Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl in Bad Tölz-Wolfratshausen:Tölzer Quartett

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Erstmals treten in der Kurstadt vier Bürgermeisterkandidaten an - bei den Grünen ist es Franz Mayer-Schwendner

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Es ist ein Novum in der Tölzer Lokalpolitik: Um das Amt der Bürgermeister bewerben sich erstmals vier Kandidaten. Neben Ingo Mehner (CSU), Michael Lindmair (FWG) und Michael Ernst (SPD) tritt nun auch Franz Mayer-Schwendner für die Grünen an. Der 60-Jährige, der schon seit 18 Jahren im Stadtrat sitzt, wurde in der Mitgliederversammlung am Mittwochabend im "Gasthaus" mit 25 Stimmen bei zwei Enthaltungen gewählt. "Wir haben im nächsten Jahr die einmalige Chance, die Weichen in und für Bad Tölz neu zu stellen", sagte Mayer-Schwendner. Dabei setzt er auf das Motto "Mutig miteinander handeln - für Tölz".

Das soll kein blutleerer Reklamespruch bleiben. Mutig sein bedeute "kein Pillepalle", sagte der Kandidat der Grünen. "Sondern auch mal was wagen, auch gegen Widerstände, aber mit einem langen Atem." Damit wolle er einen klaren Kontrapunkt zum Slogan der CSU setzen, der zwar werbetechnisch gut, aber nicht neu sei. "Gemeinsam Tölz gestalten" bedeute am Ende bloß: "Und weitermachen wie bisher." Dies zeige auch die Frauenquote der Tölzer Christsozialen. Nur sieben Bewerberinnen stünden dort auf der Liste für den Stadtrat. "Dieser Quoten-Reißverschluss ist defekt", meinte Mayer-Schwendner.

Der gebürtige Kochler, verheiratet, zwei Kinder, der ins Gabriel-von-Seidl-Gymnasium in Tölz ging und später Wasserwirtschaft in München und Freiburg, aber auch in Frankreich studiert hat, verwies auf seine 30-jährige Berufserfahrung als Umweltgutachter und Sachverständiger für Abfallwirtschaft und Emissionshandel. Als Gesellschafter, Vorstand und Aufsichtsrat in zwei Ingenieurfirmen in München und Freising kenne er die Belange von Konzernen, mittelständischen Betrieben und kleinen Firmen, ebenso die von öffentlichen Verwaltungen. "Meine Aufgabe bei den Kunden ist es, Probleme zu lösen", sagte er. Und dies "schnell und effizient". Eben diese Kompetenz wolle er auch als Bürgermeister einbringen.

Als Grünen-Politiker geht es Mayer-Schwendner in Bad Tölz um den Klimaschutz. Die Kurstadt sei da gar nicht schlecht aufgestellt, müsse aber noch viel mehr tun und viel besser werden, sagte der Kandidat. Als Beispiele nannte er den Bau eines Heizkraftwerks im Badeteil, einen kostenlosen Nahverkehr, den Ausbau von Solaranlagen, zum Beispiel auf der Sportjugendherberge. Ein gewichtiges Anliegen ist dem Kandidaten auch das Thema bezahlbares Wohnen. Dabei erinnerte er an den von ihm mit initiierten Bürgerentscheid Bichler Hof im vorigen Jahr. Damit habe man die sozial gerechte Bodennutzung ganz oben auf die Tagesordnung gesetzt, sagte Mayer-Schwendner - "trotz aller Verunglimpfungen und Anfeindungen". Was Bad Tölz brauche, seien bezahlbare Wohnungen für Einheimische und Familien, seien kleine Wohnungen für Senioren, im Erdgeschoss und barrierefrei. "Nicht der Bau von hochpreisigen Zweitwohnungen." Mayer-Schwendner kündigte an, dass Wohnbaugenossenschaften "viel mehr zum Zuge" kommen sollen, um zuverlässiges und lebenslanges Wohnen zu ermöglichen.

Für verbesserungsbedürftig erachtet Mayer-Schwendner die Informationspolitik der Stadt. Sorgen, Bedenken und Anregungen der Bürger müssten ernst genommen werden, sagte er. Dazu gehöre auch, dass sie alle Informationen erhalten, "die notwendig sind, um auf Augenhöhe mit der Verwaltung reden zu können". Zudem will der 60-Jährige das Gespräch mit privaten Grundstückseigentümern suchen. Das gilt für die Besitzer von Haus Bruckfeld im Kurviertel und des Moralt-Geländes, aber auch für Anton Hoefter von der Jodquellen AG, der im Streit mit der Stadt um den Bebauungsplan für das Areal des Alpamares und des Jodquellenhofs eine Normenkontrollklage erhoben hat. Er könne da zwar keinen Erfolg versprechen, sagte er. Aber: "Ich werde es versuchen." Auf die Nachfrage, ob er mit Hoefter denn ein besseres Verhältnis pflegen werde als der amtierende Rathauschef Josef Janker, äußerte sich Mayer-Schwendner vorsichtig: "Keine Ahnung, wie die Chemie zwischen Hoefter und mir sein wird, wenn es ernst wird."

Am Ende seiner mit viel Applaus bedachten Rede hob der Bewerber noch zwei Aspekte hervor, die ihm wichtig sind. Er will zum einen tatkräftigen Unternehmern, die nachhaltig wirtschaften, unter anderem auf der Suche nach Gewerbeflächen und Mitarbeiterwohnungen helfen. Zum anderen möchte er den Zusammenhalt in Bad Tölz stärken. "Mir ist das Soziale sehr wichtig", betonte er.

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Quelle:
SZ vom 18.10.2019
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