Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl in Bad Tölz-Wolfratshausen:Lehrer, Moderator - Bürgermeister?

Der Sauerländer Manfred Menke möchte für die Wolfratshauser Sozialdemokraten das Amt des Rathauschefs übernehmen. Bislang tritt der Stadtrat stets mit Bedacht auf. Im Falle seines Wahlsiegs hat er vor, Fraktionen und Bürger mehr einzubinden.

Von Konstantin Kaip

Dass Manfred Menke richtig Lust darauf hat, in Wolfratshausen Bürgermeister zu werden, hatte der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Peter Fasching bereits einen Tag vor der offiziellen Nominierung des 61-jährigen Stadtrats Ende Mai des vergangenen Jahres durchblicken lassen. Man habe da einen, "der es wirklich mit Herzblut will", erklärte Fasching damals. Fragt man Menke heute danach, warum er sich zur Kandidatur für das Bürgermeisteramt entschieden hat, muss er nicht lange überlegen, ehe er sich anhört, als stünde er vor dem Traualtar: "Ja. Ich will es", bestätigt er.

Im Stadtrat, dem er seit 2014 angehört, ist Menke eher ein Mann der leiseren Töne, der sich in seinen Redebeiträgen um Einordnung und Moderation bemüht. Wäre die SPD-Fraktion eine Band, wäre wohl eher Fritz Meixner der Frontmann. Der Fraktionssprecher hatte aber bereits 2014 - damals noch als Parteiloser - für das höchste Amt der Stadt kandidiert und es sogar in die Stichwahl geschafft. Dort unterlag der Sozialpädagoge aus Franken allerdings Klaus Heilinglechner von der Bürgervereinigung. Mit Menke soll es nun also ein Lehrer aus dem Sauerland richten.

Für den Kandidaten wäre der Einzug ins Bürgermeisterzimmer der zweite einschneidende Berufswechsel seiner Karriere. Menke, der aus dem westfälischen Menden stammt, hat zwar in Dortmund Mathematik und Physik auf Lehramt studiert. Weil aber die Übernahmechancen nach der Referendarzeit damals sehr schlecht standen, verschlug es ihn beruflich in die Industrie. Dass er sich während seines Studiums auf Elektronik spezialisiert hatte, kam ihm zupass, wie er sagt. Seinen ersten Job bei Siemens in München habe er über eine Ausschreibung in der Süddeutschen Zeitung bekommen. Danach war er unter anderem in Regensburg und in den USA in der Mikroelektronik tätig. Die Insolvenz seines Arbeitgebers nach der Finanzkrise 2008 brachte ihn dann notgedrungen dazu, an sein eigentliches Studium anzuknüpfen: Menke wurde Lehrer des Kollegs Sankt Matthias in Wolfratshausen, wo er schon seit 1994 lebt. Der Berufswechsel habe ihm gut getan, sagt Menke und betont, dass er sehr gerne am Gymnasium im Ortsteil Waldram mit den Schülern arbeite.

Dennoch reizt ihn die große politische Aufgabe, für die er "im Familienrat" das Okay bekommen habe, wie er erzählt. Der jüngere seiner beiden erwachsenen Söhne, der als Schlusslicht auch auf der Stadtratsliste der SPD rangiert, habe gesagt: "Papa, mach das." Dem Amt des Bürgermeisters sieht sich Menke aus vielerlei Gründen gewachsen, nicht zuletzt durch seine Fähigkeiten zu moderieren, wie er sagt. "Ich habe keine Berührungsängste, auf andere zuzugehen und mit allen vernünftig zu sprechen, wenn es um Sachthemen geht." Entscheidend sei es, alle Fraktionen "so früh wie möglich mitzunehmen", sagt der Kandidat - und ist damit schon mitten im Wahlkampf. Als Bürgermeister wolle er die Fraktionssprecher möglichst oft in Entscheidungen einbinden, und er merkt an, dass der derzeitige Amtsinhaber das öfter versäumt habe, etwa bei den Vertragsverhandlungen zum Erbbaurecht am Hatzplatz für das Parkhaus. "Es gibt immer Befindlichkeiten, wenn sich die Leute nicht mitgenommen fühlen". Die könne man mit mehr Partizipation vermeiden. Die Kommunalpolitik prägt der Sauerländer schon deutlich länger als er im Stadtrat sitzt. Bereits als Mitglied des Elternbeirats am Gymnasium Geretsried, das seine Söhne besuchten, habe er sich mit der Schulpolitik des Landkreises befasst, sagt Menke. SPD-Mitglied ist er seit 2007, von 2009 bis 2015 leitete er den Wolfratshauser Ortsverein. Anders als man bei seiner Herkunft aus Nordrhein-Westfalen und seiner Vorliebe für rote Pullover vielleicht vermuten würde, kommt Menke nicht aus einer sozialdemokratischen Tradition. Sein Elternhaus sei eher "CDU-gepolt" gewesen, sagt er. Und als Student habe er erst mit der Jungen Union und dann mit den Grünen sympathisiert. In Wolfratshausen holte ihn die Stadträtin Roswitha Beyer zur SPD, wo er sich seitdem "sehr gut aufgehoben" fühlt. Das wurde auch bei der Aufstellungsversammlung für die diesmal nur zwölf Stadtratskandidaten deutlich, als Menke das Wahlprogramm der SPD skizzierte, das, wie er bemerkte, einen "ausgesprochen sozialdemokratischen Touch" habe. Mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, sei ihm "eine Herzensangelegenheit". Schließlich habe er sich vor 25 Jahren in Wolfratshausen niedergelassen, zu Konditionen, die seine Kinder heute nicht mehr hätten. "Ich werde alle Maßnahmen unterstützen, die es Bewohnern in Wolfratshausen ermöglichen, in ihrem sozialen Umfeld zu bleiben", sagte er.

Neben den Themen Klimaschutz und Verkehrswende stellt er vor allem die Bürgerbeteiligung als zentrales Thema heraus, die für die SPD "über die gesamte Wahlperiode ein wesentliches Instrument" sein soll. Nicht nur bei der Umgestaltung der Altstadt, auch bei anderen Schlüsselfragen sollen laut Menke die Bürger einbezogen werden. Auch wolle er ein "Projektmanagement" installieren, um die vier, fünf größten Projekte, etwa die Schulentwicklung am Hammerschmiedweg, kontinuierlich und transparent zu verfolgen. Dabei könne seine Erfahrung in der Industrie mit bestimmten Instrumentarien durchaus hilfreich sein. Dass in Sachen Transparenz noch viel getan werden müsse, zeige auch die Tatsache, dass er als Informationsfreiheitsbeauftragter im Stadtrat bisher nur zwei Anfragen bekommen habe.

Was die SPD für die Stadtpolitik getan hat und warum man sie im Frühjahr wählen sollte, wird Menke in den kommenden Wochen oft betonen. Der 61-Jährige will nicht nur auf Veranstaltungen und an Infoständen mit den Leuten ins Gespräch kommen, sondern auch von Tür zu Tür gehen, wie er sagt. Dass er mit Leidenschaft in den Wahlkampf geht, hat er auch auf der Aufstellungsversammlung noch einmal deutlich gemacht. "Ich freue mich nicht nur auf die Zusammenarbeit", sagte er zu den Genossen. "Ich brenne darauf."

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SZ vom 17.01.2020/aip
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