Kommunalwahl in Bad Tölz-Wolfratshausen:Grüne Netzwerkerin

Weil Annette Heinloth schon lange mehr Frauen in der Politik fordert, geht sie nun einen beispielhaften Schritt weiter: Sie bewirbt sich als einzige Kandidatin unter den sonst männlichen Aspiranten um das höchste Amt der Stadt Wolfratshausen. Die 51-jährige Psychologin will den Spagat schaffen zwischen Wohnraumbau und Klimaschutz

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Ist Wolfratshausen reif für eine grüne Bürgermeisterin? Für Annette Heinloth ist die Antwort klar. "Unbedingt", sagt die 51-Jährige. Schließlich seien die Grünen auch in der Loisachstadt "in der Mitte der Gesellschaft angekommen". Dafür spricht das Ergebnis der Landtagswahl 2018, bei der ihre Partei in ihrer Heimatstadt mehr als 22 Prozent der Zweit- und mehr als 27 Prozent der Erststimmen bekam - nur die CSU wurde von mehr Wolfratshausern gewählt. "Wir werden nicht mehr als Fundamentalisten wahrgenommen, sondern als pragmatische, zukunftsfähige politische Kraft", sagt Heinloth.

Die Grünen hätten daher früh beschlossen, eine Bürgermeisterkandidatin aufzustellen. Ein entscheidender Beweggrund, dass sie sich bereit erklärt habe, für das höchste Amt der Stadt zu kandidieren, sei auch der Blick auf die Konkurrenz gewesen, sagt die Psychologin. Denn alle drei bis dato bekannten Mitbewerber seien Männer gewesen. Inzwischen ist mit Richard Kugler (Wolfratshauser Liste) der vierte männliche Kandidat im Rennen.

Politische Gremien sollten in einer Demokratie die Gesellschaft abbilden, sagt Heinloth. Bei der Bürgermeisterwahl sollte daher eine Vertreterin der weiblichen Hälfte der Bevölkerung auf dem Wahlzettel stehen. "Ich fordere ja immer: mehr Frauen in die Politik! Da kann ich dann nicht mehr kneifen", hat sie kurz nach ihrer einstimmigen Nominierung durch den Ortsverband im Juli erklärt.

Kommunalwahl in Bad Tölz-Wolfratshausen: Die ehemalige "Fernschülerin des Jahres" Annette Heinloth ist inzwischen Psychologin und sitzt seit 2012 für die Grünen im Wolfratshauser Stadtrat, wo sie eine präsente Stimme ist. An Vorwissen, Kenntnissen und Fertigkeiten für das Bürgermeisteramt bringt sie nach eigener Aussage ausgesprochen viel mit.

Die ehemalige "Fernschülerin des Jahres" Annette Heinloth ist inzwischen Psychologin und sitzt seit 2012 für die Grünen im Wolfratshauser Stadtrat, wo sie eine präsente Stimme ist. An Vorwissen, Kenntnissen und Fertigkeiten für das Bürgermeisteramt bringt sie nach eigener Aussage ausgesprochen viel mit.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Heinloth kam 2012 als Nachrückerin in den Stadtrat, 2014 kandidierte sie erneut und wurde Fraktionssprecherin. Als sie ihren Arbeitsplatz wechselte und nach 15 Jahren bei der Kinder- und Jugendhilfe "Inselhaus" im vorigen Jahr die Geschäftsführung einer Therapieeinrichtung in München übernahm, gab sie das Amt an Hans Schmidt ab. Eigentlich wollte sie in der Kommunalpolitik kürzer treten. Das aber hat dann nicht geklappt. Sie könne es eben einfach nicht lassen, sagt sie mit einem Lächeln.

