Kommentar:Bummeln statt parken

Als Wolfratshauser würde man sich manchmal wünschen, die Marktstraße wäre noch viel häufiger als am Freitag für den Grünen Markt gesperrt und der Verkehr würde aufs Allernotwendigste, nämlich auf die Durchfahrt von Lieferanten und Anliegern beschränkt.

Von Wolfgang Schäl

Manchmal könnte man als Bewohner Wolfratshausens mutlos werden. Nun also steht der Grüne Markt wieder in der Diskussion, der von seinem unsinnigen Standort am Loisachhallen-Parkplatz dankenswerterweise in den Untermarkt verlagert worden ist. Keine Maßnahme, abgesehen von der höchst gelungenen Gestaltung des Loisach-Ostufers und der Alten Floßlände, hat in letzter Zeit so zur Urbanität der Stadt beigetragen wie gerade dieser halbe Markttag. Denn er zaubert genau das ins Zentrum, was doch allenthalben händeringend verlangt wird: Leben! Was aber tun hiesige Geschäftsleute? Sie starren auf den Freitagvormittags-Umsatz, wollen ihren Durchgangsverkehr in beiden Richtungen wieder haben, und natürlich wie eh und je: mehr Parkplätze. Gerade so, als seien die Kunden in Wolfratshausen allesamt beinamputiert und müssten sich mit letzter Kraft über den Sebastianisteg ins Zentrum schleppen. Dabei sind nicht einmal die Parkplätze am Loisachufer - absolute Bestlage für Fußmüde - immer ausgelastet.

Man würde sich wünschen, die Marktstraße wäre noch viel häufiger gesperrt und der Verkehr würde aufs Allernotwendigste, nämlich auf die Durchfahrt von Lieferanten und Anliegern beschränkt. Das wäre eine Motivation, mehr Platz für Fußgänger zu schaffen und aus dem Dauerprovisorium Marktstraße eine wirklich schön gestaltete Innenstadt zu machen, in der das Einkaufen Spaß macht, in der man gern vor einem Café sitzt, weil kein Vierzigtonner und kein Monstertraktor seinen Dieselqualm auf den Kuchenteller bläst. Wie viel Lebensqualität das bedeutet, lässt sich in anderen Städten erfahren. Oder könnte sich jemand die Tölzer Marktstraße heute noch mit Durchgangsverkehr vorstellen? Bad Tölz hat vor 30 Jahren unter Zwang gehandelt, weil es wegen der Abgasbelastungen das Kurprädikat zu verlieren drohte, ein Druck, der in Wolfratshausen leider fehlt. So hört die Stadt immer noch auf die Stimmen der wenigen, die nicht in der Lage sind, ihren Blick über die Tagesabrechnung zu erheben.

Zum Glück reihen sich längst nicht alle Geschäftsleute in das Gefolge des rastlosen Einzelkämpfers Heinz Wensauer ein, der aus Gründen, die nur er selbst kennt, mit Unterschriftenlisten hausieren geht. Sind die Geschäftsleute nicht in der Lage, ihre Interessen selber zu vertreten? Zum Glück scheint auch außerhalb der Geschäftswelt ein Umdenken nicht ausgeschlossen - die kritischen Stimmen bei der Versammlung der Bürgervereinigung lassen aufhorchen, ebenso die besonnene und nachdenkliche Reaktion von Bürgermeister Klaus Heilinglechner. Da meint man, neue Töne gehört zu haben.

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