Flüchtlinge:Personalabbau bei Asyl-Unterkünften ist kalkulierte Provokation

Die Staatsregierung hat im Landkreis Sicherheitsdienst und Sozialpädagogen eingespart. Das ist eine Zumutung für Bewohner und Nachbarn.

Kommentar von David Costanzo

Der Sicherheitsdienst war schnell zur Stelle. Ein einziger, junger Mann suchte immer wieder Streit mit seinen Altersgenossen in der Flüchtlingsunterkunft Am Kranzer in Reichersbeuern, drohte ihnen und eines Tages rastete der 19-Jährige auf dem Fußballplatz aus. Er zog seinen Gürtel aus der Hose und verletzte einen Mitbewohner an der Stirn, ein anderer griff zur Verteidigung zu einem Stock. Die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes kannten den aufbrausenden, jungen Mann bereits, sie gingen dazwischen und beendeten den Zwist. Der Amtsrichter brummte dem 19-Jährigen eine Woche Arrest auf.

Nach dem Willen der Staatsregierung sollen Flüchtlinge künftig sich selbst überlassen sein. Die Regierung von Oberbayern übernimmt und belegt nach und nach die großen Unterkünfte vom Landratsamt - und spart sich die Sicherheitsmitarbeiter und Sozialpädagogen. Das ist eine kalkulierte Provokation, ein Inkaufnehmen von Zwischenfällen, ein Skandal.

Wolfratshausen/Geretsried
:Kein Sicherheitsdienst mehr in Asyl-Unterkünften

Die Regierung von Oberbayern übernimmt sechs große Einrichtungen im Landkreis für 2600 Flüchtlinge und spart Betreuer ein. Der Wolfratshauser Helferkreis und Bürgermeister Klaus Heilinglechner protestieren.

Von Felicitas Amler und Konstantin Kaip

Es ist nicht der einzige: Verbunden mit dem Sparverdikt ist der Umzugszwang. Noch nicht anerkannte Flüchtlinge müssen raus aus Wohnungen und rein in die anonymen Massenunterkünfte in Geretsried und Wolfratshausen, wo Familien mit kleinen Kindern, junge Männer und alleinstehende Frauen unterschiedlichster Herkunft nach dramatischen Erlebnissen in der Heimat und auf der Flucht unfreiwillig eng auf eng nebeneinander sitzen. Hier auch noch keinen Ansprechpartner rund um die Uhr anzubieten, ist zuallererst eine Zumutung für die Bewohner. Doch auch die Nachbarn haben keine Anlaufstelle, wenn es etwas zu klären gibt. Das verhindert gute Nachbarschaft, das verhindert Integration.

© SZ vom 20.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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