Die Komische Gesellschaft ist für Mitinitiator Tobias Fuhrmann eine „Experimentierplattform mit Anspruch“. Vor drei Jahrzehnten hat sich der Tölzer noch als Abiturient mit theaterbegeisterten Schülern des Gabriel-von-Seidl-Gymnasiums zusammengetan und den Verein gegründet. „Der Geist der Zeit war: Irgendetwas mit Bühne, irgendetwas Kreatives, lasst uns es machen“, erinnert sich Fuhrmann. „Das waren wilde Jahre damals.“
Mit „Geschichten aus dem Wiener Wald“ fing alles an
Das Tölzer Kulturleben jedenfalls hat die Komische Gesellschaft damit bereichert, mal subversiv, oft gesellschafts- und sozialkritisch, immer unterhaltsam. Was mit Ödön von Horváths Theaterklassiker „Geschichten aus dem Wiener Wald“ begann, setzte sich mit Video- und Hörspielwettbewerben und Stummfilmabenden fort. Es entstanden Gruppen für Improvisations- und Inklusionstheater. Sogar eine Zockernacht für Computerspieler organisierte die Komische Gesellschaft. In 30 Jahren entstanden 37 Theaterproduktionen. Fuhrmann spricht vom „Bild einer Zwiebel“, die sich schäle, damit aus jeder Schicht etwas Neues entstehe.
Nun feiert der Verein um das erste Oktoberwochenende herum sein 30-jähriges Bestehen. Darüber freut sich Fuhrmann besonders, weil wieder eine neue Generation in vergleichbar jungem Alter wie zu Gründungszeiten die Geschicke der Komischen Gesellschaft leitet. „Das ist wunderbar. Die Komische Gesellschaft steht genau dafür, dass junge Leute ihr Ding machen können“, sagt Fuhrmann.
Damit ist die 20-jährige Charlotte Rein angesprochen, die den Verein seit Jahresbeginn als Vorsitzende führt. Sie hat am Gabriel-von-Seidl-Gymnasium Abitur gemacht, dort an der hochgelobten Musical-Produktion „West Side Story“ mitgewirkt und studiert mittlerweile Anglistik und Theaterwissenschaften in Nürnberg. Im weiteren Vorstandsteam sind junge Leute wie sie, die meisten ebenfalls vom Tölzer Gymnasium.
Mit der Lust teilt sich die Komische Gesellschaft die Alte Madlschule als Veranstaltungsort
Als Veranstaltungsort teilt sich die Komische Gesellschaft mit dem Kulturverein Lust, der heuer 40-jähriges Bestehen feiert, die Alte Madlschule in der Schulgasse. In dem gerade sanierten Gebäude plaudern Tobias Fuhrmann, Charlotte Rein und Verena Peck – Vorsitzende der Komischen Gesellschaft von 2012 bis 2023 – in gelöster Stimmung über die Vereinshistorie und das Programm zum Jubiläum am 3. und 4. Oktober. Wer sich der Komischen Gesellschaft verbunden fühle, könne für den eigentlich in geschlossener Gesellschaft geplanten Festabend noch per Mail um Restkarten anfragen, sagen sie.
Das Programm soll möglichst abwechslungsreich werden. Zunächst tritt die von Jürgen Reif geleitete Improgruppe auf, die Ideen aus dem Publikum verarbeiten wird. Anschließend zeigt eine Gruppe um die langjährige Regisseurin Ulla Haehn eine Performance nach Gedichten von Ernst Jandl. Zudem kommt das neu formierte Schauspielteam mit drei Kurzgeschichten von Ernest Hemingway, Roald Dahl und Ray Bradbury auf die Bühne. Dabei führen die neue Vorsitzende Charlotte Rein und Marc Schröder aus dem Vorstand Regie.
Wie Fuhrmann und Peck betonen, unterstützten sie zwar die junge Führungsriege gerne, grundsätzlich mischten sie sich aber nicht in deren künstlerische Arbeit ein. „Die sollen machen, worauf sie Bock haben“, sagt die 47-jährige Peck. Als sie noch Vorsitzende war, sei ihr der sozialkritische Ansatzpunkt besonders wichtig gewesen. „Zur großen Flüchtlingswelle von 2015 haben wir Weltkulturabende gefeiert und Flashmobs in der Marktstraße organisiert.“ Das Ziel damals: Einheimische und Geflüchtete sollten zusammenkommen und Verständnis füreinander entwickeln.
Wie ein roter Faden begleitet laut Fuhrmann vor allem das Ende der 1990er-Jahre entstandene Improvisationstheater die Vereinsgeschichte. „Wir haben das immer als das beste Training für das Theaterspielen gesehen“, sagt er. Wer damit vor Publikum auftrete, müsse Mut zum Scheitern aufbringen, lerne sich selbst auf andere Weise neu kennen.
Gleichzeitig erinnert Fuhrmann an die Zeiten, als die Komische Gesellschaft Mitte der Neunzigerjahre ins Tölzer Theater am Advokatenplatz auswich. Oder als die Alte Madlschule als Veranstaltungsort zweimal auf der Kippe stand: Kurz nach der Jahrtausendwende musste sie umgebaut werden, vor zehn Jahren überlegte die Stadt Bad Tölz, das Pfarrheim Franzmühle von der katholischen Kirche zu kaufen und dafür unter anderem die Madlschule zu veräußern. Die beiden Kulturvereine seien dankbar, das Haus weiter nutzen zu können, so Fuhrmann.
Der Musik will die neue Vorsitzende Rein mehr Raum geben
Und welche Ideen hat die neue Vorsitzende? Neu eingeführt haben Charlotte Rein und ihre Führungsriege, dass jeder nur noch einen QR-Code einscannen muss, um Mitglied zu werden. Im Programm könnte ihrer Vorstellung nach mehr Musik eine Rolle spielen. Sie denkt über Konzerte, ein Festival oder ein Musical nach. „Wir überlegen, ob wir ein Outdoor-Theater in Tölz machen können“, sagt Rein. „Ich finde aber auch gut, wenn wir uns einfach treffen und ohne Publikum aus Freude am Theaterspielen improvisieren.“
30 Jahre Komische Gesellschaft, Jubiläumsabende am 3. und 4. Oktober, jeweils 20 Uhr, Schulgasse 3, Alte Madlschule