Süddeutsche Zeitung

Kommentar zum Wolfratshauser Rathauscafé:Ende einer Elendsgeschichte

Lesezeit: 1 min

Doch der Vorgang wirft Fragen auf...

Von Florian Zick

Man muss es leider so sagen. Aber Wolfratshausen hatte zuletzt ein bisschen die Anmutung einer Geisterstadt. Das Geschlossen-Schild am Café Streicher, die ärgerliche Baustellenruine vom Isar-Kaufhaus ein paar Schritte weiter: Das Entree einer modernen Altstadt könnte sicher einladender ausfallen, lebendiger. Um das Positive aber vorneweg zu sagen: Die gerichtlich angeordnete Räumung des Rathaus-Cafés eröffnet der Stadt nun die Gelegenheit, einen neuen Pächter für dieses doch so prominent gelegene Lokal zu finden. Im besten Fall freilich jemanden, der den verwaisten Innenhof hinter dem Wolfratshauser Rathaus wieder zu einem gut besuchten Treffpunkt der Stadtgesellschaft macht.

Natürlich wirft der Vorgang aber auch einige Fragen auf. Allen voran die, ob die Stadt bei der Vergabe des Cafés keinen Gastronomen-Check durchgeführt hat. Es verwundert einen dann doch, dass erst das Landratsamt feststellen musste, dass der Wirt Franz Haberzettl als unzuverlässig einzustufen sei und man ihm deshalb auch keine Konzession zum Führen eines solchen Lokals erteilen könne. Hätte die Stadt nicht blindlings einen Pachtvertrag unterschrieben, das Café wäre gar nicht erst so ins Gerede gekommen.

Aber auch das Verhalten des Wirts ist mehr als irritierend. Als offenkundig wurde, dass Haberzettl das Café selbst gar nicht betreiben kann, hat ihm die Stadt einen Auflösungsvertrag vorgelegt. Doch statt die Misere mit einer schnellen Unterschrift zu beenden, vermietete er erst unter - und sperrte das Lokal danach einfach zu.

Was ihn dabei geritten hat, darüber lässt sich nur spekulieren. Haberzettl selbst spricht nicht, nur über seinen Anwalt - nicht einmal vor Gericht ist er persönlich erschienen. Wollte er der Stadt eins auswischen, indem er die Immobilie blockiert? Quasi als Revanche dafür, dass man ihm dort die Existenz verbaut hat. Oder hat er vielleicht darauf gehofft, noch einen Partner zu finden, der zusammen mit ihm den Laden schmeißt? Man weiß es nicht. Unterm Strich bleiben für Haberzettl nun über 12 000 Euro Mietschulden. Sein Renommee als Wirt ist damit endgültig dahin. Und die Stadt musste dulden, das die Fenster des Rathauscafés monatelang dunkel bleiben. Gut, dass diese Episode bald vorbei ist. Denn rühmlich war diese Elendsgeschichte für keine Seite.

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Quelle:
SZ vom 24.08.2019
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