschreibung für den Brunnen teilzunehmen. Ich habe mir die Unterlagen genau angesehen, vor allem die Bedingungen. Mir hat die Besetzung der siebenköpfigen Jury mit Fach- und Sachpreisträgern gefallen. Auch, dass das Siegermodell verbindlich umgesetzt wird und dass die beiden von der Jury ausgewählten Entwürfe den Bürgern zur Abstimmung vorgelegt werden. Eine fachliche Beurteilung muss sein, Experten können beurteilen, ob ein Entwurf künstlerisch gut ist und zu den örtlichen Gegebenheiten passt. Was ich nicht wollte, nachdem der Entscheid vorüber war, mich erneut an einer Stichwahl mit einem anderen Entwurf zu beteiligen. Das habe ich dem Stadtrat so mitgeteilt.

Brunnenfigur: Debatten gibt es weiter um den Namen des Stadtbrunnens.

Debatten gibt es weiter um den Namen des Stadtbrunnens.

(Foto: Alexandra Vecchiato)

Zu einem zweiten Entscheid kam es ja auch gar nicht . . .

Ich habe Verständnis dafür, wenn Leute sagen, das gefällt mir nicht. Oft passiert die Auseinandersetzung mit Kunst im öffentlichen Raum dann, wenn alles entschieden ist. Der öffentliche Raum ist wichtig, er wird von allen genutzt. Vieles, was da passiert, ist demokratisch legitimiert, beeinträchtigt aber das Erleben des öffentlichen Raums. Etwa eine Fassadengestaltung. Private Eigentumsverhältnisse und finanzielle Interessen beeinflussen vieles. Lange hatte ich Bedenken, auf dem Stadtplatz könnte ein Einkaufszentrum entstehen. Aber die Stadt entschied sich für einen freien Platz, den die Bürger nutzen können. Das ist eine wunderbare Sache. Hier steht mein Brunnen und wird hoffentlich von vielen genutzt, vor allem von Kindern.

Die Stadt hat einen Namenswettbewerb initiiert? Wie finden Sie das?

(Lacht) Vielleicht ist meine Reaktion schon die Antwort darauf. Ich habe Bürgermeisterin Zehetner gesagt, dass ich kein Problem habe, wenn dieser Wettbewerb Teil des Brunnenfestes ist. Nur heißt der Brunnen im Volksmund schon Esel. Was soll also herauskommen? Allerdings - da muss man zwischen Namen und Titel unterscheiden - trägt der Brunnen den Titel Wasserträger. Diesen habe ich bewusst ausgewählt. Er passt zur Penzberger Geschichte, als es Tagelöhner gab, die Wasser von öffentlichen Brunnen zu den Bergwerkshäusern trugen und so Geld verdienten.

Das bedeutet?

Offiziell heißt der Brunnen Wasserträger. Das steht zusammen mit meinem Namen, der Jahreszahl und dem Namen der Gießerei auf einer Tafel, die am Brunnen befestigt ist. Frau Zehetner dürfte nicht hergehen und öffentlich verkünden, dass der Brunnen offiziell anders heißt. Das würde gegen das Urheberrecht verstoßen.

Würden Sie Konsequenzen ziehen?

Mit Sicherheit. Ich denke nicht, dass das passieren wird. Ich bedaure, dass sie so wenig mit mir kommuniziert hat.

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