Kommunikation unter Geretsrieder Grünen schon länger gestört:Tiefe Gräben

Nach dem überraschenden Rückzug von Harald Schmalfuss von der Bürgermeister-Kandidatur, vom Vorsitz und aus der Partei offenbaren die Geretsrieder Grünen grundsätzliche Differenzen und Streitpunkte

Von Thekla Krausseneck

Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Ortsverbands der Grünen in Geretsried haben zu einem Zerwürfnis der Stadtratsfraktion mit dem Bürgermeisterkandidaten Harald Schmalfuss geführt. In einer nicht-öffentlichen Versammlung am Freitag hatten die Grünen-Stadträte Volker Witte, Gabriele Riegel und Beate Paulerberg ihrem Kandidaten ein Misstrauensvotum ausgesprochen. Über das Wochenende entschied sich Schmalfuss zum Rückzug - nicht nur als Kandidat, sondern auch als Vorsitzender des Ortsverbands und aus der Partei selbst.

Fraktionssprecher Volker Witte sagt, er sei über seinen Rücktritt erleichtert, zu dem Parteiaustritt wollte er sich aber nicht äußern. "Das ist seine Entscheidung." Riegel hatte sich den Vorsitz des Ortsverbands bislang mit Schmalfuss geteilt, von nun an muss sie die Arbeit allein bewältigen. "Ich bin schon überrascht darüber, dass er komplett geht", sagt Riegel. "Warum alles oder nichts?" Sie bedauere seinen Rückzug aus der Partei, nicht aber von der Kandidatur des Bürgermeisters.

Eigentlich wollte die grüne Stadtratsfraktion von Anfang an keinen Kandidaten aufstellen; Witte hatte vergangenes Jahr geäußert, dass er lieber den Bürgermeisterkandidaten der Freien Wähler, Robert Lug, unterstützen wolle. Schmalfuss führte daraufhin eine Online-Umfrage unter den Mitgliedern des Ortsverbands durch, die ergab, dass sich eine knappe Mehrheit einen eigenen Kandidaten wünschte. Witte sagt dazu: "Er hat sich selbst aufgestellt." Die Kandidatur sei für die Stadtratsfraktion "überraschend" gekommen.

Nach der offiziellen Nominierung - fünf von 18 Ortsmitgliedern nahmen teil - habe es immer wieder Differenzen gegeben. Schmalfuss habe in der Öffentlichkeit wiederholt Ansichten geäußert, die konträr zu denen der Stadträte standen. Etwa sagte Schmalfuss, es müsse über die Erhaltung des Eisstadions nachgedacht werden, während die Grünen-Stadträte schon länger die Ansicht vertreten hatten, dass ein weiterer Betrieb des Stadions ökologisch und ökonomisch nicht tragbar sei.

Weitere Streitpunkte seien die Baumschutzverordnung - Schmalfuss habe sich auf dem CSU-Stammtisch gegen den Antrag der Grünen ausgesprochen - und das Hallenbad gewesen, so Riegel. Schmalfuss habe die Standort-Diskussion neu aufrollen wollen. Zwar seien die Grünen nach wie vor gegen den Standort am Schulzentrum, insofern herrsche in dieser Sache Konsens. Aber: "Wir haben uns demokratisch der Mehrheit gefügt. Schmalfuss wollte das ganze Rad wieder zurückdrehen."

Schmalfuss kritisiert, dass sich die Grünen selten dazu bereit gezeigt hätten, seinen Vorschlägen nachzugehen. Etwa habe er angeregt, bei der Geothermie die Restwärme des zur Energieerzeugung verwendeten Wassers zu nutzen, anstatt es sofort zurück unter die Erde zu befördern. "Da hieß es nur, die Stadtwerke kümmern sich selber drum, da muss man nichts machen", sagt Schmalfuss. "Es konnte durchaus sein, dass die Stadtwerke selber solche Ideen haben. Aber da muss man halt diskutieren." Er habe mit anderen Parteien ins Gespräch kommen wollen, um die kleine Partei mehrheitsfähig zu machen.

Riegel sieht da keine Chance: "Wir sehen uns als Rufer in der Wüste. Ich sehe für die Kandidatur keinen fähigen Kopf bei uns, der Meinung sind wir alle." Schmalfuss besuchte häufig die Stammtische von CSU und SPD. Den Grünen hält er jetzt vor, "dogmatisch" auf ihren Ansichten zu beharren. Das könne er nicht nachempfinden, sagt Witte verärgert: "Das stimmt so gar nicht."

Klaus Koch, Dritter Landrat und Fraktionssprecher der Kreisgrünen, enthält sich zu der Debatte. "Ich habe eine dezidierte Position, werde sie aber nicht äußern. Das ist eine ortsverbandsinterne Geschichte."

Schmalfuss ist der Meinung, dass die Differenzen schon seit seinem Eintritt in die Partei bestanden. Damals hätten ihn einige Leute wegen seiner Positionen scheel angeschaut. "Die werden jetzt wohl sagen: Wir haben schon immer gesagt, der ist kein richtiger Grüner."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: