Kommentar :Man muss es nur wollen

Das Stadtratsprotokoll in Geretsried ist in Zukunft online abrufbar - aber erst einen Monat nach der Sitzung. Transparenz sieht anders aus

Von Florian Zick

Was sind das nicht für schöne Schlagworte: Transparenz, Bürgerbeteiligung, Informationsfreiheit. Vor allem vor der Kommunalwahl gehörten sie zum Standardrepertoire all derer, die sich für ein Mandat im Rathaus beworben haben. Das hört sich aber auch wirklich toll an: Schluss mit der Hinterzimmerpolitik, für mehr Offenheit im Ortsparlament. Nur so kann man die Bürger schließlich auch wieder mehr für Lokalpolitik begeistern. Gut ein halbes Jahr später ist von diesen hehren Willensbekundung jedoch vielerorts schon wieder nur eine Fußnote übrig.

In Geretsried zum Beispiel hat der Stadtrat nun lediglich ein Minimalzugeständnis an das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit gemacht: Das Stadtratsprotokoll wird künftig online gestellt - allerdings erst einen Monat nach der Sitzung, also dann, wenn die Angelegenheit schon niemanden mehr interessiert. Vor einer Sitzung sollen Stadtratsunterlagen jedenfalls nicht über das Internet verfügbar gemacht werden - genauso wie in Bad Tölz.

Die Kommunen verstecken sich dabei hinter Datenschutzrichtlinien und dem Begriff "Weltöffentlichkeit". Schon klar, wenn man Stadtratsunterlagen online stellt, dann kann man auf diese von überall zugreifen - und relevant sind sie doch eigentlich nur für die lokale Bevölkerung.

Doch breiter und bequemer als über das Internet lassen sich solche Dokumente nicht zugänglich machen. Der Architektenentwurf für die neue Turnhalle, der Bebauungsplan für die brachliegende Industriefläche oder der Beschlussvorschlag für die neuen Abwassergebühren - all das könnte man schon vorab zum Abruf bereitstellen. Dann könnte man sich den Bürgern schon vor einer Sitzung ein Bild davon machen, ob einen die Themen interessieren.

Dass das grundsätzlich geht, zeigt beispielsweise das Tölzer Landratsamt. Die Unterlagen für den Kreistag gehen immer drei Tage vor einer Sitzung online. Von den in den Dokumenten genannten Personen und Firmen holt sich das Landratsamt vorab die grundsätzliche Einwilligung zur Veröffentlichung. So kann man Datenschutz und Bürgerservice also auch in Einklang bringen - man muss es nur wollen.

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