Kritik an Abholzungen:Baumschutz ohne Verordnung

Kritik an Abholzungen: Das Grundstück zwischen Wenzberg und Ludwig-Dürr-Straße in Icking gleicht nach dem Kahlschlag vom Februar einer Mondlandschaft.

Das Grundstück zwischen Wenzberg und Ludwig-Dürr-Straße in Icking gleicht nach dem Kahlschlag vom Februar einer Mondlandschaft.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Der Ickinger Gemeinderat lehnt ein generelle Regelung ab. Die Gemeinde soll stattdessen die Bürger aufklären und einen eigenen Ansprechpartner stellen

Von Susanne Hauck, Icking

Die Gemeinde Icking möchte ihre Bäume schützen, hält aber eine Baumschutzverordnung nicht für das geeignete Instrument dafür. Bürgermeisterin Margit Menrad (UBI) will auf die Bürger lieber mit sanfteren Methoden einwirken: mit mehr Informationen auf der Homepage, einem Baumschutz-Ansprechpartner, Aufklärung der Bürger und dem Appell, vor einem Eingriff in die Natur möglichst mit der Gemeinde zu sprechen. Das ist die Quintessenz einer längeren Diskussion, in der die Räte Stellung zum Bund Naturschutz (BN) nahmen, der in einem Schreiben die Gemeinde gemahnt hatte, mehr für den Erhalt der Bäume zu tun.

Unter anderem hatte die Vorsitzende der Ickinger Ortsgruppe, Beatrice Wagner, die vielen Fällungen in der jüngsten Zeit kritisiert, nicht nur auf Privatgrundstücken, sondern auch für die Erweiterung des Kinderhorts. Wagner hat auch gefordert, die Liste mit schützenswerten Bäumen zu aktualisieren. Menrad berichtete, Gemeinderat Christian Mielich (SPD/Grüne) habe kürzlich bei einem Nachmittagsspaziergang verhindert, dass zwei geschützte Bäume an der Ecke Ludwig-Dürr-Straße und Eichendorffweg gefällt wurden. "Leider gelingt das nicht immer." Es seien schon bewusst Bäume am Freitagnachmittag umgeschnitten worden, weil die Ämter dann nicht besetzt seien. "Das Bußgeld wird von Anfang an miteingerechnet." Sie wies auf die Bebauungspläne als gesetzliche Handhabe seitens der Gemeinde hin: Dort seien die Gehölze mit einem Kreis eingezeichnet, samt Vermerk der Baumart.

Bebauungspläne, die allerdings im Fall des abgeholzten Grundstücks am Wenzberg an der Einmündung zur Ludwig-Dürr-Straße nicht greifen. Würde die Gemeinde das seit zig Jahren bestehende Baurecht dort einschränken, wäre sie schadensersatzpflichtig: "Das würde viele Zehntausend Euro kosten", erklärte die Bürgermeisterin. Immerhin habe der Eigentümer des Areals zugesichert, die Eiche dort zu erhalten, wenn die Gemeinde im Gegenzug die Pflege des Baumes übernehme. Im Fall des Kinderhorts fordert der BN eine Apfelbaumallee als Ersatzpflanzung. Dafür sah Bürgermeisterin Menrad allerdings keine Chance: "Wenn damit die Straße zwischen Dorfen und Attenhausen gemeint ist: Da hat die Gemeinde keinen eigenen Grundbesitz."

Dass es um Ickings Bäume so schlecht nicht bestellt ist, war dem Bericht von Christoph Preuss (CSU) zu entnehmen. Er zog einen Vergleich zwischen einer Bestandsaufnahme von 1993 zu heute. Von den 68 schützenswerten Baumgruppen seien zwar einige Exemplare wegen Krankheit gefällt worden. Aber die meisten existierten noch. Zu beweisen, dass Icking nicht wegen seiner vielen Bäume die "Perle des Isartals" genannt wurde, wie es im Schreiben des Bund Naturschutz anklang, darum ging es Peter Schweiger (PWG). Er zeigte alte Postkarten vom Anfang des vergangenen Jahrhunderts, auf denen die Ickinger Anhöhe als häuserlose Wiese und ein kaum bewachsener Isarhang zu sehen sind. "Icking war um 1900 völlig baumlos, man konnte vom Ort aus auf die Isar sehen." Schweiger beklagte die fehlenden Sichtachsen zum Fluss. "Auch wenn das ketzerisch klingt: Die Bäume werden eher zu groß", sagte er.

Eine Baumschutzverordnung hat in Icking wohl keine Chance. Sie ist, wie Menrad recherchiert hatte, seit den 1980er Jahren mehrmals abgelehnt worden. Auch am Montagabend - und zwar einstimmig. "Dann lassen die Leute ihre Bäume gar nicht mehr groß werden", argumentierte etwa Georg Frech (CSU). Stattdessen regte Claudia Roederstein (UBI) an, "die Schrauben an den Instrumentarien Bebauungsplan und Baugenehmigung mehr zu justieren" - um zu kontrollieren, ob nicht etwa "windige Bäume" als Ersatzbepflanzungen durchgingen. Ihr Vorschlag, auf die Webseite der Gemeinde eine Art Infokampagne zum Baumschutz und eine mögliche Pflanzliste zu stellen, wurde von Menrad notiert, ebenso die Benennung eines Ansprechpartners für den Baumschutz. Eine Rathausmitarbeiterin, die im September neu anfängt, könnte das übernehmen. Roedersteins Anregung, die Bürger sollten am besten vor geplanten Veränderung an großen Bäumen mit der Gemeinde sprechen , stieß ebenfalls auf Zustimmung.

Über die "modische Unsitte" der ökologisch unerwünschten Thujen in Ickings Gärten ärgerte sich Vigdis Nipperdey (Ickinger Initiative). Sie schlug vor, einen Landschaftsplaner einzuladen, der auf einer Versammlung den Bürgern eine sinnvolle Bepflanzung schmackhaft machen könne. Auf Aufklärung setzte auch Christian Mielich. "Wir sollten den Ball an den Bund Naturschutz zurückspielen", meinte er. "Der könnte eine Veranstaltung zur naturnahen Gartengestaltung machen."

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