Kommunalwahl in Bad Tölz-Wolfratshausen:Acht Schwerpunkte und ein Eklat

Kommunalwahl in Bad Tölz-Wolfratshausen: Sie bewerben sich um Sitze im Kreistag Bad Tölz-Wolfratshausen: 20 Kandidaten hat der 25 Mitglieder starke Kreisverband der Linken aufgestellt.

Sie bewerben sich um Sitze im Kreistag Bad Tölz-Wolfratshausen: 20 Kandidaten hat der 25 Mitglieder starke Kreisverband der Linken aufgestellt.

(Foto: Ingeborg Kaiser - Podlewski)

Mitglieder der Linken präsentieren zum ersten Mal eine Kandidatenliste für den Kreistag. Ihre Themen reichen von der medizinischen Versorgung bis zur Landwirtschaft. Ein Gast muss nach Drohungen den Saal verlassen.

Von Petra Schneider

Die SPD kämpft ums Überleben, aber dass im Landkreis Wählerpotenziale für Linksaußen schlummern, davon ist eine kleine Gruppe überzeugt: Die Linkspartei, die mit Bäckermeister Sebastian Englich überraschend einen Landratskandidaten präsentiert und erstmals eine Liste mit 20 Kandidaten für den Kreistag aufgestellt hat. Weil die Linkspartei bei der Bundestagswahl in Bayern über fünf Prozent gekommen ist, waren keine Unterstützerunterschriften nötig. Diese Chance habe man genutzt, sagt Günter Reschke, Sprecher des Ortsvereins Geretsried-Wolfratshausen.

25 Mitglieder hat die Partei derzeit im Landkreis. Man sei "relativ unorganisiert", einen Kreissprecher gebe es nicht. Im Nordlandkreis leiden die Linken unter einer "Überalterung", sagt Reschke. Hoffnung macht der Süden. Denn in Bad Tölz haben sich, neben dem 34-jährigen Landratskandidaten, mit Elisabeth Sellmaier und Agnes Süßbauer zwei junge Neumitglieder aufstellen lassen. Die Tölzer Basisgruppe hat das Bürgerbegehren zum Bichler Hof unterstützt, und ihr Sprecher, Elmar Gehnen, war bei der Landtagswahl als Direktkandidat angetreten. "Ohne die Aktiven in Tölz wäre es nicht zur Kreistagsliste gekommen", ist Reschke überzeugt.

Zehn der Kandidaten, zu denen auch nicht-Mitglieder wie der Wolfratshauser Thorsten Thane gehören, haben am Freitag im Kolberbräu dreieinhalb Stunden am Wahlprogramm gefeilt, das unter dem Leitmotiv der sozialen Gerechtigkeit steht. Überschattet wurde die Versammlung allerdings von einem Eklat: Ein Zuhörer, der sich als Sympathisant der Kommunisten vorstellte, hatte die Beratungen durch wiederholte Provokationen gestört. Weil er dies trotz mehrmaliger Aufforderung nicht unterließ und Handgreiflichkeiten androhte, wurde er des Saals verwiesen. Acht Schwerpunkte haben die Linken in ihrem Programm gesetzt: Medizinische Versorgung, ÖPNV, Wohnen, Kinder- und Jugendhilfe, Inklusion, Ausstattung für Schulen, Transparenz, Landwirtschaft. Eine der wesentlichen Forderungen ist die "Abschaffung der gewinnorientierten Gesundheitspolitik". Die Asklepios-Klinik solle in die öffentliche Hand zurückgeführt werden. Dass ein Privatunternehmen Gewinne zu Lasten der Krankenkassen generiere, sei "Diebstahl an der Bevölkerung". Auch ein lange diskutiertes Thema steht bei den Linken auf der Agenda: "Wir wollen wieder eine Geburtshilfe in Bad Tölz". Die Kreisklinik Wolfratshausen müsse mit einem höheren Budget ausgestattet werden, um das nötige Personal unbefristet einstellen zu können. Eine "wohnortnahe gesundheitliche Grundversorgung" sei unabdingbar. Auch fehlende Pflegeheime und Kurzzeitplätze sind für die Linken ein Thema. Aber da seien womöglich die Kommunen zuständig, mutmaßte Landratskandidat Englich. Da müsse man sich erst informieren, ebenso, ob es Engpässe bei den Frauenhäusern gebe. Beim Thema ÖPNV war man sich einig, dass das Angebot billiger werden müsse, um die Auslastung zu erhöhen. "Langfristig strebt die Linke einen kostenlosen Nahverkehr an", heißt es im Programm. Um das Thema Nahverkehr solle sich aber "der Andi" kümmern, der auf dem Gebiet ein Experte sei. Der Andi, das ist der Geretsrieder Bundestagsabgeordnete Andreas Wagner, mit dem die Linken im Landkreis einen prominenten Vertreter haben. Beim Thema Wohnen fordern sie einen Mietspiegel und einen Mietendeckel gemäß der Forderungen des Volksbegehrens "6 Jahre Mietenstopp" für Bayern. Wohnraum müsse in "öffentlichem oder genossenschaftlichem Besitz" bleiben, Bürokratie abgebaut und Baugenehmigungen und Verfahren vereinfacht werden. Zudem solle Geretsried in die Liste der Gebiete mit "erhöhtem Wohnungsbedarf" aufgenommen werden, die seit 2007 nicht mehr überarbeitet worden sei. Die Forderung nach mehr Wohnungsbau wurde am Freitag nicht explizit geäußert. Der Landkreis sei ein "wunderbares, touristisches Ziel", betonte Hannah Klaus. "Wenn wir immer nur auf Wohnen setzen, dann werden wir zu einer Schlafvorstadt von München."

Auch die Situation der Bauern ist für die Linken ein Thema. Damit mittelständische Betriebe überleben könnten, müsse ihre Umwandlung in solidarische Landwirtschaften nach dem Beispiel der Genossenschaft "Biotop Oberland" unterstützt werden. Eine vom Kreistag bereits abgelehnte Forderung der Grünen nach einem "digitalen Hausmeister" greifen die Linken auf und plädieren für einen IT-Administrator an allen Schulen. Mehr Personal für die Kinder- und Jugendhilfe sowie Barrierefreiheit in Behörden, Schulen und öffentlichen Verkehrsmitteln sind weitere Forderungen.

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