Kommentar:Tür zu in Stillstandshausen

Von Stephanie Schwaderer

Vier Jahre ist es her, dass der Bayerische Rundfunk in einer Fernsehsendung Wolfratshausen als Paradebeispiel für sterbende Kleinstädte porträtierte. Von "Stillstandshausen" war die Rede. Der ortsansässige Medienunternehmer Stefan Eckardt drehte damals einen Gegenfilm. Seine Botschaft: Wolfratshausen ist nicht tot, sondern liebens- und lebenswert. Dass er dies heute noch bekräftigen würde, darf bezweifelt werden. Die Verwalter von Stillstandshausen haben ihn gerade krachend gegen die Wand laufen lassen.

Im Gegensatz zu professionellen Veranstaltern verdient Eckardt sein Geld als Medienunternehmer. Somit konnte er den Luxus wagen, im "Merkurdome" kurzfristig ein Non-Profit-Festival auf die Beine zu stellen. Um zu ermessen, wie viel Zeit, Kraft, Geld und Herzblut er und sein Mitstreiter Harry Rosenkind in das Projekt investiert haben, reicht ein Blick auf die Homepage und das Line-up. Erklärtes Ziel der beiden war es nicht nur, Kulturfreunden unter Einhaltung aller Sicherheitsbestimmungen ein bisschen Sommerfeeling zu verschaffen. Ihr Festival war vor allem eine akute Überlebenshilfe für Künstler und Techniker, die derzeit durch alle Raster staatlicher Hilfeleistungen fallen.

Die Stadt München investiert in diesem Sommer knapp eine Million Euro, um mit der "Sommerbühne im Olympiastadion" Künstlern unter die Arme zu greifen. Die Stadt Wolfratshausen wäre mit 4000 Euro dabei gewesen. Ein vergleichsweise lächerlicher Betrag, den Bürgermeister Klaus Heilinglechner ohne Zustimmung des Stadtrats hätte bewilligen können. Statt den Mut und die außerordentliche Tatkraft zu würdigen, die da ein Privatmann an den Tag gelegt hat, verweist Heilinglechner auf die geltenden Vorschriften und Abläufe und darauf, dass Eckardt den Zuschuss bereits im Vorjahr hätte beantragen müssen - "wie alle anderen Veranstalter auch".

Neben der mangelnden finanziellen Unterstützung ist es vor allem die fehlende Wertschätzung, die sprachlos macht. Ganze zwei Vertreter der Stadtverwaltung haben laut Eckardt den Weg ins "Merkurdrome" auf sich genommen. In dieser Stadt trifft außergewöhnliches Engagement offenbar auf außergewöhnliche Ignoranz.

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