Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Worauf Wähler warten

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Frau sein allein genügt nicht: Sabine Lorenz hat als CSU-Kandidatin für das Amt des Landrats programmatisch noch nichts zu bieten.

Kommentar von Felicitas Amler

Es scheint der Versuch zu sein, aus der Not eine Tugend zu machen: Die CSU präsentiert im Kampf ums Amt des Landrats von Bad Tölz-Wolfratshausen zum ersten Mal eine Frau. Ausgerechnet die CSU - nicht gerade bekannt für engagiert-aktive Frauenförderung - könnte damit womöglich ein paar Extrapunkte machen. Auf diese an sich bestechende Idee kam die Partei aber erst nach einer ordentlichen Blamage: dem Rückzug jenes Landratskandidaten, den sie noch im April als den einen und einzigen vorgestellt hatte. Werner Weindl, so hatte der CSU-Kreisvorstand damals gejubelt, sei "ein Glücksfall", der ideale Bewerber, gründlich qualifiziert, in alle kommunalpolitischen Abläufe eingeweiht: "Wir haben keinen besseren." Einen besseren galt es nach der peinlichen Absage des Hochgelobten auch nicht mehr zu finden, sondern überhaupt einen oder eine.

Wer auch immer es geworden wäre: Sie oder er hätte es nicht leicht. Die CSU kann es drehen und wenden, wie sie will ("Bewusst eine Neueinsteigerin . . ." "Wir sind bunt . . .") - Sabine Lorenz ist im Wortsinn die zweite Wahl. In der Öffentlichkeit - zumal beim politischen Gegner - wird sie nicht zuerst an ihrer Qualifikation gemessen werden. Umso mehr, als sie bisher keineswegs leidenschaftlich und öffentlich wahrnehmbar Politik gemacht hat. Auch nicht in der Funktion als Kreisvorsitzende der Frauen-Union. Dabei gäbe es gerade für die Frauen in der CSU einiges zu tun. Es scheint aber ohnehin langsam einzureißen, dass Parteien Kandidaten für wichtige Ämter vorstellen, ohne dass diese programmatisch schon viel zu bieten hätten. Genauso wie die Wolfratshauser SPD mit ihrem Bürgermeisterkandidatur-Anwärter Fritz Meixner verweist nun auch die CSU mit ihrer "in Stein gemeißelten" Landratsbewerberin Sabine Lorenz auf erst noch festzulegende inhaltliche Konzepte.

Man würde sich dringend Kandidaten wünschen, die bereits wissen, was sie politisch wollen. Alles andere ist zweitrangig. Auch Frau sein allein genügt nicht. Ein paar Überzeugungen dürfen Wähler/innen schon noch erwarten. Vor der Kandidatur, nicht hinterher.

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Quelle:
SZ vom 30.10.2013
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