Es gehört zu den größten Qualitäten eines Politikers, wenn er zugeben kann: Ich habe einen Fehler gemacht. Oder: Ich habe mich geirrt. Der Wolfratshauser Stadtrat hat dies gerade getan. Wenn nicht mit Worten, so doch mit einer rühmlichen Tat: Das Gremium hat dem Erinnerungsort Badehaus gewährt, was es ihm - expressis verbis - vor sechseinhalb Jahren verwehrt hatte.
Damals herrschte im Wolfratshauser Stadtrat allerhöchste Skepsis, ja, bei manchen sogar ein ungutes Misstrauen gegenüber dem Badehaus-Verein. Ob der nicht scheitern werde, war eine der schwerwiegenden Fragen in der Diskussion. Und unter den zehn strikten Bedingungen, die an den mühsam erkämpften Investitionszuschuss von einer halben Million Euro geknüpft waren, fand sich auch diese: dass sich die Stadt weder an den laufenden Unterhaltskosten beteiligt noch mögliche Defizite des Betriebs ausgleicht.
Seit jenem Oktober 2013 haben die Bürger fürs Badehaus allerdings alles getan, um noch den größten Skeptiker umzustimmen. Sie haben mit eindrucksvoller ehrenamtlicher Leistung ein einzigartiges Projekt geschaffen, das Menschen aus aller Welt anzieht, Jugendliche zu geschichtsinteressierten, politisch wachen Bürgern macht und der Stadt zu Ehre und Anerkennung gereicht.
SPD-Sprecher Fritz Meixner hat seinen Respekt dafür schön formuliert: "Wir alle ziehen den Hut vor dem, was da entstanden ist." Und er hat etwas hinzugefügt: Der Erinnerungsort Badehaus verdient überregionale Unterstützung. Es ist nötig und gut, dass Wolfratshausen sich zu seiner Geschichte bekennt und die Erinnerungsarbeit fördert. Aber im Badehaus wird nicht nur Ortshistorie, sondern deutsche Zeitgeschichte in ihren wichtigsten Abschnitten sichtbar. Schüler und Studierende können dort exemplarisch die Nazizeit - und deren Folgen in Form der Vertreibung - erforschen und sich mit jüdischem Leben in der Nachkriegszeit befassen. Das sollte auch staatlich gefördert werden. Sicher ist es ein gutes Zeichen, dass soeben Ludwig Spaenle das Badehaus besucht hat. Sein voller Titel lautet "Beauftragter der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe". Genau das Richtige für Föhrenwald.