Kommunalwahl in Bad Tölz-Wolfratshausen:Kontaktloser Wahlkampf

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Vor der Stichwahl am Sonntag treten die Wolfratshauser Bürgermeisterkandidaten wegen der Coronakrise nur im Internet auf - und hinterlassen dort sehr unterschiedliche Eindrücke.

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Es sind schwierige Zeiten für den Wahlkampf, auch in Wolfratshausen, wo am Sonntag Amtsinhaber Klaus Heilinglechner (Bürgervereinigung) und Herausforderer Günther Eibl (CSU) in der Stichwahl um das Bürgermeisteramt antreten. Die verordneten Ausgangsbeschränkungen wegen des Coronavirus machen Versammlungen unmöglich, für die Bürger sind die Kandidaten nur in der Zeitung und vor allem in den sozialen Medien zu sehen. Dort machen Heilinglechner und Eibl derzeit unterschiedliche Eindrücke. Während der eine in seiner Funktion als Rathauschef angesichts einer noch nie dagewesenen Krisensituation zur Bevölkerung spricht, lässt sich der andere von einer Parteikollegin interviewen, um zu zeigen, dass auch er das Zeug zum Krisen-Bürgermeister hätte.

Nachdem Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Ausgangsbeschränkungen für den Freistaat verkündet hatte, appellierte Heilinglechner am Freitag per Videobotschaft von seinem Amtszimmer im Rathaus aus an die Bürger, zuhause zu bleiben und die sozialen Kontakte zu reduzieren. Ihm liege es besonders am Herzen, dass alle Menschen, die nun Hilfe benötigten, diese auch erhalten, erklärt er in dem Video - und verweist auf Hilfsangebote wie dem der Initiative "WOR miteinander - füreinander".

Bereits zwei Tage zuvor hatte die Wolfratshauser CSU ein Video veröffentlicht, in dem sich Eibl von seiner Parteifreundin, der gescheiterten Stadtratskandidatin Melanie Penzkofer, interviewen lässt. In dem Gespräch erklärt er, man müsse nun in einen "Management-Modus umschalten" - und alles tun, um die Bürger zu unterstützen. Den Haushalt solle man noch einmal überdenken, weil die Gewerbesteuereinnahmen wohl einbrechen. Zudem gelte es, die Bürger gut über alle Maßnahmen zu informieren. Vor allem die Zeitungen gehörten "viel, viel stärker eingebunden", sagt Eibl. Auch habe sich gezeigt, dass bei der Digitalisierung im Rathaus "noch ein bisschen was im Argen liegt".

Der Zweiminüter, der die beiden an einem sonnigen Tag im legeren Zwiegespräch deutlich unter dem empfohlenen Mindestabstand von 1,5 Metern vor der Rathauspassage zeigt, hat auf Facebook auch heftige Kritik geerntet. In den Kommentaren wird das Video unter anderem als "peinlich" und "unfassbar" bezeichnet, ein User nennt es "einfach geschmacklos, eine Gesundheitskrise für den Wahlkampf zu benutzen". Eibl kann die Kritik nicht nachvollziehen. Man habe sich klar an die Anweisung des Generalsekretärs der CSU-Landesleitung Markus Blume gehalten, den Wahlkampf nur noch über die Medien stattfinden zu lassen, erklärt er. Die CSU plakatiere seit Samstag nicht mehr, Veranstaltungen seien schon länger abgesagt. "Wir machen einen ordentlichen Wahlkampf und haben ganz brav diese Medien genutzt", erklärt der Bürgermeisterkandidat. Auch habe er den Amtsinhaber in dem Video nicht kritisiert, sondern lediglich "Optionen" aufgezeigt.

"Ich habe überhaupt keinen Kopf mehr für Wahlkampf", sagt hingegen Heilinglechner. "Ich sehe dafür auch ehrlich gesagt keine Notwendigkeit. Wir haben andere Probleme, und die spitzen sich zu." Er sei gerade damit ausgelastet, die Abteilungen der Stadtverwaltungen zu koordinieren, um den vielen Anfragen von Gewerbetreibenden gerecht zu werden. Zudem müsse man im Rathaus die Stichwahl unter erschwerten Bedingungen vorbereiten, damit die Auszählung "einigermaßen geordnet" verlaufe. Anders als 2014 laufe der Wahlkampf "bei mir auf der Nebenspur", sagt Heilinglechner. Die neuen Plakate, auf denen Kinder sich gegenseitig oder ihren Haustieren zuflüstern, dass Papa, Mama oder Opa diesmal "wieder an Klaus" wählen, habe der BVW-Vorstand vergangene Woche aufgehängt.

In Zurückhaltung üben sich auch die weiteren politischen Kräfte. Offizielle Empfehlungen für einen der Kandidaten gibt es in Wolfratshausen von keiner der anderen Parteien. Eibl bekommt lediglich prominente Schützenhilfe aus den eigenen Reihen: Die Präsidentin des bayerischen Landtags Ilse Aigner, die er nach eigenen Angaben seit 30 Jahren kennt, bittet in einem Video um Stimmen für ihn. Heilinglechner erhält indes deutliche Unterstützung vom Grünen-Landtagsabgeordneten Hans Urban: Als "Berufskollege und Biobauer" stehe der BVW-Kandidat für aktiven Klima- und Artenschutz, erklärt der Eurasburger auf einem Video neben seinem Traktor. Und der Wolfratshauser Rathauschef habe "in der Vergangenheit bewiesen, dass er auch auf soziale Fragen die richtigen Antworten liefern kann", sagt Urban. "Wenn ich Wolfratshauser wäre, würde ich Klaus Heilinglechner wählen."

© SZ vom 26.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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