Kraft-Areal:Weniger Gewerbe, mehr Wohnungen

Lesezeit: 2 min

Auf dem Wolfratshauser Kraft-Areal soll nun doch kein großes Einkaufszentrum entstehen. Der Investor teilt mit, das Objekt sei "nicht mehr in Planung". Gründe wurden in der Sondersitzung des Stadtrats nicht genannt.

Von Wolfgang Schäl, Wolfratshausen

Die Überraschung war groß. Bis vor wenigen Tagen war der Wolfratshauser Stadtrat noch davon ausgegangen, dass auf dem Kraft-Areal nahe dem Bahnhof auf einer Verkaufsfläche von 6500 Quadratmetern ein Einkaufszentrum mit Lebensmittel-Vollsortimenter, Discounter, Elektrofachmarkt, einem Sport- und einem Textilmarkt sowie einer Bäckerei und einem Zeitungskiosk entstehen würde. Nun ist das einerseits als Leuchtturmprojekt gepriesene, andererseits ob einer vermeintlich zu erwartenden Verkehrslawine und einer weiteren Ausblutung des Innenstadthandels ebenso heftig kritisierte Projekt plötzlich vom Tisch.

Entstehen sollen jetzt nur noch ein großer Edeka-Markt und Wohnungen. Grund dafür ist die lapidare Mitteilung des Investors, der Loisach-Einkaufszentrum GmbH & Co. KG, dass das vorgesehene Zentrum "nicht mehr in Planung" sei. Über die Hintergründe der Unternehmensentscheidung wurde in der Sondersitzung des Stadtrats, in der ursprünglich die Einwendungen von Anliegern und Trägern öffentlicher Belange zu dem Projekt abgehandelt werden sollten, nicht gesprochen. Auf SZ-Anfrage mutmaßte SPD-Stadtrat und Vizebürgermeister Fritz Schnaller, dass für die Investoren womöglich wirtschaftliche Schwierigkeiten ausschlaggebend gewesen sein könnten.

Die bislang eingegangenen Stellungnahmen zum einschlägigen Bebauungsplan 83 sind damit teilweise obsolet. Um eine Basis für das weitere Vorgehen im Zuge des Bebauungsplanverfahrens zu schaffen, hat sich der Stadtrat jetzt mit der veränderten Sachlage beschäftigt, unter reger Anteilnahme von interessierten Bürgern - die Tribüne des Sitzungssaals war so dicht bevölkert wie selten.

Mit 22 zu 1 Stimmen votierte das Ratsgremium in einem Grundsatzbeschluss schließlich dafür, das bislang als "Sondergebiet" behandelte Areal planungsrechtlich nun als "Kerngebiet" auszuweisen. Dies ermöglicht es unter anderem, auch Arztpraxen anzusiedeln und so das erweiterte Wohnquartier attraktiver zu machen. Skeptisch zeigte sich lediglich Richard Kugler (CSU), der geltend machte, ein Edeka-Vollsortimenter werde den bestehenden Edeka-Märkten Konkurrenz machen und zumindest einen davon zur Aufgabe zwingen. Das könne man nicht wollen. Bürgermeister Klaus Heilinglechner verwies indes darauf, dass dies gegebenenfalls eine Konzernentscheidung sei, mit der sich der Stadtrat nicht zu beschäftigen habe.

Der Eindruck, dass die Ratsmitglieder über die aktuelle Entwicklung besonders betrübt waren, drängte sich in den kurzen Statements nicht auf. "Wir bekommen weniger Gewerbe, dafür mehr Wohnfläche", er halte das "für harmonischer als bisher", stellte Josef Praller im Namen der Bürgervereinigung (BVW) fest. CSU-Fraktionssprecher Günther Eibl wies darauf hin, dass man nach dem momentanen Sachstand nur noch "über das Maß der baulichen Nutzung" zu entscheiden habe.

Sein Fraktionskollege Manfred Fleischer bedauerte lediglich, dass nunmehr auch der geplante Elektrofachmarkt wegfalle. Damit müsse man sich beschäftigen, denn einen solchen brauche Wolfratshausen wirklich dringend. Für die SPD erklärte Fritz Meixner, dass das jetzige Nutzungskonzept "gefälliger" sei, "schließlich war es schon immer unser Bestreben, mehr Wohnraum für die Wolfratshauser Bürger zu schaffen". Einen "Wermutstropfen" könne er über das nicht mehr zu realisierende Einkaufszentrum jedenfalls nicht vergießen. Helmut Forster (BVW) stellte alle Befürchtungen in Abrede, dass es generell mit der Erschließung des Kraft-Areals zu einem Verkehrschaos kommen könnte. Ein solches werde "mit Sicherheit nicht stattfinden". Davon war Hans Schmidt (Grüne) wiederum nicht überzeugt - man müsse die entsprechenden Daten jetzt "noch einmal durchrechnen". Auch er zeigte sich aber froh, "dass wir jungen Wolfratshausern Wohnungen zu günstigen Preisen zur Verfügung stellen können". Zusätzlicher Wohnraum kann vor allem durch eine entsprechende Nutzung oberhalb des Nahversorgers entstehen, in dem bislang die Fachgeschäfte vorgesehen waren.

Um möglichst viele Wohnungen unterzubringen und gleichzeitig ein gefälliges bauliches Gesamtbild zu gewährleisten, ist aus Sicht der Verwaltung eine Staffelung der Höhenentwicklung auf bis zu vier Geschossen sinnvoll. Sie soll an die bereits bestehende Wohnbebauung im Norden und Osten angepasst werden und nach Süden und Westen ansteigen. Die Linksabbiegespur auf der Sauerlacher Straße als Zufahrt zum Areal sowie die dort vorgesehene Ampelanlage sollen weiterhin Bestandteil der Planung bleiben. Dies sei aufgrund der vermehrten Wohnfläche im Interesse des Verkehrsflusses unerlässlich, heißt es in einer Vorlage der Verwaltung.

© SZ vom 28.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: