Kommentar:Eine beispielhafte Ausstellung

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Mit seiner Präsentation über ein Kapitel der lokalen NS-Vergangenheit braucht sich das Stadtmuseum nicht - wie geschehen - zu verstecken

Von Klaus Schieder

Bad Tölz erinnert gerne an seine mondän angehauchte Kurhistorie, wirbt mit seiner prächtigen Marktstraße und der zauberhaften Landschaft, präsentiert sich vor allem als Hort der Erholung und der Gesundheit. Das weiß-blaue Image für Touristen überblendet, dass auch die Kurstadt - wie alle anderen Orte in Deutschland - eine braune Vergangenheit hat. Dem haben sich Stadtverwaltung und Lokalpolitiker durchaus gestellt - besser als manch andere Kommune in Deutschland. Vor dem Stadtmuseum erinnern Gedenksteine im Pflaster an behinderte Menschen und Juden, die von den Nazis ermordet wurden. Anders als Dietramszell mit der Hindenburgbüste fand Tölz mit der Hindenburgstraße auch ohne öffentliche Nachhilfe zu einer Lösung, die überzeugt: Der Name der Reichspräsidenten verschwand zwar nicht vom Straßenschild, seine Rolle als Steigbügelhalter der Nazis schildern jedoch Texte und Fotos auf elf Stelen von der Fußgängerzone bis zur Stadtbibliothek.

Umso unverständlicher, dass nun nichts auf die bemerkenswerte Ausstellung "Bauprojekte der Hybris in Tölz" hinweist, die Leiterin Elisabeth Hinterstocker im Stadtmuseum zusammengestellt hat. Im Januar-Heft "Aktuell in Tölz", wo sonst jeder Kleinkram aufgeführt ist, findet sich keine Zeile dazu, es gab keine Vernissage, kein Plakat - nichts. Dabei zeigt die Schau nicht bloß, was Bad Tölz verloren hätte, wenn willfährig Pläne unter den Nazis verwirklicht worden wären: Franziskanerkirche weg, Kalvarienbergkirche weg, Leonhardikapelle weg, Hotel Kolbergarten weg, statt dessen größenwahnsinnige Mahnmale und Bauwerke. Von der - realisierten - SS-Junkerschule als Ausbildungsstätte für Mörder ganz zu schweigen. Die Ausstellung bringt dem Besucher auch nahe, in welchen Abgrund Werteverfall, übersteigerter Nationalismus und Feindbilder geführt haben.

Eine Werbung für die Ausstellung hätte Bad Tölz gut angestanden. Oder fürchtete man ums Image, weil womöglich zwei, drei Unverbesserliche ins Museum kommen? Das wäre fatal. Aufklärung tut noch immer Not, gerade in Zeiten eines Rechtspopulismus, der sich nicht scheut, das eigene Volk wieder über alles zu stellen, andere Länder zu Gegnern zu erklären, Menschen zu kriminalisieren oder zu diskriminieren. Feigheit hilft dagegen sicher nicht.

© SZ vom 30.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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