Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl in Bad Tölz-Wolfratshausen:Landratswahl im Krisenmodus

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Vor der Stichwahl am Sonntag punktet Amtsinhaber Josef Niedermaier (Freie Wähler) als staatsmännischer Krisenmanager. Sein CSU-Kontrahent Anton Demmel setzt seine Hoffnungen auf eine große Wahlbeteiligung.

Von Florian Zick, Bad Tölz-Wolfratshausen

Wie schnell sich die Dinge doch manchmal ändern: Vor knapp zwei Wochen haben in den Rathäusern teilweise noch Wahlveranstaltungen stattgefunden. Lokalpolitiker standen am Wahlsonntag beisammen und haben gespannt auf die Bildschirme mit den Ergebnissen geschaut. Und wer dabei ein mulmiges Gefühl hatte, der hat sich in kleinerem Kreis woanders getroffen - in einer Gaststätte oder bei jemandem zu Hause. Solche Bilder wird es bei den Stichwahlen diesen Sonntag nun nicht mehr geben. Die Verschärfung der Corona-Krise hat alles verändert. Die Rathäuser sind geschlossen, Menschenansammlungen untersagt.

Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) ist in diesen schwierigen Tagen zur Höchstform aufgelaufen. Per Videobotschaft hat er der Bevölkerung im Landkreis fast jeden Tag die aktuelle Lage erklärt - ruhig und unaufgeregt im Ton, aber unmissverständlich in der Aussage. Für richtigen Wahlkampf hatte er keine Zeit. "Keine einzige Minute", sagt Niedermaier. Es habe im Landratsamt einfach vordringlichere Dinge gegeben. "Die Wahl war bei uns im Haus überhaupt kein Thema mehr", so der 56-Jährige. Allein aber schon sein überzeugendes staatsmännisches Auftreten als Krisenmanager dürfte dem amtierenden Landrat Sympathien eingetragen haben. Auch wenn Niedermaier ansonsten nicht noch einmal die Werbetrommel für sich rühren konnte.

Sein Kontrahent bei der Stichwahl am Sonntag, der CSU-Kandidat Anton Demmel, sieht das ähnlich. Die Situation sei "ganz komisch, ganz gaga", sagt er. Natürlich habe der Amtsinhaber bei der derzeitigen Lage einen Vorteil, so Demmel. Aber das könne man schlecht jemandem vorwerfen. Genauso gut hätte es schließlich passieren können, dass 14 Tage vor der Kommunalwahl die Geburtsstation in Tölz schließen muss. Dann hätte der Landrat eine schwere Bürde in den Wahlkampf geschleppt. So aber habe profitiere er natürlich eher von der Krise.

Aufgegeben hat sich Demmel aber freilich trotzdem noch nicht. Bei der Wahl zum Kreistag habe er sogar 1813 Stimmen mehr bekommen als Niedermaier. Egal also, wie die Wahl am Sonntag ausgeht: "Es war nicht alles richtig, es kann aber auch nicht alles falsch gewesen sein", sagt der 48-Jährige. Und dann kommt in dem früheren Eishockeyspieler wieder der Sportler durch: Mit dem guten Abschneiden bei der Kreistagswahl sei der Pokalsieg errungen, sagt Demmel, "nun müssen wir schauen, dass wir das Double holen".

Der CSU-Kandidat setzt seine Hoffnung dabei auf den Umstand, dass die Stichwahl wegen der Corona-Krise als reine Briefwahl durchgeführt wird. In Geretsried zum Beispiel habe er im ersten Wahlgang ein sehr gutes Ergebnis eingefahren - und das bei dort nur 47 Prozent Wahlbeteiligung. Wenn dort nun mehr Leute ihre Stimme abgeben, vielleicht könnte es für Niedermaier dann ja doch noch einmal eng werden, spekuliert Demmel.

Auch Niedermaier hält die reine Briefwahl für weniger vorhersehbar. "Die Unsicherheit ist dadurch insgesamt größer", gibt er zu. Wenn er in sich so hineinhört, sagt er, dann haber zwar ein gutes Gefühl. "Wenn es aber nicht gut ausgeht, dann habe ich das auch zu akzeptieren." So richtig einlassen auf die Wahl, erklärt der Landrat, werde er sich aber wohl erst am Sonntagnachmittag können. Am Vormittag tagt auch da erst noch einmal der Krisenstab - wie jeden Tag in diesen außergewöhnlichen Zeiten.

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SZ vom 27.03.2020
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