Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl in Bad Tölz-Wolfratshausen:Mit Wille und Taktik

Nach fünf Wahlkämpfen, die Günther Eibl für andere CSU-Mitglieder bestritten hat, ist er nun bereit, selbst die Verantwortung zu übernehmen und kandidiert für das Amt des Wolfratshauser Bürgermeisters. Der 54-jährige Elektrotechniker will Macher und Moderator zugleich sein.

Von Konstantin Kaip

Günther Eibls Leben breitet sich in seinem Büro aus: Auf dem großen weißen Schreibtisch im Anbau auf dem Grundstück seines Elternhauses liegen Unterlagen seiner Firma für Elektrotechnik neben handschriftlichen Notizen zum CSU-Wahlprogramm, daneben türmen sich Kartons mit blauen Einkaufstaschen seiner Partei und druckfrischen Flyern für die Kommunalwahl, die sein Bild zeigen: Eibl an der Loisach, mit zuversichtlichem Lächeln, das Cordsakko lässig über der linken Schulter. "Hier mischen sich gerade Politik und Arbeit", sagt der 54-jährige Wolfratshauser Bürgermeisterkandidat.

Mit Wahlkämpfen kennt er sich aus. Schließlich hat er schon fünf für die CSU bestritten und zuletzt den von Peter Plößl geleitet, der es 2014 nicht in die Stichwahl schaffte. Nun geht es um ihn selbst, Eibl will Bürgermeister in der Loisachstadt werden. Anfang des Jahres sei er vom Ortsverband der CSU gefragt worden, ob er sich das vorstellen könne, nach einer Bedenkzeit habe er dann im Frühjahr sein Okay gegeben. "Wir brauchen einen Macher in Wolfratshausen", sagt Eibl. "Aufgrund meiner Vita denke ich, dass ich sehr gute Voraussetzungen mitbringe."

Sein politischer Werdegang liest sich in der Tat wie eine Ausbildung zum Rathauschef: Seit 1990 ist er Parteimitglied, war erst JU-Vorsitzender in Wolfratshausen, dann Schatzmeister in Orts- und Kreisverband. Mit 37 Jahren wurde er 2002 in den Stadtrat gewählt, dem er seitdem angehört. Dort habe er viel gelernt, in den Anfangsjahren bei der Auseinandersetzung um den Bau der Loisachhalle, dann als Wirtschaftsreferent unter Bürgermeister Helmut Forster (damals BVW) und zuletzt als Fraktionssprecher der CSU. Er sei bereit, die Verantwortung zu übernehmen, sagt Eibl zu seiner Kandidatur. "Jetzt ist der ideale Zeitpunkt."

Es ist noch gar nicht so lange her, dass daran nicht zu denken war. Im Stadtrat musste Eibl schließlich vor zwei Jahren krankheitsbedingt neun Monate lang ausfallen und den Fraktionssprecherposten kommissarisch an Alfred Fraas übergeben. Doch er kam zurück, vollständig genesen und offenbar noch fokussierter als zuvor. Eibl, der als Teenager Leistungssportler war und noch immer regelmäßig laufen geht, strahlt mit seiner hageren Gestalt einen fast asketischen Ehrgeiz aus, der stark an seinen Parteifreund, den ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten und Wolfratshauser Ehrenbürger Edmund Stoiber erinnert.

Willensstärke zeigt auch sein beruflicher Werdegang: Als Eibl sich entschied, den von seinem Vater gegründeten Betrieb für Elektrotechnik zu übernehmen, war er 30 Jahre alt, leitete als gelernter Bankkaufmann die Aus- und Fortbildung bei der Kreissparkasse und das Vorstandssekretariat. Er habe bereits einen Platz an der Europäischen Bankakademie in Luxemburg zur Weiterbildung gehabt, erzählt Eibl. Aber dann habe er sich entschieden, umzusatteln und in seiner Heimatstadt Wolfratshausen zu bleiben. "Arbeiten macht Spaß, aber es ist überall das Gleiche", habe er sich gedacht und sich zum Meister der Elektrotechnik ausbilden lassen. Seit vier Jahren ist Eibl zudem Sachverständiger für Photovoltaik, die Firma hat der dreifache Vater inzwischen umgestaltet und auf den Bereich erneuerbare Energien spezialisiert.