Heinloth ist in Starnberg geboren, kam aber schon als Kleinkind mit ihren Eltern nach Wolfratshausen, wo sie erst in Farchet, dann in Waldram und in der Altstadt wohnte. Zu den Grünen kam sie in ihrer Jugend über ihren großen Bruder, der Mitbegründer des Wolfratshauser Ortsverbands war. Das Stadtleben prägte sie aber zunächst in Geretsried, wo sie als junge Erwachsene lebte: Als alleinerziehende Mutter gründete sie mit anderen Frauen dort das Mütterzentrum, das es bis heute gibt. Heinloth wollte eigentlich Heilerzieherin werden, musste die Ausbildung aber abbrechen, weil sie - zurück in Wolfratshausen - für ihren Sohn damals keine geeignete Kinderbetreuung fand. Ein Problem, das es heute nicht mehr gebe, weil die Stadt großen Wert darauf legt, jedem Kind einen Betreuungsplatz anzubieten. Das zu gewährleisten, ist im Stadtrat Konsens, insofern unterscheidet sich Heinloth in ihrem Willen, das Angebot weiterhin auf vorbildlichem Niveau zu halten, nicht von ihren Konkurrenten. Die Mutter eines inzwischen erwachsenen Sohnes und einer neunjährigen Tochter weiß den Wert eines gut funktionierenden Betreuungssystems jedoch aus eigener Erfahrung zu schätzen.

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Statt der Ausbildung holte Heinloth dann ihr Abitur extern nach und wurde wegen ihrer Leistungen und ihres Engagements für die Kinderbetreuungsangebote vom damaligen Bildungsministerium in Bonn sogar als "Fernschülerin des Jahres" ausgezeichnet. In München studierte sie Psychologie mit Hilfe eines Stipendiums und jobbte nebenher unter anderem als Hauswirtschafterin, Bäckereiverkäuferin und Leiterin eines Schüler-Cafés. Als sie schließlich ihr Diplom mit der Note "sehr gut" erlangte, hatte sie also reichlich Erfahrung gesammelt. Im Wolfratshauser "Inselhaus" war sie dann in verschiedenen leitenden Positionen tätig und erwarb eine profunde Kenntnis der Einrichtungs- und Amtsstruktur im Landkreis.

All das und noch mehr kann man ihrem Lebenslauf entnehmen, der auf ihrer neuen, für den Wahlkampf gestalteten Homepage zu lesen ist. An "Vorwissen, Kenntnissen und Fertigkeiten für das Bürgermeisteramt" bringe sie "ausgesprochen viel mit", lautet ihr Fazit. "Bessere Voraussetzungen kann man wohl als Bürgermeisterin schwer haben!"

Im Stadtrat ist Heinloth eine präsente Stimme. Die 51-Jährige äußert sich nicht reflexhaft zu allem, sagt in den Diskussionen jedoch deutlich ihre Meinung, die auch mal von der ihrer Fraktionskollegen abweichen kann. So hat sie zum Beispiel in allen Beschlüssen konsequent gegen das städtische Parkhaus am Paradiesweg gestimmt, auch, weil es kein Konzept für die Gebühren dort gebe. Und anders als Fraktionssprecher Hans Schmidt wollte sie eine Kostensteigerung bei der Surfwelle mittragen. Als Bürgermeisterin will sie sich für eine Mobilitätswende und die Umsetzung der im Energienutzungskonzept aufgezeigten Maßnahmen zum Klimaschutz einsetzen. Die vergangenen Wahlen hätten gezeigt, dass es in der Bevölkerung einen "Wunsch nach grünen Themen" gebe, sagt sie. Die grünen Ziele, einerseits möglichst wenig Flächen zu versiegeln und andererseits bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, zu vereinen, sieht sie als große Herausforderung. Das seien "schwierige strukturelle Fragen", für die man ein Konzept entwickeln müsse. "Leider wird hier viel hemdsärmelig und spontan entschieden", sagt die Kandidatin. Der Stadtrat müsse sich die gemeinsamen Ziele bewusst machen und dann die nötigen Maßnahmen schrittweise konsequent umsetzen. Für eine gute Zusammenarbeit der Fraktionen brauche es die richtige Moderation. Die dafür nötige "kommunikative Stärke" bringe sie mit, sagt Heinloth. "Ich bin eine Netzwerkerin."

Wenn sie das Spitzenamt der Stadt erhält, will sie das nicht nur im Rathaus sein. Die gewählten Vertreter müssten sich auch mehr für die zahlreichen engagierten Bürger öffnen, die in Vereinen und Initiativen das Stadtleben gestalten, fordert die Kandidatin. Projekte wie das Badehaus oder die Surfwelle zeigten, dass es in Wolfratshausen "viele sehr kämpferische Menschen" gebe. Diese müssten mehr Wertschätzung bekommen und "unbedingt in die Politik einbezogen werden".

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