Kommentar:Notorische Geheimniskrämer

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Was wäre öffentlicher als Architektur. Aber über das Stadtarchiv will Bürgermeister Helmut Forster nicht öffentlich entscheiden lassen.

Von Matthias Köpf

Die Architektur gilt als öffentlichste aller Künste, denn ihre Werke finden sich nicht nur in Museen und Archiven. Vielmehr sind die Museen und Archive bestenfalls selbst Werke dieser öffentlichen Kunst. Das künftige Stadtarchiv am Loisachufer zum Beispiel wird den täglichen Anblick der Altstadt für alle Menschen in Wolfratshausen wesentlich mitprägen. Deshalb ist es gut, dass es dafür einen Architektenwettbewerb gegeben hat. Dass die endgültige Entscheidung nun unter Ausschluss der Öffentlichkeit fallen soll, ist dagegen ein schwerer Fehler und ein falsches Signal.

Denn eine Entscheidung hinter verschlossenen Türen, wie sie Bürgermeister Helmut Forster anstrebt, verstößt nicht nur gegen den Geist der Architektur, sondern auch gegen den der Bayerischen Gemeindeordnung, die großen Wert auf die Öffentlichkeit aller Entscheidungen legt. Ob Forsters Vorgehen nicht auch gegen den Buchstaben der Gemeindeordnung verstößt, lässt sich zumindest diskutieren. Denn auch Auftragsvergaben sind keineswegs immer im Geheimen zu fällen, wie dies in Wolfratshausen und anderswo gewohnheitsmäßig praktiziert wird. Dies wäre nur dann gerechtfertigt, wenn schutzwürdige Interessen der Beteiligten auf dem Spiel stünden. Betriebsgeheimnisse der Architekturbüros wären in dem Fall aber schwerlich zu verraten, denn alle Entwürfe waren öffentlich ausgestellt. Und Architekten-Honorare bemessen sich nach allgemein gültigen Richtlinien.

Dass Forster die notorische Geheimniskrämerei im Rathaus überhaupt mit der Gemeindeordnung begründet, ist dreist, denn er lässt auch über Zuschüsse an Vereine stets hinter verschlossenen Türen entscheiden, was ein klarer Verstoß gegen diese Gemeindeordnung ist. Auch hier wären die Stadträte gefordert: Sie sollten den Antrag stellen, den fraglichen Punkt öffentlich zu beraten. Dann würde sich zeigen, wer von ihnen für Transparenz stimmt - und wer lieber im Geheimen zuteilt und herrscht.

© SZ vom 08.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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