Dass er auch viel von politischer Taktik versteht, hat er in der aktuellen Legislaturperiode immer wieder gezeigt. So gab er den Vorsitz im CSU-Ortsverband an Susanne Thomas ab, die nun auf Rang zwei hinter ihm auf der Stadtratsliste steht - und überließ ihr geschickt die scharfen Töne, etwa als die Wolfratshauser CSU nach dem Urteil gegen die langjährige Chefsekretärin des Bürgermeisters wegen Veruntreuung mehrerer tausend Euro aus der Stadtkasse Klaus Heilinglechner den Rücktritt nahelegte. Und als Thomas mit harter Kritik verkündete, die CSU plane für 2020 nicht mehr mit Manfred Fleischer, Richard Kugler und Helmut Holzheu im Stadtrat, beschränkte sich Eibl darauf, die gute Zusammenarbeit mit den Kollegen in der Fraktion zu loben.

In seinem Wahlkampf-Flyer stellt der CSU-Kandidat einige Themen und Projekte prominent hervor. Zum Beispiel den Untermarkt 10, dessen Sanierung und Umbau für ein Zentrum mit Touristinfo und Heimatmuseum laut Stadtratsbeschluss die Stäwo übernimmt. Die Initiative dazu hatte die CSU gemeinsam mit SPD und Grünen in einem Fahrplan zu vier städtischen Liegenschaften auf den Weg gebracht. Gemeinsam mit der BVW habe man dann "ein Gesamtpaket geschnürt", sagt Eibl dazu: "ein sehr deutliches Zeichen, dass man gemeinsam viel erreichen kann, wenn man moderiert und kommuniziert." Als Bürgermeister will Eibl nicht nur Macher, sondern auch Moderator sein. "Einer alleine wird nie mehr was reißen", sagt er. "Das ist auch nicht mehr zeitgemäß."

Dem Zeitgeist entsprechen indes zwei andere Anträge, an denen die CSU in Wolfratshausen maßgeblich beteiligt war: die städtische Prämie für Lastenfahrräder und die Ausrufung des Klimanotstands. Ganz nach dem Vorbild von Ministerpräsident Markus Söder bedienen Eibl und seine Mannschaft auch die umweltbewussten Themen, um dem Aufschwung der Grünen etwas entgegenzusetzen. Unter der Rubrik "Anpacken" nennt der Kandidat auf seiner Broschüre auch explizit die von den Vereinen geforderte Dreifachturnhalle, für die der Stadtrat kürzlich einen Grundsatzbeschluss gefasst hat.

Nicht erwähnt wird in dem freilich keineswegs erschöpfenden Papier das Thema Wohnen. Das könnte auch daran liegen, dass die CSU gegen das bisher größte Bauprojekt der Stäwo mit 52 geförderten Wohnungen auf der einstigen "Coop-Wiese" in Waldram gestimmt hat. Die Fraktion sei ihrem Versprechen im Wahlkampf 2014 treu geblieben, sagt Eibl dazu. "Wir sind überstimmt worden und haben es demokratisch akzeptiert." Die Gebäude der Wohnungsbaugesellschaft seien aber "sehr gefällig" geworden und fügten sich gut ein, findet er inzwischen. "Das ist in Ordnung für uns." Die CSU wird nun auch mit einer Mauer am Mehrgerationenhaus der Maro-Genossenschaft an der Sauerlacher Straße leben müssen, die Eibl und seine Mitstreiter trotz Unterschriftenaktion nicht verhindern konnten.

Für den Wahlkampf gibt sich Eibl zuversichtlich, dass er die Christsozialen an die Spitze der Stadt führen kann. Schließlich habe seine Partei eine Stadtratsliste zusammengestellt, die "sehr viel fachliche und sachliche Kompetenz" vereine, erklärt der 54-Jährige. "Die CSU Wolfratshausen macht den Bürgern ein hervorragendes Angebot", sagt Eibl. "Aber der Wählerwille wird entscheiden."

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SZ vom 14.01.2020/aip
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