Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl in Bad Tölz-Wolfratshausen:Rote Tristesse und grüner Aufschwung

In Münsing löst sich der SPD-Ortsverband auf. Die Grünen aber treten erstmals mit einer Liste zur Kommunalwahl an

Von Benjamin Engel, Münsing

Die einen kommen, die anderen gehen: Zur Kommunalwahl Mitte März 2020 wird sich die politische Farbenlehre in Münsing kräftig durchmischen. Die erst im Juni gegründeten örtlichen Grünen werden mit einer eigenen Liste um Sitze im Gemeinderat konkurrieren. Unterdessen löst sich der SPD-Ortsverein wohl auf. Zur Kommunalwahl wird kein Sozialdemokrat mehr antreten. Der einzige SPD-Gemeinderat Heinz-Jürgen Schreiner scheidet zum Ende der Amtsperiode aus.

Nur noch fünf Mitglieder haben die Münsinger Sozialdemokraten derzeit. Im Gemeinderat haben sie nur einen Sitz. Junge Nachwuchspolitiker sind ausgeblieben. "Das ist die Politikverdrossenheit bei der SPD", sagt Schreiner. Das Interesse an seiner Partei habe nachgelassen. Die Generation der 25- bis 40-Jährigen fehle. Die bundesweiten Misserfolge bei Wahlen schlügen sich auch in Münsing nieder. Seiner Partei fehle es an Persönlichkeiten wie Willy Brandt oder Hans-Jochen Vogel als Vorbilder. "Erst dadurch entsteht Respekt", sagt er. Dass keine Sozialdemokraten in Münsing zur Kommunalwahl mehr antreten, sei bitter.

Für das schlechte Erscheinungsbild macht Schreiner die Bundespolitik und auch das Verhalten einzelner Personen in der SPD verantwortlich. Er kritisiert, wie Vorsitzende immer wieder "abgesägt" worden seien. Von der Doppelspitze für die Bundespartei hält Schreiner nichts. "Das heißt für mich unterschiedliche Meinungen und Streit", sagt Schreiner. Es müsse an der Spitze der Partei aus seiner Sicht nur eine verantwortliche Person geben, ganz gleich ob Mann oder Frau.

Für Christoph Bühring-Uhle ist Schreiner erst 2017 in den Gemeinderat nachgerückt. Der 64-Jährige ist als Leiter des Schullandheims der Stadt München in Ambach bekannt. Im kommenden Jahr geht er in den Ruhestand. Dann müsse er aus der dortigen Dienstwohnung ausziehen, sagt er. Ob er in Münsing wohnen bleiben werde oder womöglich wegziehe, sei offen. Deswegen komme für ihn persönlich eine Kandidatur zur nächsten Kommunalwahl nicht infrage. "Wir lösen den Ortsverein auf", sagt Schreiner.

Im Aufwind sehen sich dagegen die Münsinger Grünen. Knapp fünf Monate nach ihrer Gründung haben sie schon zehn und damit doppelt so viele Mitglieder wie die Münsinger Sozialdemokraten. Im Bistro "Freiraum" organisieren sie am Mittwoch, 6. November, ihre Aufstellungsversammlung für die Kommunalwahl. "16 Kandidaten und vier Ersatzleute haben wir beinander", freut sich Mechthild Felsch. Auch Parteilose konnten sich bewerben. Für die Schriftführerin im Ortsverband der Grünen ist eine "gute, bunte Liste" zusammengekommen. Der Ortsvereins-Vorsitzende Matthias Richter-Turtur (bislang Wählergruppe Ammerland) will für die Grünen antreten. An deren Spitze soll, so die Idee laut Felsch, die jetzige Umweltreferentin Christine Mair (bislang Wählergruppe Münsing) stehen. Mit ihrem Mann Klaus Mair bewirtschaftet sie einen Bio-Bauernhof in Münsing. "Es ist schön, wenn wir im Team auftreten können", sagt sie. In Münsing wolle sie "grüne" Themen, beispielsweise zur Verkehrswende oder bezahlbarem Wohnraum, vorantreiben. Auch für Fußgänger und Radfahrer sollte noch mehr getan werden. An einem konkreten Programm zur Kommunalwahl solle nach der Aufstellungsversammlung noch gearbeitet werden.

Allerdings wird es nach derzeitigem Stand wohl keinen Gegenkandidaten zum amtierenden Bürgermeister Michael Grasl (FW) geben, der erneut antritt. Bei den Grünen hat sich bislang niemand bereit erklärt. Sollte jemand kandidieren wollen, sei der Ortsverband offen, sagt Christine Mair. Sie selbst sei sich aber sehr bewusst, was man für dieses Amt opfern müsse. Sie sei gerne Landwirtin. "Ich sehe mich nicht als Bürgermeisterkandidatin."

Aufstellungsversammlung der Münsinger Grünen für die Liste zur Gemeinderatswahl: Mittwoch, 6. November, 19.30 Uhr, Bistro Freiraum, Bachstraße 1 a, Münsing

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SZ vom 05.11.2019
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