Kommune gegen Telekom:Bad Heilbrunn bleibt an der Strippe

25 Euro Umsatz im Monat sind der Telekom nicht genug. Sie will in der Gemeinde eine Telefonzelle schließen. Kurzerhand nimmt das Rathaus die Sache selbt in die Hand.

Wolfgang Schäl

Die gelben Kabinen, früher ein gewohnter Anblick, haben schon längst Seltenheitswert - das Handy hat die Telefonzellen weitgehend verdrängt. Das beklagt der Kocheler SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel, der seit 1995 den Wahlkreis 225 (Starnberg, Bad Tölz-Wolfratshausen und Miesbach) vertritt und in Berlin dem Beirat für Elektrizität, Gas, Telekommunikation und Post angehört.

Viele Gemeinden stünden dem Schwund der öffentlichen Fernsprecheinrichtungen offenbar überrascht und machtlos gegenüber, sagt er. Wehrlos aber seien sie nicht - Barthel verweist auf die gesetzliche Verpflichtung für die Telekom, ein flächendeckendes Angebot an Telefonhäuschen vorzuhalten. Dies bedeute, dass in allen Orten und Ortsteilen mit mindestens 200 Einwohnern eine solche Einrichtung bestehen muss. Um einer detaillierten gesetzlichen Regelung zu entgehen, habe sich die Telekom vor Jahren schon verpflichtet, Telefonzellen nur einvernehmlich mit den betroffenen Gemeinden abzubauen.

Daran allerdings scheine sich heute niemand mehr zu erinnern. Der Abgeordnete will deshalb der Frage nachgehen, ob dieser Konsens stillschweigend gekündigt wurde - zum Nachteil der Bürger. Denn aus Sicht des Mandatsträgers gibt es immer noch Situationen, in denen man eine Telefonzelle in erreichbarer Nähe braucht. "Und es gibt Teile der Bevölkerung, die darauf angewiesen sind." Deshalb müssten "dem Kahlschlag Grenzen gesetzt werden".

Das findet auch die Gemeinde Bad Heilbrunn, die auf ihre Telefonzelle in der Ortsmitte großen Wert legt. Die Telekom wollte die Einrichtung mit Blick auf den mageren Umsatz von zuletzt 25 Euro im Monat nicht länger betreiben, die Gemeinde wiederum verweist auf die älteren Einwohner, die mit Handys nicht zurechtkommen.

Die 1200 Euro pro Jahr, die Bad Heilbrunn der Telekom künftig für die Erhaltung einer eigenen Telefonzelle zahlen sollte, waren der Gemeinde allerdings zu viel. Nach mehreren Wochen, in denen Bürgermeister Thomas Gründl mit der Telekom verhandelt hatte, hat sich jetzt eine Lösung ergeben. Es handelt sich um ein sogenanntes Clubtelefon, einen öffentlichen Fernsprecher, der im Ortszentrum in das Bushäuschen eingebaut wird und den die Gemeinde selbständig betreut.

Nach einer Einmalzahlung in Höhe von 820 Euro für die Installation und einer Anschlussgebühr von 71 Euro muss sie nur noch 28 Euro pro Monat an die Telekom entrichten. Dies entspricht etwa dem aktuellen Umsatz. "Die Sache ist für uns damit kostenneutral", sagt Bürgermeister Thomas Gründl, der erklärtermaßen "keinen Streit mit der Telekom" will, weil man da nach seiner Erwartung nur "in der Warteschleife" hängenbliebe. Mit dem Geschäftsgebaren des Konzern ist er jedenfalls nicht einverstanden. "Es kann nicht sein, dass nur noch dort öffentliche Fernsprecher aufgestellt werden, wo Umsatz gemacht wird. Schließlich hat die Telekom einen Versorgungsauftrag."

Der Konzern wiederum verweist auf den "dramatischen Rückgang" der Nutzung öffentlicher Telefonanlagen. 1999 wurden nach ihren Angaben in der BRD noch eine Milliarde Gespräche von öffentlichen Telefonen geführt, 2008 nur 210 Millionen, bis 2010 habe sich die Zahl nochmals auf 120 Millionen Gespräche fast halbiert.

Man stehe nach wie vor zum öffentlichen Versorgungsauftrag, sagt Udo Harbers, Pressesprecher der Telekom Region-Süd, und reduziere die Fernsprecheinrichtungen deshalb nur im Einvernehmen mit der jeweiligen Gemeinde. "Wir bauen nicht einfach ab und lassen es drauf ankommen."

Sollte die Telekom den Konsens allerdings aufkündigen, so Barthel, "dann wüsste man, woran man ist". In diesem Fall würde er dafür plädieren, zu tun, was die Telekom bisher um jeden Preis habe vermeiden wollen, nämlich eine gesetzliche Regelung herbeizuführen.

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