Kommentar:Drei Minuten statt "3 G"

Die Geretsrieder Grünen haben eine Bürgermeisterkandidatin. Begeisterung darüber ist aber nicht zu erkennen. Sie bekommt exakt so wenig Zeit, sich zu präsentieren, wie die Stadtratskandidaten

Von Felicitas Amler

Die Grünen sind nicht gerade der Motor der Kommunalpolitik in Geretsried. Eher ein zuverlässig mittuckernder Beiwagen. Das könnte sich ändern - falls die Partei das überhaupt will. Bei der Nominierung ihrer Bürgermeister-Kandidatin hatte man nicht unbedingt den Eindruck.

Die Geretsrieder Grünen haben im Stadtrat im Großen und Ganzen mitgetragen, was der allenthalben Impulse setzende Bürgermeister mit seiner CSU auf den Weg gebracht hat. Der mache seinen Job doch gut, war aus den Reihen der Grünen immer wieder über Michael Müller zu hören. Ein Gegenkandidat? Wozu? Das war noch bis vor ganz, ganz kurzer Zeit die erklärte Linie der Grünen. Bis sich plötzlich und absolut unerwartet Martina Raschke als Kandidatin anbot. Mit der Mitbegründerin der Bürgerstiftung Energiewende Oberland, Mediatorin und Nachhaltigkeitsberaterin könnten die Grünen ein waschecht grünes Gegengewicht zur herrschenden Kommunalpolitik setzen.

Die Partei hat sie nun auch brav als Bürgermeister-Kandidatin nominiert. Sehr brav. Keine erkennbare Begeisterung über die unverhoffte Chance, mit einer profilierten Person in den Wahlkampf zu ziehen, keine knallenden Korken, kein bisschen Euphorie und artikulierte Aufbruchstimmung. Im Gegenteil: Die Bewerberin bekam exakt so wenig Zeit zugesprochen, sich zu präsentieren, wie die Stadtratskandidaten. Ein streng auf die Uhr blickender Wahlleiter wachte darüber. Drei Minuten. Das reicht knapp aus, um zu sagen, wer man ist, und grob anzudeuten, wohin es mit der Stadt gehen soll. Mehr wollten die Grünen auch gar nicht wissen; geschweige denn diskutieren. Abgehakt, nächster Wahlgang.

Was für eine Respektlosigkeit gegenüber einer Frau, die bereit ist, ihre Zeit, ihren Intellekt und ihre Energie voll einzubringen. Man lässt sie nicht ausreden. "Grün, gemeinsam, Geretsried": Diese "3 G" hat sich Martina Raschke als Slogan überlegt. An der Gemeinsamkeit wird wohl noch zu arbeiten sein.

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